The Hempany steht vor Gericht
Das Start-up streitet sich mit der Wettbewerbszentrale, ob ein Hanfgetränk an Milch erinnern darf. Doch die Zeichen stehen auf Niederlage.
Grünes Hemi-T-Shirt, die Arme verschränkt und die Münder jeweils mit einem Streifen Panzerband zugeklebt. Die beiden Gründerinnen und die beiden Gründer von The Hempany wollen zeigen, dass es ihnen ernst ist: Sie alle reißen sich in einem Minivideo auf der Internetseite ihres Start-ups das Tape vom Mund und blicken streng in die Kamera. „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten…“, steht daneben „… und wehren uns gegen die Klage der Milchlobby.“
Auf ihrer Seite werben die vier noch am Freitagmorgen um Solidarität. „Unterstütze uns jetzt“ schreiben sie dort – und wer möchte, kann sich dazu auch gleich in den Newsletter des Stuttgarter Start-ups eintragen. Denn The Hempany steht gerade vor Gericht, die Wettbewerbszentrale hat geklagt, störte sich an der Online-Vermarktung des Hanf-Drinks, die zu sehr den Eindruck vermittle, dass es sich dabei um ein Milchprodukt handelt. Für The Hempany ist das ein Kampf David gegen Goliath. Das Start-up wittert die Milchindustrie hinter der Klage und kämpft nun seiner Ansicht nach um das große Ganze.
Am Donnerstag war der einzige mündliche Verhandlungstag im Landgericht Stuttgart und dabei wurde bereits deutlich: Es sieht in der Sache nicht gut aus für The Hempany. Final ist noch nichts, das Urteil soll erst am 10. Februar verkündet werden und das Gericht kann seine Meinung bis dahin auch nochmal ändern. Aber CEO Dave Tijok und Mitgründerin Laura Rothgang sind bereits einigermaßen ernüchtert, als sie sich im Anschluss der Verhandlung vor die Kamera ihres Laptops setzen. „Wir waren ziemlich überrascht“, gesteht Tijok zugleich ein. „Der Richter scheint sich eher auf die Seite der Wettbewerbszentrale zu schlagen.“
Im Kern geht es in dem Rechtsstreit um die Art und Weise, wie The Hempany auf seiner Webseite um sein Getränk wirbt. „hemi = hemp milck“, steht dort etwa gleich zu Beginn, darunter der Zusatz: „Wir melken Hanfsamen statt Kühe.“ Ein weiterer Reiter heißt schlicht „Milck“. Nach Ansicht der Wettbewerbszentrale sei vor allem „Milck“ viel zu leicht mit Milch - oder eben im englischen „milk“ zu verwechseln. Die Werbung von The Hempany für seinen Hanfsamen-Drink wäre somit Verbrauchertäuschung.
Die Regeln dazu in der Europäischen Union sind eindeutig: Es dürfen nur Produkte „Milch“ genannt werden, die tierischen Ursprungs sind. Pflanzliche Erzeugnisse, etwa aus Soja, Hafer oder eben aus Hanf dürfen nicht als „Milch“ beworben werden. Erst 2017 hat das auch nochmal der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigt. Dieselbe Regel gilt beispielsweise auch für Butter, Käse oder Joghurt.
„Nach unserer Auffassung darf der absolute Bezeichnungsschutz für Milchprodukte nicht durch die Veränderung eines einzigen Buchstabens umgangen werden“, sagt Tudor Vlah von der Wettbewerbszentrale. Die Wettbewerbszentrale will als eingetragener Verein dafür sorgen, dass sich alle Unternehmen an die gleichen Regeln halten müssen. Wer sich im Marketingkampf von anderen Firmen regelwidrig benachteiligt fühlt, der kann sich an die Zentrale wenden. Die prüft die Beschwerde und schickt im Anschluss eine Aufforderung zur Unterlassung heraus. Wer dieser – wie The Hempany – nicht nachkommt, der landet eben vor Gericht.
Wer sich genau bei der Wettbewerbszentrale beschwert hat, bleibt dabei geheim. Die Organisation gibt laut Vlah grundsätzlich nie bekannt, wer sich an sie gewandt hat. Es könnten Verbraucher, andere Unternehmen oder auch Behörden sein. Vlah kann zufrieden auf die Verhandlung vom Donnerstag zurückblicken, wenngleich das Gesagte noch unverbindlich ist. „In der mündlichen Verhandlung ist das Gericht der Auffassung der Wettbewerbszentrale gefolgt und hat im Begriff ‘Milck’ eine Irreführung des Verbrauchers gesehen“, sagt er.
Bei The Hempany sehen sie „Milck“ hingegen als einen Kunstbegriff. CEO Dave Tijok verweist vor allem auf die Kombination des Wortes mit dem angefügten Satz „Wir melken Hanfsamen statt Kühe“. Er ist überzeugt, dass Konsumenten beide Produkte daher gut voneinander unterscheiden könnten. „Gerade der stets im Kontext genannte Zusatz macht das ganz klar deutlich, das ist unserer Ansicht nach keine Verbrauchertäuschung.“, sagt er.
Es hätte für The Hempany eine einfach Möglichkeit gegeben, den Rechtsstreit zu umgehen. Es wäre eine, die vermutlich auch günstiger gewesen wäre – erst recht wenn das Start-up verliert und dann nicht nur seinen Anwalt bezahlen, sondern auch noch die Prozesskosten übernehmen muss: The Hempany hätte auf die Unterlassungsforderung eingehen und die bemängelten Begriffe von der Webseite nehmen können. Auf der Verpackung des Hanf-Drinks, der sich unter anderem bei Rossmann und Alnatura kaufen lässt, steht „Milck“ nur ganz klein drauf, fast schon versteckt – vielleicht auch, weil das Start-up genau weiß, dass das mit den Begrifflichkeiten und den Wettbewerbsrecht nicht so einfach ist. „Uns geht es aber ums Prinzip“, sagt Mitgründerin Laura Rothgang. „Wenn wir den Prozess für uns entscheiden können, ist das für die Branche ein Schritt in die richtige Richtung und auch andere Hersteller von pflanzlichen Getränken können ihr Produkte näher an der tatsächlichen Realität von Verbraucherinnen und Verbrauchern vermarkten – als vollwertige Alternative.“
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