Was die EU-Pläne zur Sustainable Finance für Start-ups bedeuten
Die EU will bis 2050 klimaneutral sein und krempelt dafür auch die Finanzwelt um. Das scheint wie gemacht für Start-ups, nur fehlt es oft noch an kreativen Lösungen, eine Bestandsaufnahme.
Es sind ambitionierte Ziele, die sich die EU gesetzt hat. Bis 2050 möchte sie klimaneutral werden. Dazu braucht es vor allem eine Wirtschaft, die Produktionsweisen und Lieferketten teils komplett neu denkt – und dazu braucht es viel Geld. Bereits im Januar 2020 rechnete die EU-Kommission vor, dass der „Green Deal“ Investitionen von 260 Milliarden Euro pro Jahr benötigen werde. Dafür setzt sie auch Finanzdienstleister. Zukünftig soll es viel mehr Investitionsmöglichkeiten in nachhaltige Projekte geben, um die Wirtschaft zu unterstützen.
Neben einem Umbau der Wirtschaft steht also auch ein Umbau der Finanzwelt an. Es sind neue Ideen gefragt. Die Pläne der EU scheinen wie gemacht für Start-ups, doch zumindest im Bereich nachhaltige Geldanlage (Sustainable Finance) hat sich in der Start-up-Welt bisher eher wenig getan. Noch sind die Hürden groß, das Potenzial aber ist noch viel größer.
Gut 30 Prozent aller Start-ups in Deutschland lassen sich laut dem Green Start-up Monitor, den das Borderstep Institut in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Start-ups jährlich erstellt, im vergangene Jahr als grün definieren. Dazu müssen sie neben ihrem wirtschaftlichen Erfolg auch erhebliche Beiträge zur ökologischen Nachhaltigkeit leisten. Das sind zwar neun Prozent mehr als noch für das Jahr 2019, dennoch ist gerade im Bereich der Fintechs ihr Anteil verschwindend gering. Gerade einmal zwei Prozent aller Fintechs sind laut der Studie grüne Start-ups.
Große Chancen für Fintechs?
„Noch stehen vor allem andere Sektoren im Fokus der Nachhaltigkeit“, erklärt Alexander Schabel, Borderstep Institut zuständig für Sustainable Business Developement, den geringen Anteil. „Bisher gab es vor allem viele grüne Gründungen in Bereichen wie Ernährung oder Mobilität.“ Schabel geht jedoch davon aus, dass sich das bald ändern könnte. „Bei den Themen Versicherungen oder Geldanlage haben Verbraucher – und damit letzten Endes auch Gründer – bisher noch nicht ín Richtung Nachhaltigkeit gedacht“, sagt er. Doch da bald die sogenannte EU-Taxonomie genau definiert, was grün ist und was nicht, hat auch die Finanzwelt die nötige Klarheit, um nachhaltige Produkte anzubieten. „Das bietet vor allem Fintechs eine große Chance, die Lösungen schneller entwickeln können als die großen Banken“, schätzt Schabel.
Auch Professor Christian Klein, Fachgebietsleiter am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Kassel und Experte für Sustainable Finance sieht in dem Bereich großes Potenzial für Start-ups. „Mich wundert ein wenig, dass noch nicht viel mehr Fintechs auf Sustainable Finance setzen“, sagt er. Denn die Nachfrage, gerade unter jungen Menschen, sei bereits da. „Immer mehr Anleger wollen wissen, was mit ihrem Geld passiert oder es bewusst in ganz bestimmte nachhaltige Projekte stecken.“ Nachhaltigkeitsbanken könnten sich vor der Nachfrage bereits kaum noch retten. Ihr Problem: „Aufgrund der Niedrigzinsphase machen sie mit ihrem Kunden kaum Gewinn“, sagt Klein.
Blockchain-Technologie könnte Greenwashing verhindern
Das halte womöglich auch einige Fintechs ab, schätzt Klein. Die sollten eher in eine etwas andere Richtung denken, sagt Klein. Ein Sustainable-Finance-Robo-Advisor sei zum Beispiel eine solche Möglichkeit. Dort könnten Kunden sich zusammenklicken, nach welchen Kriterien und mit welchem Risiko sie nachhaltig Geld anlegen würden und der Robo stellt im Anschluss eine Anlagestrategie zusammen. „Wir haben mit einer Umfrage versucht, herauszufinden, was für Kunden Nachhaltigkeit bedeutet und es stellte sich heraus, dass alle etwas anderes darunter verstehen“, sagt Klein. „Es war uns unmöglich, daraus Kundengruppen abzulesen.“ Fintechs sollten daher Produkte schaffen, mit denen sie so flexibel wie möglich auf die Wünsche ihrer Kunden reagieren können.
Viel Potenzial sieht Klein auch für Start-ups, die die Blockchain mit nachhaltiger Geldanlage verknüpfen wollen. „Diese Technologie erlaubt es am Ende, genau festzulegen, wohin das Geld investiert wird“, sagt der Experte. So könnten Fintechs glaubhaft versichern, dass sie das über sie angelegte Geld auch wirklich gezielt in einzelne Projekte investieren. „Die Gefahr des Greenwashings ließe sich so umgehen“, meint Klein.
Neben dem niedrigen Zinsniveau unter dem derzeit die Finanzbranche leidet, gibt es noch eine weitere große Hürde, die Gründer beim Bereich Sustainable Finance bisher offenbar zögern lässt: Es fehlt noch an Startgeld für grüne Start-ups. Dem Green Start-up Monitor zufolge hat jedes zweite grüne Start-up Probleme bei der Kapitalbeschaffung. Davon sind auch Gründer betroffen, die ein Fintech aufbauen wollen.
Da Venture-Kapitalgeber offenbar zu zögerlich sind, wünscht sich die Hälfte der grünen Start-ups laut der Studie die Schaffung einer Förderlinie „Sustainability“ mit zielgruppengerechten Finanzierungsangeboten. „Das könnte zum Beispiel eine Art High-Tech Gründerfonds sein, nur eben für grüne Start-ups“, sagt Alexander Schabel vom Borderstep Institut.
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