Venture Clienting als Kommunikationschance für Startups

Venture Clienting hat sich in den letzten Jahren zu einem wirkungsvollen Innovationsinstrument für große Unternehmen entwickelt. Es ermöglicht Konzernen, frische Ideen und technologische Lösungen direkt aus der Startup-Welt zu integrieren, ohne gleich in diese zu investieren. Für Startups wiederum bietet es eine seltene Gelegenheit. Den Zugang zu einem echten Kunden und dies frühzeitig, relevant und mit direktem Feedback. Doch neben der wirtschaftlichen und produktbezogenen Komponente verbirgt sich ein weiterer, oft unterschätzter Mehrwert: die kommunikative Lernchance im Umgang mit Corporates.
Zwei Welten treffen aufeinander
Ein wesentliches Problem im Verhältnis zwischen Startups und Konzernen liegt im strukturellen und kulturellen Unterschied beider Welten. Startups agieren oft schnell, flexibel und lösungsorientiert. Entscheidungen werden on the fly getroffen, Prototypen innerhalb von Tagen entwickelt und Pitches spontan angepasst. Geschwindigkeit ist nicht nur ein Vorteil, sondern essenziell für das Überleben.
Dem gegenüber stehen Konzerne, die auf Prozesse, Absicherungen und Abstimmungen über mehrere Ebenen hinweg angewiesen sind. Jeder Schritt wird sorgfältig vorbereitet, Entscheidungen sind oft Ergebnis politischer und fachlicher Abwägungen, die nicht selten mehrere Abteilungen betreffen. Dokumentationen, juristische Prüfungen und Abstimmungsschleifen sind Standard.
Was zunächst wie ein unüberwindbarer Gegensatz erscheint, bietet bei genauerem Hinsehen eine enorme Lernchance für Startups, speziell im Rahmen von Venture Clienting.
Kommunikationsfähigkeit als unterschätzter Erfolgsfaktor
Ein Punkt, der in der Diskussion rund um Venture Clienting bislang wenig Beachtung findet, ist die Kommunikationskompetenz junger Gründer im Umgang mit Konzernen. Dabei ist es genau diese Fähigkeit, die über den Erfolg oder das Scheitern einer Zusammenarbeit entscheiden kann. Viele Gründer kommen aus technischen oder kreativen Hintergründen, haben wenig oder keine Erfahrung mit Konzernstrukturen. Sie wissen schlichtweg nicht, wie man in diesem Umfeld kommuniziert.
Doch genau hier setzt Venture Clienting an: Der Prozess wird im besten Fall durch eine dedizierte Venture-Client-Einheit im Konzern begleitet. Das bedeutet, das Startup erhält nicht nur Zugang zum Konzern als Kunden, sondern auch eine Art Ausbildung im Umgang mit der Unternehmensrealität und dem Habitus eines Großkonzerns.
Drei zentrale Lernchancen für Startups
Venture Clienting bietet Startups die Möglichkeit, kommunikativ zu wachsen und strukturelle Kompetenzen aufzubauen, die über das aktuelle Projekt hinaus von Bedeutung sind:
1. Lernen durch Begleitung & Verständnis für Corporate-Kommunikation
Die Venture Client Unit im Konzern fungiert als Schnittstelle zwischen Startup und Corporate. Sie hilft, Prozesse zu verstehen, Ansprechpartner zu finden, Erwartungen zu klären und Kommunikation richtig zu deuten. Für Gründer, die bislang nur im Startup-Umfeld agiert haben, ist dies oft der erste Kontakt mit Konzern-Realitäten und ein wertvoller, aber kritischer Lernmoment.
2. Verankerung der Erfahrung
Was im ersten Venture Clienting-Projekt erlernt wird, kann dauerhaft im Startup verankert werden. Das betrifft nicht nur die Kommunikation selbst, sondern auch das Erwartungsmanagement, die interne Vorbereitung auf Corporate-Projekte und die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge strategisch aufzubereiten. Diese Kompetenz wird bei zukünftigen Pitches oder Verhandlungen mit weiteren Großkunden von unschätzbarem Wert sein.
3. Positives Erwartungsmanagement, auch für die Konzernseite
Durch ein besseres Verständnis für Abläufe, Sprache und Erwartungen auf Konzernseite wird das Startup in die Lage versetzt, realistische Angebote zu machen und klare Zeitlinien einzuhalten. Dies erleichtert dem Corporate wiederum die interne Durchsetzung und steigert die Erfolgswahrscheinlichkeit des Projekts erheblich.
Voraussetzungen für einen erfolgreichen Lernprozess
Damit die kommunikative Lernkurve im Venture Clienting tatsächlich gelingt, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Drei Punkte sind dabei besonders zentral:
1. Offene Kommunikation über Herausforderungen
Beide Seiten, Startup und Corporate, müssen bereit sein, Kommunikationsprobleme offen zu benennen. Reibungen sollten nicht als Scheitern verstanden werden, sondern als Gelegenheit zur Weiterentwicklung. Nur wenn Schwierigkeiten sichtbar sind, kann an ihnen gearbeitet werden.
2. Verständnis beginnt beim Onboarding
Am Anfang steht der Konzern in der Pflicht: Die Venture Client Unit muss das Startup aktiv ins Unternehmen holen, Erwartungshaltungen transparent machen und Struktur bieten. Doch im weiteren Verlauf liegt die Verantwortung vor allem beim Startup. Es muss lernen, den Corporate-Need zu verstehen, die Sprache des Konzerns zu sprechen und die Kommunikationskanäle effektiv zu nutzen.
3. Regelmäßige Feedbackformate
Feedback ist der Motor jeder Weiterentwicklung, gerade auch in der Kommunikation. Regelmäßige Runden, in denen sich beide Seiten offen über den aktuellen Stand der Zusammenarbeit austauschen, helfen Missverständnisse frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Diese Formate sollten fester Bestandteil jedes Venture Clienting-Prozesses sein.
In den Feedbackrunden sollte ausdrücklich Raum für den Austausch über Kommunikationsunterschiede und daraus resultierende Hürden geschaffen werden. Dabei ist wichtig zu verstehen: Die Lernkurve liegt einseitig beim Startup! Es kann wertvolle Erkenntnisse für den künftigen Umgang mit Konzernen gewinnen, hat jedoch weder die Aufgabe noch die Möglichkeit, die Kommunikationsstrukturen des Konzerns zu verändern!
Kommunikationsstärke als Wettbewerbsvorteil
Venture Clienting bietet Startups weit mehr als nur den Zugang zu einem Großkunden oder wertvolles Feedback zum Produkt. Es öffnet ihnen die Tür in eine Unternehmenswelt, an der viele Startups scheitern. Dies nicht weil ihr Produkt schlecht wäre, sondern weil sie den Zugang sprachlich, strukturell oder strategisch nicht meistern.
Wer als Startup bereit ist, aus dem Prozess zu lernen, kann eine Fähigkeit entwickeln, die sonst nur durch jahrelange Corporate-Erfahrung aufgebaut wird: die Fähigkeit, auf Augenhöhe mit Großunternehmen zu kommunizieren. In einer Welt, in der Innovationen immer häufiger in der Zusammenarbeit zwischen Startups und Konzernen entstehen, wird diese Fähigkeit zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil.


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