Der König der Minispiele

Der ehemalige About-You-Manager Christoph Sachsenhausen hat den Spieleentwickler Sunday gegründet. Mit dem Start–up kämpft er um die Vormachtstellung auf dem schnell wachsenden Markt der Hyper-Casual-Games. Über die schwierige Jagd nach dem nächsten Daddel-Hit.

So manche Beschreibung, die ein Unternehmer zur eigenen Zielgruppe hat, ist auf den ersten Blick widersinnig. „Viele unserer Nutzer sehen sich selbst nicht als Gamer“, sagt zum Beispiel Christoph Sachsenhausen. Das ist insofern kurios, als dass er mit seiner Firma Sunday Spiele programmiert, die allerdings den verrückten namen Hyper-Casual-Games tragen. Das sind kleine Spiele, die man nebenbei spielt, wenn man etwa auf die Bahn wartet. „Das machen auch Leute, die keine Playstation oder keinen Gaming-PC zuhause haben“, sagt Sachsenhausen. Und er will der König dieses Trend werden. 

Videospiele, die selbst Leute begeistern, die sonst keine Videospiele spielen: Das ist ein Wachstumsmarkt. Hyper-Casual-Games – von der Einfachheit her noch eine Stufe unter Titeln wie „Candy Crush“ einzusortieren – dominieren den mobilen Markt mittlerweile. 2017 lag ihr Anteil an den Downloads für Smartphones und ähnliche Geräte bei 17 Prozent, zwei Jahre später schon bei 45 Prozent. Das entspricht etwa 7,8 Milliarden Downloads. 2020 waren es dann schon 11,8 Milliarden. Einer der Gründe: Für Entwickler sind sie einfach zu programmieren, dank Werbeschaltungen lässt sich hier mit verhältnismäßig wenig Aufwand schnell Geld verdienen.

Einige der großen Player auf dem Markt sitzen in Deutschland. Dazu zählt die Applike Group aus Hamburg, die zunächst vor allem als B2B-Anbieter für Spielepublisher agierte, etwa wenn es um Werbevermittlung geht. Mit Sunday hat Applike 2019 dann einen eigenen Publisher gegründet, der innerhalb kurzer Zeit einiges an Erfolgen erzielen konnte. Der erfolgreichste Titel „Cat Escape“ verzeichnete bisher 65 Millionen Downloads. Zwar sind die Größen der Branche noch eine ganze Kante erfolgreicher, Voodoo Games aus Paris etwa verzeichnete nach eigenen Angaben bereits fünf Milliarden Downloads für seine Titel. Allerdings sind die Franzosen auch bereits seit 2013 am Markt. In Deutschland ist Sunday nach eigenen Angaben Marktführer, die internationale Konkurrenz will man langfristig auch einholen.

Ein bemerkenswert schneller Start, gerade weil Gründer und Chef Sachsenhausen eigentlich gar nicht aus der Industrie kommt. Der 37-Jährige war zuvor beim Modehändler About You beschäftigt, baute deren App- und Mobilebereich mit auf. Doch Der Zufall wollte es, dass nach seiner Zeit bei About You zwei alte Bekannte einen Job für ihn hatten: Carlo Szelinsky und Jonas Thiemann, die Gründer der Applike Group. Mit denen hatte Sachsenhausen einst ein gemeinsames – wenig erfolgreiches – Gutschein-Start-up gestartet, nun fanden sie wieder zusammen. Mit Sunday agiert er innerhalb der Applike Group weitestgehend selbstständig und lernte recht schnell die wichtigste Lektion im Hyper-Casual-Bereich: „Jeder kann so ein Game bauen, aber nicht jeder ein Hit-Game“. 500 bis 1.000 neue Titel würden täglich in die App Stores kommen, aber 90 Prozent der Downloads würden auf die Toptitel entfallen. „Ab einer Million profitabler Downloads ist ein entwickeltes Spiel für uns interessant“, sagt er.

Die Trefferquote ist gering. Entsprechend versucht Sunday, das Risiko eines Fehlschlags möglichst zu minimieren. Meistens wird, nachdem eine Idee für gut befunden wird, innerhalb weniger Tage ein Prototyp gebaut. Zudem wird ein Video produziert, das das Unternehmen dann auf Werbeflächen in sozialen Netzwerken ausspielt. „Wenn wir anhand einiger KPIs feststellen, dass das die Leute interessiert, entwickeln wir erst das Spiel vollständig“, erklärt Sachsenhausen das Vorgehen. Dieser Vermarktungstest sei knallhart, 80 Prozent der Prototypen würden hier aussortiert. Und selbst von denen, die es dann in die Stores schaffen, würden längst nicht alle abheben. „Am Ende kommen auf ein Hit-Game 50 bis 100 Projekte, die es nicht schaffen“, schätzt der Sunday-Chef.

Immerhin sechs Titel hat Sunday aber schon herausgebracht, die das Unternehmen selbst als Hit klassifiziert, neben “Cat Escape” sind das zum Beispiel noch “Fall Break” und “Plug Head” mit jeweils fünf Millionen Downloads. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben bereits EBIT-positiv. In diesem Jahr wollen sie wachsen und insgesamt 15 dieser Hitgames produzieren, so der Plan. Das bedeutet also mehrere hundert, wenn nicht sogar tausend Projekte, die in den kommenden Monaten angeschoben werden müssen. Es braucht Ideen, Prototypen und dann eben fertige Spiele. Dafür hat Sachsenhausen drei Entwicklerteams im Haus, ein viertes soll bald dazu kommen. „Wir wollen die besten der Besten sammeln“, sagt er selbstbewusst. Aber nur mit diesen Leuten könnte er den Output gar nicht liefern, den es für die ehrgeizigen Ziele braucht. Also holen sie sich viel externe Hilfe, mit 50 internationalen Studios arbeite man zusammen. Wobei ein Studio im Hyper-Casual-Bereich nicht unbedingt das bedeutet, was sich der unbedarfte Spielefan sonst so vorstellt. „Das sind oft ein paar Freunde mit den entsprechenden Skills, die sich in der Türkei oder in Indien zusammentun, um solche Spiele zu entwickeln“, beschreibt Sachsenhausen. Mit solchen Ministudios arbeitet Sunday zusammen. Wenn eines der Spiele von extern erfolgreich ist, wird der Gewinn geteilt. Floppen die Spiele, heißt es hingegen: Game over. 


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