Wie zwei Schüler ein Start-up für nachhaltige Kosmetik aufbauen

Die beiden Hamburger Leonard Mücke und Liam Metzen verkaufen Naturkosmetik aus recyceltem Kaffeesatz. Einfach ist das nicht. 

Während andere Schüler in den Sommerferien auf Mallorca Partys feiern oder den ganzen Tag am Badesee verbringen, grübelten die Hamburger Gymnasiasten Liam Metzen und Leonard Mücke über Businesspläne, Produzentensuche und Marketingkonzepte. Ihr Ziel: Bis zum Ende der Ferien ein Unternehmen zu gründen, das Seife verkauft, für deren Herstellung sie Kaffeesatz recyceln . 

Ferienpläne, die für 18-jährige Schüler ungewöhnlich sind. Während Gleichaltrige bereits an Ableitungsregeln scheitern, sprechen Metzen und Mücke über Skaleneffekte, als wären sie schon seit mehreren Jahren in der Start-up-Szene unterwegs. Und doch stießen die beiden Schüler bei ihren Gründungsplänen auf so einige Hürden – und wären fast am Papierkram gescheitert. 

Dabei hat alles mit einer einfachen Idee begonnen, schon schon zwei Monate vor den Sommerferien, in denen sie so intensiv an der Gründung arbeiteten. Mücke und Metzen jobbten zu dem Zeitpunkt in einem Hamburger Café. Dabei fiel ihnen etwas auf. „Jeden Abend mussten wir kurz vor Feierabend einen richtig schweren Müllsack in den Keller schleppen“, so Metzen. In dem Müllsack befand sich Kaffeesatz, der vom Espressomachen übrigblieb. Wenn dieser Kaffeesatz im Restmüll entsorgt würde, sagt Mitgründer Mücke, entstünden bei der Müllverbrennung Treibhausgase. „Und selbst wenn der Kaffeesatz im Biomüll landet, ist es schade um die Ressource an sich, denn den Kaffeesatz nutzen manche Kaffeetrinker gerne, um sich ein Peeling herzustellen,“ so Mücke. Kaffeesatz sei gut für die Haut, das Koffein wirke durchblutend. 

Und so begannen die beiden Gründer nach der Schule zu recherchieren: Was, wenn man den Kaffeesatz noch weiterverwertet? „So hatten wir den Einfall mit der Seife“, sagt Mücke. Ihr Plan: Den Kaffeesatz bei den verschiedenen Cafés einsammeln und ihn per Lastenrad zu einem regionalen Seifenproduzenten bringen, der den Kaffeesatz dann zusammen mit Kokosnussöl, Olivenöl und Sheabutter zu Seife verarbeitet, die aufgrund des Kaffeesatzes eine Peeling-Wirkung habe und die Haut straffen soll. 

Für die Coffeecycle-Seife, die nach Orange riecht, wird Kaffeesatz wiederverwertet.

Die Idee kam offenbar zur richtigen Zeit: Denn im Gymnasium Eppendorf, der Schule der beiden Gründer, sei es üblich, in der elften Klasse an einem Gründungswettbewerb der Boston Consulting Group (BCG) teilzunehmen. „Das ist bei uns quasi Teil des Lehrplans, weil unsere Schule einen Wirtschaftsschwerpunkt hat“, so Mücke. Ziel sei es gewesen, ein fiktives Unternehmen zu gründen. Gemeinsam mit vier Mitschülern hätten sie ein Start-up rund um die Kaffee-Seifen-Idee konzipiert – und wurden damit Landessieger beim Gründungswettbewerb. Nach dem Preis hätten sie einige Anfragen von Interessenten erhalten – das hätte sie motiviert, aus dem fiktiven Start-up ein echtes zu machen, so die beiden Gründer. 

So einfach wie auf dem Papier war das nicht. Am Ende hat es vier Monate länger gedauert als nur bis zum Ende der Sommerferien, sagt Leonard Mücke. Die beiden Schüler hätten nicht auf dem Schirm gehabt, wie viel Bürokratie so eine Gründung mit sich bringe. „Wir gingen zum Notar, um eine UG zu gründen und erfuhren dort: Wir brauchen ein Geschäftskonto. Und erst bei der Bank wurde uns mitgeteilt, dass wir auf dieses Konto unser Stammkapital einzahlen müssen, damit wir richtig gründen können.“ Es gäbe nun einmal keine richtigen Leitfäden für Menschen, die neben der Schule gründen wollen. Schritt für Schritt hätten sie trotz aller Hürden das Unternehmen mit dem Namen „Coffeecycle“ aufgebaut, erzählt Liam Metzen. Ende letzten Jahres sei es dann endlich soweit gewesen: Sie konnten mit dem Verkaufen beginnen. 

Im Café arbeiten Metzen und Mücke mittlerweile nicht mehr. „Wir sehen aber noch genug Cafés von innen“, sagt Metzen . Den Kaffeesatz, den sie zum Produzieren ihrer Seife recyceln, holen die Gründer regelmäßig mit dem Lastenrad aus mehreren Hamburger Cafés ab. „Die meisten Cafés sind froh, die schweren Müllsäcke mit Kaffeesatz nicht mehr entsorgen zu müssen“, sagt Metzen. Einige der Cafés würden auch ihre Seife verkaufen. 

Schwieriger sei es, Händler zu überzeugen. „Wir sind meistens persönlich in die Läden gegangen, das schafft Vertrauen“, so Mücke. Ziel sei es nun, eine größere Ladenkette zu finden, die ihre Seifen verkauft. Doch aufgrund des wegen der geringen Stückzahl recht hohen Preises von 8,99 Euro pro Seife gestalteten sich die Verhandlungen oft schwierig. 

Noch nachhaltiger zu werden ist eines der nächsten Ziele, die Metzen und Mücke mit „Coffeecycle“ verfolgen. Schon jetzt würden sie auf regionale Lieferketten achten, auch der Seifenproduzent sei in Hamburg ansässig. Außerdem enthalte ihre Seife kein Palmöl. Einige Inhaltsstoffe wie Olivenöl würden sich allerdings nicht regional beschaffen lassen, bedauern die beiden Gründer.

Langfristig verfolgen sie dennoch große Ziele mit „Coffeecycle.“ So würden sie gerne in höherer Stückzahl produzieren und Skaleneffekte nutzen, um so günstig zu werden wie kommerzielle Anbieter von Kosmetik. „Außerdem möchten wir den deutschen Naturkosmetikmarkt erobern“, sagt Mücke. Gut vorstellbar sei auch eine Kooperation mit einer Hotelkette, gerade, weil dort viel Kaffee konsumiert und somit Kaffeesatz weggeworfen werde. 

Ob das mit der eigenen Lebensplanung kollidieren könnte? Privat stehen für die beiden jungen Gründer einige Herausforderungen an. „Im Sommer schreiben wir Abitur“, so Metzen. Danach sei ein Studium oder eine Ausbildung geplant – das Unternehmen wollen die Metzen und Mücke dann erst einmal nebenberuflich weiterführen. „Wenn wir das während der Schule hinbekommen haben, dann auch während des Studiums oder der Ausbildung“, ist Mücke überzeugt. 


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