Das Geschäft mit den Auto-Abos

Das Stuttgarter Start-up Vivelacar bietet Autos im Abo-Modell kombiniert mit Carsharing an. Wie das Angebot die Mobilitätswende vorantreiben soll, erklärt Gründer Mathias Albert. 

Streamingdienste, Fitnessstudios und Zeitungen – in vielen Lebensbereichen sind Abonnement-Modelle bereits lange etabliert. Also warum nicht auch Autos abonnieren? Das mag zunächst absurd klingen, gerade in dem Land, in dem das samstägliche Waschen des eigenen Fahrzeuges in der Einfahrt zur Folklore gehört. Aber laut einer Umfrage der Strategieberatung Oliver Wyman von 2021 hat mittlerweile jeder dritte Deutsche Interesse an einem Auto-Abo. Bereits 14 Prozent der Deutschen hätten sogar schon mal ein Auto abonniert. Dem Studienautor Joachim Deinlein zufolge schätzen Kunden vor allem die Flexibilität der Rückgabe der Wagen. „Es entspricht dem Zeitgeist, auch beim Auto lediglich eine kurzfristig auflösbare Bindung einzugehen“, sagt er. Es ist also ein Markt mit viel Potenzial, entsprechend haben findige Gründer längst begonnen, die Sehnsucht der Deutschen nach dem Auto-Abo zu befrieden. Und fassen nun nach Privatkunden bereits die nächsten Zielgruppen ins Auge.

Einer von ihnen ist Mathias Albert. Er startete 2019 mit seiner Plattform Vivelacar und kann erklären, warum Kunden zu Lösungen wie der seinen tendieren. „Ich muss mich nicht von vornherein entscheiden, wie lange ich das Fahrzeug nutzen will. Und das ist der größte Unterschied zu allen anderen Angeboten“, erklärt Albert das Konzept. Das Abonnement sei somit flexibler als andere Angebote. „Ein starres Leasing-Modell für 36 oder 48 Monate ist nicht flexibel“, so der Gründer. Die Autos von Vivelacar können jederzeit mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden. Dabei kann die Mietdauer zwischen einigen Monaten aber auch mehreren Jahren variieren. Außerdem seien die Abo-Autos schneller verfügbar als bei einem Autokauf. In der Regel dauert es ab der Buchung acht bis zehn Werktage, bis Kunden ihr Auto bekommen. Das können sie entweder bei einem Händler in der Nähe abholen oder sich vor die Haustür liefern lassen. 

Airbnb für Fahrzeuge 

Die 2019 gegründete Plattform kauft keine eigenen Autos, sondern stellt Autos von Händlern und Herstellern zur Verfügung. Albert beschreibt das Geschäftsmodell als „Airbnb für Fahrzeuge“. Laut Albert ist es nachhaltiger, Autos zu nutzen, die schon produziert sind, als die Fahrzeuge zu bestellen. „Das sind Autos, die sind sowieso da. Die werden einfach besser genutzt.“ Die Kunden können die Autos auf der Vivelacar-Webseite oder auf den Seiten der Automobil-Hersteller selbst abonnieren. Gegen eine monatliche Gebühr erhält der Kunde ein Fahrzeug seiner Wahl mit einem ausgewählten monatlichen Kilometerpaket. Kosten für Versicherung, Steuer oder Wartung fallen nicht an. Nur der Kraftstoff muss zusätzlich bezahlt werden. Die Kosten für ein Abo können je nach Modell und Kilometerpaket sehr unterschiedlich ausfallen. Ein Ford Fiesta Titanium mit 95 PS kostet mit einem Kilometerpaket von 500 Kilometern beispielsweise 380,69 Euro im Monat. Einen elektrischen BMW IX XDRIVE 40 mit 326 PS gibt es ab 1.327,90 Euro monatlich mit einem Kilometerpaket von 800 Kilometern. 

Das Start-up kooperiert mit ungefähr 800 Händlern und Herstellern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In Deutschland bestehen beispielsweise Kooperationen mit Mercedes-Benz, BMW und Renault. Mit einem hauseigenen Tool analysiert das Start-up, wann es sich für Anbieter wirtschaftlich lohnt, Fahrzeuge erst mal im Abo anzubieten. Für Händler könne es profitabel sein, zunächst die Neuwagen im Abo-Modell Geld verdienen zu lassen und diese dann anschließend als junge Gebrauchtwagen zu verkaufen. In einigen Fällen können Anbieter so insgesamt mehr Geld an einem Auto verdienen. 

Abos sollen Kunden für Hybrid- und E-Autos begeistern 

Laut Albert könnte das Abo-Modell zum „großen Treiber“ in der Mobilitätswende werden. Es sei ein Tool für Hersteller und Handel, um Menschen von nachhaltigerer Mobilität zu überzeugen. Da das Abo jederzeit gekündigt werden kann, können Kunden Hybrid- oder E-Fahrzeuge ausprobieren, ohne das Risiko eines Fehlkaufs auf sich zu nehmen. Bereits 41 Prozent der von Vivelacar vermittelten Fahrzeuge sind Elektroautos oder Plug-in-Hybride. In naher Zukunft will Vivelacar sein Angebot auch auf Carsharing erweitern, sodass sich bis zu drei Haushalte ein Fahrzeug teilen können. Dabei soll transparent berechnet werden, wie viele Kilometer der jeweilige Nutzer gefahren ist, um die Abonnementgebühr fair aufzuteilen. Wie genau das funktionieren soll, ist noch unklar. Wenn das Carsharing-Angebot gut angenommen wird, könnte es langfristig die Anzahl von Autos auf der Straße reduzieren. 

Die Mobilitätswende anzuschieben, klingt nach einer Mammutaufgabe. Aber Vivelacar-Gründer Albert bremst das nicht, er denkt schon an die nächsten Schritte.

So forciert Vivelacar seit vergangenem Jahr sein Angebot für Businesskunden. Für Unternehmen seien Firmenwagen im flexiblen Modell interessant, da durch Mitarbeiter in der Probezeit und Fluktuation im Personalbereich immer eine unterschiedliche Anzahl an Wagen benötigt werde. 30 Prozent der Kunden stammen bereits aus dem Business-Bereich. Albert glaubt aber, dass sich der Prozentanteil langfristig noch weiter steigern wird. 

Bis Ende März will Vivelacar außerdem eine Ankauf-Lösung in die Plattform integrieren. Damit sollen Nutzer ihren Gebrauchtwagen für einen garantierten Preis direkt über die Plattform verkaufen können. Dafür arbeitet Vivelacar mit BCA zusammen, eine der größten Auktionsplattformen Europas. 

Auch Märkte außerhalb der DACH-Region will Vivelacar erschließen. Zuerst soll das in Europa passieren. Eines der ersten Länder werde Frankreich sein. Danach könnten Länder wie Spanien, Großbritannien, die Niederlande und Polen folgen. Ende des Jahres will das Start-up auch in den USA Fuß fassen. 

Mathias Albert glaubt daran, dass sich sein Angebot ähnlich rasant international verbreiten wird wie einst Netflix oder Spotify, die mit ihren Angeboten ebenfalls etablierte Branchenmodelle aufbrachen. Aber ob die Menschen so begeistert auf ihr eigenes Fahrzeug verzichten wie auf ihre CD-Sammlung, wird sich erst noch zeigen müssen. 


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