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Kooperationen zwischen Startups und etablierten Unternehmen: Große Chancen, aber viele Hürden

Matching bleibt Knackpunkt. Nur 11 % der Startups sehen echte Kooperationsbereitschaft der etablierten Wirtschaft.
Report von Marc Nemitz Marc Nemitz · Berlin, 21. August 2025

Der globale Innovationswettbewerb wird härter und Deutschland droht ins Hintertreffen zu geraten. Ein neuer Report des Startup-Verbands und des Beratungsunternehmens Accenture beleuchtet die Zusammenarbeit zwischen Startups und etablierten Unternehmen. Die Befragung von mehr als 500 Firmen zeigt, dass während beide Seiten großes Potenzial sehen, hapert es in der Praxis oft an Prozessen, Geschwindigkeit und gegenseitigem Verständnis.

Anspruch und Realität klaffen auseinander

Rund 90 Prozent der etablierten Unternehmen betrachten Startups als wichtige Partner für Innovation. Auf der anderen Seite erleben jedoch nur 11 Prozent der Startups eine hohe Kooperationsbereitschaft seitens der etablierten Wirtschaft und dies gerade in Zeiten der wirtschaftlichen Unsicherheit. Damit liegt eine deutliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit vor.

Dabei gilt die Zusammenarbeit eigentlich als klassische Win-win-Situation: Startups bringen Geschwindigkeit, Kreativität und digitale Geschäftsmodelle ein, während große Unternehmen Ressourcen, Marktzugang und Kundennähe bieten. Doch in der Umsetzung zeigt sich ein anderes Bild. So kritisieren 59 Prozent der Startups langsame Entscheidungsprozesse, fast die Hälfte bemängelt die Risikoaversion der Partner. Umgekehrt fehlt vielen etablierten Unternehmen die Erfahrung im Umgang mit jungen Wachstumsfirmen, zudem fürchten sie Unsicherheit und Kontrollverlust.

Venture Clienting als mögliche Lösung

Eine mögliche Lösung für die bestehenden Herausforderungen liegt im Venture Clienting. Dieses Modell ermöglicht es etablierten Unternehmen, die Innovationen von Startups direkt als Kunde zu nutzen, statt sich über klassische Beteiligungen zu binden. Dadurch entstehen schnellere, praxisnahe Ergebnisse und die Zusammenarbeit gewinnt an Effizienz. Führende Unternehmen wie die LBBW haben sich hier bereits als wichtige Leuchttürme positioniert und zeigen, wie das Modell erfolgreich umgesetzt werden kann. Mit ihrer Vorreiterrolle geben sie der gesamten Branche Orientierung. Nicht zuletzt auch, indem sie regelmäßig über Erfahrungen und Entwicklungen in unserer Venture Clienting Welt berichten.

Wirtschaftsflaute erhöht den Druck

Die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verstärken den Handlungsdruck. Während das reale Pro-Kopf-BIP in Deutschland in den letzten zehn Jahren um lediglich vier Prozent gestiegen ist, legten die USA um 17 Prozent zu. Dies nicht zuletzt aufgrund massiver Investitionen in digitale Technologien. Auch bei Zukunftsfeldern wie Künstlicher Intelligenz hinkt Europa hinterher; in den USA wird inzwischen rund zehnmal so viel in KI investiert wie auf dem europäischen Kontinent.

Vision allein reicht nicht. Greifbare Ergebnisse sind entscheidend, damit Unternehmen bereit sind, ins Risiko zu gehen.

Sebastian Günther, Innovation Lead bei Accenture in Deutschland, Österreich und der Schweiz

Vor diesem Hintergrund wird die Zusammenarbeit zwischen Startups und Corporates zu einem strategischen Schlüsselthema. Drei von vier Scaleups berichten, dass schnelle Ergebnisse in gemeinsamen Projekten zunehmend im Vordergrund stehen. Zielsetzungen konzentrieren sich dabei vor allem auf die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen oder den Zugang zu neuen Technologien. Themen wie neue Arbeitsformen oder Talentgewinnung spielen dagegen eine deutlich geringere Rolle.

Partnerwahl bleibt große Herausforderung

Trotz der grundsätzlich positiven Einstellung fällt es vielen etablierten Unternehmen schwer, die passenden Partner im Startup-Ökosystem zu identifizieren. Rund 23.000 Startups sind derzeit in Deutschland aktiv und somit eine Vielfalt, die den Überblick erschwert. Sechs von zehn Unternehmen geben an, Schwierigkeiten beim Matching zu haben. Häufig werden daher externe Vermittler wie Investoren, Beratungen oder Hochschulen eingeschaltet. Besonders wichtig bleibt der direkte Austausch auf Konferenzen und Branchenevents, wo persönliche Begegnungen eine Brücke zwischen beiden Seiten schlagen.

Startups bringen Tempo, Kreativität und Mut mit – etablierte Unternehmen Ressourcen, Erfahrung und Zugang zu Märkten. Wenn wir aber weiter auf der Stelle treten, verspielen wir unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Verena Pausder, Vorsitzende Startup-Verband

Der Report

Der Report zeigt deutlich: Kooperationen zwischen Startups und etablierten Unternehmen bergen enorme Chancen, doch in der Praxis bleiben sie oft hinter den Erwartungen zurück. Angesichts globaler Wettbewerbsverschärfung und einer schwächelnden Konjunktur könnte eine engere Zusammenarbeit jedoch entscheidend dafür sein, wie zukunftsfähig der Wirtschaftsstandort Deutschland bleibt. Der gesamte Report ist kostenlos auf der Homepage des Startupverbands abrufbar.


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