Prof. Faltin: Diese Fehler beim Gründen musst du unbedingt vermeiden

Venture.tv
André Vollbracht

08.10.2019 · © André Vollbracht

André Vollbracht:

Herzlich Willkommen bei VentureTV. Es gibt Gäste, auf die freut man sich ganz
besonders, weil sie wirklich eine ganz besondere Stellung in der
deutschen Gründer Landschaft wahrnehmen. Und genau so einen Gast
habe ich heute zu Gast für VentureTV Professor Günter Faltin. Und
korrekterweise muss man sagen Ich habe ja nicht Sie zu Gast, sondern
Sie haben mich eher zu Gast. Wir sind hier an der FU in Berlin. Das
ist eigentlich Ihre Heimatbasis, wo Sie lange gelehrt haben und ja,
interessierten jungen Menschen das Gründen beigebracht haben, was
nicht so leicht ist im Rahmen stand im Rahmen einer Universität. Das
käme ja jetzt gleich. Was eigentlich die Universitätslehrer vom
Gründen an sich und vom Gründer unterscheidet. Erst einmal ein
herzliches Willkommen bei VentureTV.

Prof. Faltin: Ich freue mich

André Vollbracht: Und wir
steigen jetzt mal ins Eingemachte. Es gibt nämlich ein paar Sachen,
die solltet ihr da draußen auf jeden Fall gehört haben. Neben dem
Standardwerk Kopf schlägt Kapital gibt es einfach ein paar Dinge,
die Professor Faltin seit vielen Jahren erzählt und nicht müde wird
zu erzählen. Die sind wirklich sehr, sehr wichtig für jeden von
euch da draußen. Das Gründen mit Komponenten zählt dazu. Und da
steigen wir nochmal ein ins Thema: Was verbirgt sich darunter? Was
ist darunter zu verstehen? Gründen mit Komponenten? Wie sieht das
aus?

Prof. Faltin: Es gibt. Wir sind
ja in einer hoch arbeitsteiligen Gesellschaft. Und Arbeitsteilung ist
kein neuer Gedanke. Merkwürdigerweise ist das beim Gründen kaum
angekommen oder fast nicht angekommen. Man glaubt, der Gründer muss
alles machen, er muss managen, dann muss das Kapital auftreiben. Er
muss die Idee mitbringen. Er muss seine Mitarbeiter begeistern
können. Da muss Steuerrecht unternehmen, zurecht Arbeitsrecht,
Vertragsrecht usw. Dann muss er alles können oder zumindest ein
bisschen Überblick haben. Und das ist eine völlige Überlastung und
Überforderung und auch gefährlich, weil das sind Dilettantismus
endet. Wir haben einfach viel zu viel Durchführungsverordnung,
Auslegungen, Bestimmungen, höchstrichterliche Entscheidung, sodass
das ganze Gebiet allein schon in Sachen Jura einen normalen Können
bei weitem überfordert. Wir müssen Arbeitsteilung einführen und
das kann man auch heute ganz gut, weil es für viele Dienstleistungen
professionelle Dienstleister gibt, die solche Komponenten anbieten.

André Vollbracht: Und das ist
ja wirklich so. Man steht vor der eigenen Gründung, weiß noch nicht
einmal, ob die eigene Idee jetzt so eine gute Idee ist. Und dann sind
eben genau diese Sachen, die sie ansprechen. Man muss sich mit Recht
auskennen. Man muss sich mit Buchführung auskennen. Man muss sich
mit Marketing auskennen. Man muss sich mit vielleicht Versand, dem
Bau einer Internetseite auskennen. Und irgendwie denkt man: Alles
klar, dann lass ich es ganz, weil ich kann vielleicht irgendwie ein
oder zwei Sachen davon und den Rest kann ich nicht. Dann lasse ich
das. Und dann sagen sie Nein, so muss es nicht sein. Ihr sucht euch
einfach in den verschiedenen Bereichen Experten, die das können.
Wenn ich jetzt irgendwie eine Insel Begabung habe, das heißt, ich
kann ein Produkt besonders gut herstellen. Viel mehr kann ich nicht.
Das Produkt ist ganz besonders gut. Wie fange ich denn dann an?
Trotzdem haben mir meine Fähigkeiten aufzubauen. Wo finde ich die
Leute, die vielleicht Sachen für mich übernehmen können in der
Anfangsphase,

Prof. Faltin: Also im Gespräch
mit anderen Gründern. Wir haben auch in Komponenten Portal
eingerichtet, einen einigermaßen vollständigen Umfang von
Komponenten gibt, die man so finden kann und auch ein bisschen vor
geprüft, dass man nicht irgendwelche schwarzen Schafe erwischt. Also
das könnten mit Komponenten. Er hat den Vorteil, dass man ganz stark
entlastet wird, er der Gründer entlastet wird und sich auf das
konzentrieren kann, was wirklich wichtig ist, nämlich ein gutes
Konzept. Den Horizont im Auge behalten. Wo tauchen Wettbewerber auf,
wo tauchen neue Technologien auf, wo taucht etwas auf, was mein
Geschäftsmodell beeinflusst, sodass ich darauf reagieren muss. Und
ich kann natürlich schneller reagieren, wenn ich alles selber
aufgebaut habe. Dann sitze ich fest auf meinen, assets auf meinen
Investments. Wenn ich das von woanders hole, kann ich der Komponente
sagen Tut mir leid, aber ab morgen mache ich was anderes. Wird nicht
mehr. Ja, und das können Sie mit einer Komponente machen. Das können
Sie aber nicht mit eigenen Mitarbeitern machen. Das deutsche
Arbeitsrecht ist nicht für Gründer geschaffen worden. Das ist für
Großkonzerne geschaffen worden. Also wenn Sie merken, es läuft
nicht und ich muss was anderes machen, dann sind Sie gut bedient,
wenn sie mit Komponenten arbeiten.

André Vollbracht: Weiterer
Vorteil ist natürlich, dass man sich auch erst einmal eine ganze
Menge Geld spart, wenn man sich nicht die eigene Buchhaltung aufbaut,
sondern vielleicht. Vielleicht sind eure Bücher ja in drei, vier
Stunden pro Monat geführt. Da braucht ihr keine Buchhalterin, die
das extra macht. Also das ist ein weiterer Vorteil. Es entfällt auch
ein bisschen der Bedarf an Venture Capital, weil man erst mal sehr
sparsam startet.

Prof. Faltin: Also man braucht
sehr viel weniger Kapital. Und mit Kapital kommt ja immer
Abhängigkeit, man kriegt ja das nicht geschenkt. Das übersehen die
meisten, sondern sie kriegen es mit einem 110 Seiten Vertrag, der von
amerikanischen Juristen professionellen Leuten aufgesetzt wurde und
im Zweifel auch gegen sie ausgelegt werden kann. Sie wären nicht der
erste Gründer, der aus seinem eigenen Unternehmen rausfliegt, weil
er gar nicht gesehen hat, was er da unterschrieben hat. Die Leute
sehen sie kriegen eine Million oder zwei Millionen. Und dann
großartig. Es ist ein Glücksfall. Sie sehen gar nicht, dass das
Venture Capital natürlich nicht die zwei Millionen gibt, sondern
eigentlich erwartet, dass sie vier Millionen erwirtschaftet und dafür
erwirtschaften. Dafür kriegen sie zwei Millionen. Also das ist ja
immer ein bisschen naiv gedacht. Jetzt haben wir viel Kapital, das
beeindruckt. 20 oder 22 Jährige, die sehen einfach nicht das
Negative, was sie sich damit einhandeln.

André Vollbracht: Also in der
Tat. Das habe ich auch so in meiner ganzen Interview Karriere immer
wieder raus gefunden. Da steht irgendwo in der Zeitung oder im Netz
ganz großer Exit. Und dann kriegt man, denke ich so nebenbei mit,
dass der Gründer eigentlich gar nicht davon profitiert hat. Und da
wundert man sich immer. Ja, aber dann waren die die Verträge, die
Venture Capital Verträge einfach so zugunsten des Venture Capital
Gebers gestaltet, dass der Gründer am Enthalte auch

Prof. Faltin: Sicher Gründer
ist. An der Stelle auch ein Neuling, ein Amateur. Und er hat auf der
anderen Seite hochprofessionelle Leute.

André Vollbracht: Die nichts
anderes machen als Verträge gestalten.

Prof. Faltin: Und sie Skat
spielen. Der eine legt die Karten offen, der Neuling und der andere
spielt professionell Skat. Das geht immer nur relativ einseitig. Also
man muss wirklich auch warnen davor, so naiv an diese Sache ran
zugehen und nur diese Nullen zu sehen.

André Vollbracht: Ja, das haben
Sie gerade in Ihrem Vortrag gesagt. Man spricht immer so von von
"Unicorns", also Einhörnern, die die Milliarden Bewertung
anstreben. Aber man sollte eigentlich viel lieber "ein Augen"
sagen, weil sie eigentlich immer nur die ganz viel Nullen im Blick
haben,

Prof. Faltin: Dass die
Unternehmensbewertung so im Vordergrund stehen. Man könnte auch
sagen, es steht im Vordergrund: Was ist das Produkt? Und ist das
preiswert? Ist das nachhaltig? Ist das fair? Es gibt ja eine Menge
Kriterien, die man anwenden könnte. Nur oder hauptsächlich auf die
Unternehmensbewertung zu starren, ohne zu gucken: Was ist denn da
überhaupt für ein Produkt? Das finde ich schon für europäische
Augen etwas merkwürdig.

André Vollbracht: Was aber mehr
passiert, als man so glaubt. Ich glaube wirklich, diese diese
Motivation. Ich will ganz schnell ganz reich werden, die ist weiter
verbreitet, als man so denkt. Und naja, oft führt sie eben nicht zum
Erfolg. Und auch das ist etwas, was sie erwähnt haben und sich
tatsächlich auch immer wieder in den Interviews raus finde, wenn man
es nur wegen dem Geld gründest und dann wird es schwierig. Naja,
dann hast du keine gute Zeit in schwierigen Phasen, wenn du dann
deine Idee noch nicht einmal magst.

Prof. Faltin: Ja, also man ist
dann Angestellter oder beinahe Sklave in seinem eigenen Unternehmen.
Man arbeitet genauso unmotiviert und entfremdet, würden die Linken
sagen wie sonst auch in einem Betrieb. Nur dass ich sehr viel härter
arbeiten muss in meinem eigenen Startup.

André Vollbracht: Wie finde ich
dann eigentlich die Idee, die für mich gemacht ist? Also nehme ich
da irgendwas, was in der Zeitung steht und was gerade gebraucht wird
oder von dem ich denke, dass es gut ankommen wird. Sie haben viel
gesehen. Sie haben die Teekampagne selbst gegründet. Größter
Importeur von vom besten Tee der Welt, Darjeeling. Sie haben bei
ebuero sehr früh investiert mit Holger Johnson.

Prof. Faltin: Der von Anfang an
dabei.

André Vollbracht: Genau, die
haben auch über 750 Mitarbeiter mit. Wir haben viel gesehen, viele
Erfolge, viele Misserfolge. Gibt's denn eine Formel, wie man ja sein
sein Sein, seine Glücks Idee findet?

Prof. Faltin: Nein. Aber es gibt
ein paar Regeln Team man, die es erleichtern. Sag ich mal, würde die
Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass man eine Idee findet, die zu einem
passt. Der erste Faktor ist Zeit. Man kann nicht in 48. Es gibt ja so
Kurse, die sagen in 48 Stunden zum Können. Das halte ich für. Ich
will es mal höflicher ausdrücken für nicht sehr geeignet. Es
dauert Zeit. Ich vergleiche es immer mit Künstlern und
Entrepreneurship ist ja ein kreativer Akt. Und wenn man es mit Kunst
vergleicht auf der Ebene von Kreativität, dann ist es ja auch so,
dass ein Künstler seinen Stil nicht in 48 Stunden findet, auch nicht
in 48 Monaten, sondern dass das Zeit braucht. Was will ich
darstellen? Was ist mein Anliegen? Wie will ich es darstellen? Mit
welchem Material will ich es darstellen? Will ich malen? Will ich
fotografieren? Will ich Installationen machen? Wo liegen denn meine
Talente? Wo kriege ich am ehesten Anerkennung oder Feedback für
meine Arbeit? All das sind ja eine Menge Sachen. Man weiß, man wird
nicht Künstler über Nacht, sondern das dauert Jahre, bis das sich
sozusagen herausschält. Und so ist es beim Gründer auch. Ich finde,
man sollte sich Zeit lassen. Man soll nicht trödeln. Man soll an der
Sache bleiben, fokussiert bleiben. Aber es braucht Zeit. Wenn es gut
sein soll, wenn ich es mit meiner Person in Einklang sein soll,
braucht es Zeit. Wenn ich jung bin, kenne ich mich ja auch nicht.
Wenn man älter wird, kennt man sich ein bisschen besser. Was fällt
einem leicht? Wo hat man eine bestimmte Begabung? Neigung? Wenn man
20 ist? Ich wusste es nicht. Mit 20 also auch das braucht ein
bisschen Zeit. Es braucht Ausprobieren. Es braucht Erlebnisse, wo man
sagt Oh, das hat mir gefallen. Und da kriege ich relativ schnell
Anerkennung und woanders habe man sich angestrengt und es wurde
nichts. Also diese Kenntnis über sich selber. Und natürlich muss es
auch stimmig zum Markt sein, nicht nur stimmig zur Person. Also auch
das macht es schwierig. Ja, im Idealfall muss es zu mir passen und
zum Markt. Das ist eine doppelte Anforderung. Insofern ist
Konzeptentwicklung ein anspruchsvoller Vorgang.

André Vollbracht: Wie nähert
man sich dem am besten? Setzt man sich da hin, schließe ich mein
Wochenende ein und geht mit seinen Stärken und Schwächen ins
Gericht. Gibt's da irgendwie Frameworks? Also so um Muster, an denen
man sich Fragen technisch entlanghangeln kann? Wie startet man so was
im Prozess?

Prof. Faltin: Also ich empfehle
meinen Leuten nicht mit einer Idee zu starten, sondern mit 5 oder 10,
das macht lockerer. Das macht offener und man weiß auch nicht
welche. Der 5 oder 10 Ideen ist die beste am Anfang. Und welche
schlägt am besten ein. Also erst sich öffnen, vieles verfolgen,
dann kriegt man auch ein gewisses Training. Das ist auch eine
Handwerkskunst. An Ideen zu arbeiten. Das ist wie ein Puzzle. Wenn
ich viel mit Pusteln gearbeitet habe, habe ich einen anderen Blick,
als wenn ich zum ersten Mal so ein Puzzle nehme. Das Problem ist: Das
Puzzle ist normalerweise relativ leicht. Ich weiß, dass ich
Neuschwanstein und jetzt muss ich gucken, dass Neuschwanstein bei
herauskommt. Wenn kein Pack Fehler passiert ist, passt das auch alles
zusammen. Beim Entrepreneurship weiß ich nicht: Ich will auf
Neuschwanstein hinaus. Ich kenne ja die Idee noch gar nicht. Also ich
habe ein Puzzle, ohne dass ich weiß, wo es hinführt. Welche Teile
passen zusammen? Wie viele passen zusammen? Es ist ein
anspruchsvolles Spiel. Es ist eine ganz anspruchsvolle Tätigkeit.
Und ich sage, wenn man keinen will, man nicht aus einer reichen
Familie stammt. Wenn man ein geborener Organisator ist, wenn einem
Dinge beim deshalb nicht so leicht fallen was ja für die meisten
Menschen der Fall ist, dann muss ich zusehen, dass ich meinen Kopf
anstrenge. Wir sind alle kreativ.

Prof. Faltin: Zumindest waren
wir als Kinder. Ein bisschen haben wir uns noch bewahrt oder können
es wieder herausholen. Den Energie Faden, den Kreativitätsfaden
wiederfinden. Also wir haben den Kopf zur Verfügung. Wir haben ein
quasi unsere Vorstellungskraft. Das ist eine unbegrenzte Ressource.
Die wird auch umso besser, je mehr man sie beschäftigt. Die nimmt
nicht ab, sondern durch Üben wird sie immer besser. Also auf den
Kopf setzen und nicht auf Kapital setzen. Ich kann auch mit viel
Kapital gründen. Kapital ist toll, aber Kapital kommt immer mit
einem Preis. Es ist besser, ich nutze das, was mich nichts kostet, wo
ich dran übe und wo ich eine Menge Erfahrungen sammeln. Und wenn ich
das mit 5 oder 10 Ideen mache, dann werde ich offener, werde ich auch
neugieriger. Ich nehme besser auf. Also das ist meine Empfehlung.
Nicht auf eine Idee staunen wie ein Kaninchen auf die Schlange. Da
fällt einem oft nichts mehr ein. Oder es dreht sich immer im Kreis.
Das erlebe ich oft. Die Idee hinter meinem Kreis. Sondern sich öffnen
und ein bisschen entspannen und nicht sagen ich muss jetzt in zwei
Monaten könnten, sondern es offen lassen und dem Alter der alten
Tätigkeit nachgehen, um nicht mit Gewalt gründen. Damit gründet
man meistens zu schnell und auf einem zu schlechten, auf einem zu
schlechten Fundament.

André Vollbracht: In der Tat
ist es ja auch so, dass wenn wir nur eine Idee hat und man will
unbedingt gründen, dann rationalisiert man sich diese Idee so lange,
bis man selbst total davon überzeugt ist, man aber teilweise gar
nicht merkt, wie viel fern man vom Markt und von der Nachfrage rückt.

Prof. Faltin: Von daher proof of
concept ist ganz wichtig. Also rausgehen, Kunden suchen und das ist
ein bisschen paradox oder scheinbar paradox zu sagen. Ich weiß noch
gar nicht, ob ich gründe. Ja, aber ich möchte mein Konzept testen.
Ich brauche sie als Pionier Käufer und ich komme Ihnen sehr
entgegen. 50% Rabatt oder ich werde Sie ewig in allen Journalen
nennen. Oder in irgendeiner Weise muss ich die Menschen stark
entgegenkommen. Muss auch sagen, es kann auch sein, dass ich nicht
gründe. Und dann ist Ihr Kaufvertrag natürlich ungültig. Das kann
sein, wenn ich nicht genügend Kunden finde oder wenn der Preis nicht
stimmt. Aber ich muss da raus. Also ich muss an der Realität testen.
Das ist, warum ich mit Businesspläne skeptisch bin. Businesspläne
sind ja nichts weiter als eine Aufzählung von Annahmen. Ja, man
braucht mein Produkt. Es ist eine Annahme. Man akzeptiert meinen
Preis. Es ist eine Annahme, man akzeptiert mein Design des Produkts.
Es ist eine Annahme, man akzeptiert mein Vertriebskanal. Das sind
alles Annahmen, die können richtig sein. In den meisten Fällen sind
sie falsch. Es gibt Untersuchungen, dass ungefähr 70 Prozent aller
Annahmen in Businessplan falsch sind. Die meisten glauben aber, weil
es aufgeschrieben ist, kriegt es einen gewissen Wahrheits- oder
Realitätsgehalt. Es hochgefährlich. Und wenn dann ein Banker sagt
Oh, das ist ein interessanter Businessplan, dann hat das so was wie
Realitätsgehalt. Und es hat es in Wirklichkeit nicht. Das ist
hochgefährlich. Nur weil die Annahmen aufgeschrieben sind, werden
sie deswegen nicht realitätstüchtiger. Deswegen bin ich mit
Businessplänen skeptisch und sage Arbeite an deinem Konzept. Und
diese Kurven da. Diese Jockeys stieg nie. Also am Anfang geht es
langsam, dann steil nach oben. Das kann man sich sparen. Also das ist
für die wirklich für die Naiven. Keine Gründung läuft so
geradlinig und so klar, sondern es läuft äußerst holprig und oft
geht's überhaupt nicht nach oben.

André Vollbracht: Ich würde
sehr gerne mit Ihnen noch über über einen Faktor sprechen, der von
Investoren auch in der Meinung da draußen als sehr, sehr, sehr
wichtig angesehen wird. Und zwar ist das das Team. Da finden sich oft
Gründer zusammen, die nicht nur an einem Wochenende ihre Idee
ausbrüten, sondern die auch an einem Wochenende ihre Co-Founder
finden und dann meinen, sie würden jetzt die nächsten zehn Jahre
quasi wie ein Paar innig verliebt miteinander durch die Gründung
gehen. Oft scheitert das dann. Wie würden Sie das Thema Team
beurteilen? Ist das einfach so, dass der BWLer, der sagt Ich brauche
einen Programmierer? Hat er einfach dieses dieses Konzept. Mit
Komponenten noch nicht entdeckt und sieht? Bevor ich mit dem
Programmierer hier lebenslang ins Haus hole, lasse ich das doch am
besten im Komponenten Portal. Lagere ich das aus und lass es da
programmieren? Also ist das irgendwie eine. Eine Not, die man über
Komponenten viel besser beheben könnte als mit einem Mitgründer?
Oder ist ein Team dann doch gut und irgendwie elementar für den
Erfolg?

Prof. Faltin: Also viele Leute
fühlen sich im Team wohler, können im Team besser arbeiten als
alleine. Es gibt auch Leute, die können allein besser arbeiten. Die
sind da gut aufgehoben. Aber viele gibt es, die sind im Team besser.
Jetzt kommt es darauf an, wie das Team zusammengesetzt ist. Da gibt
es eine Regel. Man sollte sich ganz gut kennen, nicht unbedingt
befreundet sein. Das ist oft eher hinderlich. Aber man sollte sich
gut kennen, auch in Stresssituationen schon mal kennengelernt haben.
Also eine Bergwanderung machen, wenn sie lange Segelfahrt oder
irgendetwas, was ein bisschen den Stress ergibt. Da kommt dann vieles
an die Oberfläche. Die ganze Frage Team gehört zum Thema
Arbeitsteilung. Ich kann Arbeitsteilung leisten über Komponenten.
Das ist vielleicht der Königsweg, aber ich kann Arbeitsteilung
leisten für das Team. Ich selber bin offenbar kein guter Manager,
also brauche ich jemand, der gute Management ist. Ich bin jemand, der
nicht gut in Logistik ist oder Organisation. Also hole ich mir
jemanden. Ja, das ist schon gut. Aber eben austesten. Teams haben den
Honeymoon. Am Anfang ist es immer ganz toll, aber bei der Honeymoon
verfliegt und dann kommt es darauf an und Teams enden manchmal auch
in erbittertem Streit vor Gericht, gar nicht so selten. Es gibt eine
Regel, die glaube ich ganz gut ist Nicht das Team suchen mit
überlappenden Eigenschaften und Kompetenzen, sondern die Kompetenzen
trennen. Also Leute suchen, die mich ergänzen und nicht mit mir
konkurrieren. Das klappt eher, als wenn man um den um die Führung
konkurriert. Und dann jeder hat halt eine andere Idee, wie es
vorwärts gehen sollte. Und dann streitet man sich total und es
sollte auch ein bisschen sein. So was wie der Gründer sollte für
sich in Anspruch nehmen, dass er ein Stück weit, also inter pares
wie im Kloster. Es gibt ein der ist zwar gleich mit allen anderen,
aber er ist doch auch der Abt und kann ein bisschen besser
entscheiden. Wie sagt man also ein Team mit einem mit einer
Leadership Figur?

André Vollbracht: Dann doch
der, der den Hut aufhat am Ende?

Prof. Faltin: Ja, ja, der im
Streitfall sagt Jetzt entscheide ich.

André Vollbracht: Nicht
wundern. Wir haben keine Ton Probleme, hier wird die Party
vorbereitet im Hintergrund. Ich würde mit Ihnen trotzdem, auch wenn
die ja immer mal ein bisschen Musik zwischendurch hören, auf eine
Frage noch gerne gerne eingehen. Es gibt da draußen viele, die
studieren BWL und denken So, jetzt bin ich optimal vorbereitet auf
meine Gründung. Sie sagen schwierig. Das ist etwas ganz anderes
eigentlich. Und sie haben auch heute Morgen in einem Vortrag
Unternehmertum ganz dick durchgestrichen, denn Entrepreneurship ist
eben nicht BWL und Business Administration. Ja, ganz wichtige
Botschaft, die Sie auch nicht müde werden, immer wieder zu sagen. Wo
ist der Unterschied? Warum ist es nicht das gleiche?

Prof. Faltin: Business
Administration ist Organisieren ist Routinen einführen, Mitarbeiter
motivieren, Mitarbeiter kontrollieren, Ergebnisse kontrolliert. Also
so was wie BWL, Business Administration ist sehr wichtig, um das
schon einmal klar zu sagen, ist sehr wichtig. Die Frage ist allein
Muss der Gründer das machen oder kann man das im Team oder über
Komponenten lösen? Nicht jeder Gründer ist auch gleichzeitig ein
guter Organisator. Ingvar Kamprad, Gründer von Ikea ein Genie, hat
von sich gesagt Ich bin ein miserabler Organisator. Sein Laden Ikea
war aber hervorragend organisiert, aber offenbar nicht von ihm. Okay.
Offenbar nicht von ihm. Also er hat sich klugerweise ergänzt mit
Leuten, die seine Schwäche ausgleichen oder gerade besonders gut
sind. Also das ist Business Administration. Entrepreneurship ist was
anderes. Entrepreneurship hat was mit Leadership zu tun hat, was mit
einer Vision zu tun hat, was zu tun, mit ein Business-Modell zu
entwickeln, das klare Vorteile hat gegenüber der Konkurrenz. Ich bin
neu, ich muss mich ja erst mal durchsetzen. Ich muss schon klar
erkennbare Vorteile haben. Alleinstellungsmerkmale. Also bei
Entrepreneurship geht es mehr um Kreativität, geht um Innovation und
wir kennen das ja aus der Kunst. Der Künstler verträgt sich oft
nicht mit dem Verwalter. Business Administration sagt ja im
Englischen deutlicher als im Deutschen Administration, Verwaltung,
Verwaltung muss sein. Es ist wichtig. Gute Verwaltung, effiziente
Verwaltung ist ganz wichtig, weil man heißt Der Faltin hat etwas
gegen Business Administration. Totaler Quatsch. Business
Administration ist wichtig, aber es muss einen haben, der diese und
Entrepreneurship Rolle ausfüllt. Und die wenigsten Menschen können
beides. Also das eine ist Kreativität und immer wieder umwerfen,
entwerfen, verwerfen, neu entwerfen und das andere ist Ordnung
halten. Wenn ich es mal so verkürze. Und der, der Ordnung hält,
verträgt sich mit dem, der ständig alles umwirft, überhaupt nicht.
Und die mögen sich auch nicht. Und oft entsteht da ein persönlicher
Konflikt, wo eigentlich ein fachlicher Konflikt ist. Man braucht
beides. Beides ist, sagen wir mal gleich wichtig. Oder beides ist
wichtig. Und ich kann nicht sagen Ja, also. Deshalb ist ich brauche
beides. Aber es spricht vieles dafür, es arbeitsteilig zu lösen,
sei es im Team oder mit Komponenten. Mit beiden kann man
Arbeitsteilung praktizieren, aber Komponenten ist einfacher, weil man
sich leichter wieder trennen kann. Im Team kann man sich nicht so
leicht. Also meine Priorität war immer mehr für Komponenten als für
Team, aber wer gerne im Team arbeitet und das Glück hat, dann ist
das wunderbar.

André Vollbracht: Und wer eben
nicht gerne im Team gründet, der darf auch einfach alleine starten.
Ja genau ist das Stichwort, was in der letzten Zeit immer stärker
aufgekommen ist. Es gibt Gründer, die sagen Ich bin nur deshalb so
erfolgreich, weil ich eben alleine gegründet habe. Die gibt's nur
durch das Team war es so gut.

Prof. Faltin: Ja. Es gibt
beides. Man muss auch dazu sagen, es ist ganz schwer zu
verallgemeinern. Jeder Gründer ist anders, jedes Produkt ist anders,
jeder Markt ist anders. Also vor die Klammer zu ziehen ist sehr
schwer. Jeder Gründer erzählt seine Geschichte und die Geschichte
ist in sich authentisch und interessant. Aber die bedeutet nicht
viel. Ich muss eigentlich vor die Klammer ziehen. Und was kann ich
vor die Klammer ziehen? Arbeitsteilung. Das kann ich vor die Klammer
ziehen. Ich kann auch sagen, Business Administration ist etwas
anderes dem Charakter nach, als Entrepreneurship. Also ich kann so
ein paar Regeln aufstellen, die man tatsächlich vor die Klammer
ziehen kann. Aber vieles in den Gründer Geschichten ist eben sehr
dem der Persönlichkeit des Gründers geschuldet oder der
Marktsituation geschuldet.

André Vollbracht: Wobei es auch
irgendwie stelle ich auch mal fest nicht wirklich richtig und falsch
gibt im Charakter, sondern es gibt einfach nur passend und unpassend
zum Gründer. Also ich muss wirklich die Idee finden, die zu mir
passt. Das merkt man auch immer wieder bei den erfolgreichen Ideen
oder auch bei den Führungsstil. Da erzählen Leute bei mir so
erfolgreich, weil ich die Leute besonders hart behandle. Und dann
gibt's Leute, die sagen bei mir so erfolgreich, weil wir eine große
Familie sind. Und dann fragt man sich Wie ist denn jetzt die Regel?
So oder so, am Ende stellt man fest: Macht das, was am besten zu dir
passt, dann bist du am authentischsten.

Prof. Faltin: Kann man so sagen.
Also die Leidenschaft für die Sache. Viele sagen Ja, also eiserne
Disziplin. Ja eiserne Disziplin hält man nicht durch. Das
überfordert einen, es muss schon auch ein Stück weit Überzeugung
dahinter stehen. Es muss dahinter stehen, dass man selber Sinn
findet. Es muss stimmig zur Person sein, die den Neigungen zu den
Werten und dann kriegt man auch die Disziplin auf. Da macht es auch
mehr Spaß, als wenn man etwas macht, was einem partout nicht liegt.
Es gibt immer Phasen, wo man Dinge machen muss, die einem nicht
gefallen. Das ist klar. Aber man hat doch dann überwiegend die
Chance, Dinge zu machen, die einem eher liegen. Und das ist die
Chance des Entrepreneurs, wenn ich das noch zum Schluss sagen darf.
Er ist der Chef und er kann die Arbeitsteilung bestimmen. Er kann
bestimmen, was delegiert wird und was nicht. Als Angestellter kann
ich das nicht. Da krieg, ich weiß was muss ich machen. Aber als
Boss, Boss zu sein, hat viele Nachteile. Aber es hat ein Vorteil,
dass ich mein Tätigkeitsfeld sozusagen schneiden kann und mir eben
sinnvollerweise das heraussuchen, was ich gut kann. Was mir eher
leicht fällt und wo ich anderen vielleicht auch überlegen bin, wo
ich besser bin als die meisten. Und dann suche ich mir Leute, die auf
ihrem Gebiet sehr gut sind. Also das hat auch viel mit Erfolg beim
Gründen zu tun.

André Vollbracht: Ein sehr
schönes Schlusswort. Gründen kann nicht nur Spaß machen, es sollte
sogar Spaß machen und zu euch passen. Ich danke Ihnen ganz herzlich,
dass Sie zu Gast waren bei VentureTV. Weiterhin alles Gute und noch
ganz viele Entrepreneurships. Ja, und auch, dass sie die Freude an
diesem Thema nie verlässt. Vielen Dank, Professor Faltin.

Prof. Faltin: Ich bedanke mich.

André Vollbracht: Macht's gut. Bis zum nächsten Video. Ciao.

Weitere Episoden anzeigen

FYI: English edition available

Hello my friend, have you been stranded on the German edition of Startbase? At least your browser tells us, that you do not speak German - so maybe you would like to switch to the English edition instead?

Go to English edition

FYI: Deutsche Edition verfügbar

Hallo mein Freund, du befindest dich auf der Englischen Edition der Startbase und laut deinem Browser sprichst du eigentlich auch Deutsch. Magst du die Sprache wechseln?

Deutsche Edition öffnen