Die Rolle von Venture Clienting im Corporate Venturing

Venture Clienting soll Startup-Innovation schnell in Unternehmen bringen. Frederic Pampus erklärt, wie der Ansatz kombiniert mit anderen Corporate-Venturing-Strategien sein volles Potenzial entfaltet.
Corporate Venturing beschreibt die Bandbreite strategischer Ansätze, mit denen Unternehmen Innovationen vorantreiben. Diese Ansätze lassen sich in vier Kategorien einteilen: Build (Corporate Venture Building), Buy (Startup-M&A), Partner (Venture Clienting) und Invest (Corporate Venture Capital, kurz CVC). Jede dieser Strategien hat nicht nur ihre Daseinsberechtigung, sondern auch ihre eigenen Stärken und Grenzen.
Venture Clienting sticht als besonders schlanke Methode hervor, um Innovationen schnell und effizient in bestehende Geschäftsmodelle zu integrieren. Unternehmen werden dabei zu „Kunden“ von Startups und setzen deren marktreife Lösungen gezielt ein, um konkrete Probleme im Kerngeschäft zu lösen.
Ein rein auf Venture Clienting fokussierter Ansatz kann jedoch schnell an Grenzen stoßen: Was ist, wenn kein passendes Startup gefunden wird? Oder wenn die Lösung des Startups nicht in die langfristige Unternehmensstrategie passt? Was ist, wenn ein Proof of Concept (PoC) scheitert oder nicht die gewünschten Ergebnisse liefert? Wie können Unternehmen in solchen Fällen flexibel reagieren und strategisch handeln?
Um diese Fragen zu beantworten, ist es sinnvoll, Venture Clienting in einen größeren Kontext zu stellen.
Dazu betrachten wir im Folgenden kurz die Vorteile und Grenzen von Venture Clienting und analysieren anschließend drei Strategien, die es Unternehmen ermöglichen, nicht nur von den Vorteilen dieses Corporate Venturing-Tools zu profitieren, sondern gleichzeitig die Herausforderungen zu überwinden.
1. Die Vorteile von Venture Clienting
Beginnen wir mit den Stärken: Venture Clienting bietet zahlreiche Vorteile, die auf Schnelligkeit und Effizienz abzielen.
Kein anderes Corporate Venturing-Tool bietet Unternehmen die Möglichkeit, innovative Lösungen derart schnell, risikoarm, nah am Kerngeschäft und mit geringem Budget zu finden, zu testen und bei Erfolg zu integrieren:
- Statt eigene Ressourcen in die Entwicklung neuer Technologien zu stecken, profitieren Unternehmen direkt von den Innovationen agiler Startups.
- Die initialen Investitionen sind überschaubar, insbesondere im Vergleich zu CVC oder Startup-M&A.
- PoCs (Proof of Concepts) ermöglichen es, schnell zu testen, ob eine Lösung geeignet ist, bevor größere Verpflichtungen eingegangen werden.
- Scheitert ein PoC, hat das Unternehmen nur ein geringes Risiko und kann direkt zur nächsten Option übergehen.
Kurzum: Venture Clienting ermöglicht es Unternehmen, Innovationen mit vergleichsweise geringem Risiko zu testen und ist der schnellste Weg, um von externen Innovationen zu profitieren, ohne sich langfristig zu binden.
Nun könnte der Eindruck entstehen, dass endlich ein Innovationstool gefunden ist, das als Allheilmittel für alle Probleme und Chancen bestehender Unternehmen eingesetzt werden kann – und das auch noch mit geringem Budget und geringem Risiko. Doch es lohnt sich ein Blick auf die Kehrseite, die Grenzen und Herausforderungen von Venture Clienting.
2. Die Grenzen und Herausforderungen von Venture Clienting
Nach einem Blick auf die Vorteile von Venture Clienting stellt sich die Frage: Wo liegen die Schwächen dieser Strategie, und wie können Unternehmen diese gezielt adressieren? Die Antwort darauf finden wir, indem wir uns einige zentrale Herausforderungen genauer ansehen.
Abhängigkeit von externen Startups
Eine der größten Herausforderungen ist die Abhängigkeit von externen Startups, denn Unternehmen haben wenig Kontrolle über die Weiterentwicklung der Lösungen. Was passiert, wenn ein Startup seine Technologie plötzlich in eine andere Richtung lenkt?
Integration in bestehende Strukturen
Hinzu kommt die Integration in bestehende Strukturen. Neue Lösungen passen nicht immer reibungslos in bestehende Systeme. Gerade bei großen Unternehmen können hier technische, organisatorische und kulturelle Hürden entstehen.
Hierbei ist insbesondere der Punkt Kultur wichtig. Während andere Corporate Venturing Tools wie Corporate Venture Building und CVC häufig in separaten Einheiten gewissermaßen losgelöst von Prozessen und Strukturen des Kerngeschäfts agile Arbeitsweisen “ungestört” anwenden können, ist es im Venture Clienting inhärent, dass Mitarbeiter aus dem Kerngeschäft (die sogenannten “Problem owner”) im Prozess involviert sind.
Hier nimmt die Venture Clienting Einheit eine wichtige Rolle als Vermittler, Übersetzer und Moderator des Prozesses ein. Sie kann jedoch nur bedingt kulturelle Brücken zwischen hohem Risiko und Geschwindigkeit bei Lösungsanbietern und Risikoscheu und meist adverse Incentivierung auf Unternehmensseite bauen.
Kurzfristigkeit und fehlende neue Umsatzquellen
Eine weitere Herausforderung ist die oft kurzfristige Denkweise, die Venture Clienting mit sich bringt. Die Methode ist primär auf schnelle Problemlösungen ausgerichtet und trägt selten dazu bei, neue Umsatzquellen zu erschließen. Statt langfristig neue Geschäftsfelder oder nachhaltige Ertragsmodelle zu schaffen, bleibt der Fokus häufig auf der Optimierung bestehender Prozesse.
Fehlende Exklusivität
Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Exklusivität der eingesetzten Lösungen. Da Unternehmen im Venture Clienting keine exklusiven Rechte an den Technologien oder Produkten erwerben, besteht die Gefahr, dass direkte Wettbewerber dieselben Lösungen nutzen. Dadurch können potenzielle Wettbewerbsvorteile erheblich eingeschränkt werden, und die eingesetzten Innovationen verlieren an strategischer Einzigartigkeit.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Venture Clienting zwar eine schnelle und risikoarme Möglichkeit bietet, innovative Lösungen einzusetzen, jedoch klare Grenzen aufweist. Von der Abhängigkeit von Startups über kulturelle und strukturelle Hürden bis hin zur oft fehlenden Generierung neuer Umsatzströme oder exklusiver Wettbewerbsvorteile: Die Methode allein reicht nicht aus, um eine nachhaltige Innovationsstrategie aufzubauen.
Daher widmen wir uns im nächsten Abschnitt der Frage, wie diese Herausforderungen durch die gezielte Kombination von Venture Clienting mit anderen Corporate Venturing-Tools überwunden werden können.
3. Kombination von Venture Clienting mit anderen Corporate Venturing-Strategien
Die gute Nachricht vorab: Viele der Schwächen von Venture Clienting lassen sich durch die gezielte Kombination mit anderen Corporate Venturing-Strategien ausgleichen. Genau hier liegt der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg.
Kombination 1: Lösungen selbst entwickeln, wenn sie nicht verfügbar sind
Was tun, wenn kein passendes Startup gefunden wird, der PoC nicht erfolgreich ist oder eine Adaption nicht möglich ist?
Häufig wird gar keine passenden Lösungen gefunden, eine vermeintlich passende Lösung hat den PoC nicht bestanden oder letztlich scheitert die Adoption z.B. an Preisvorstellungen oder weil der Lösungsanbieter sich gegen eine langfristigere Zusammenarbeit entscheidet.
Das eigentliche Problem daran wird klar, wenn wir uns an den ursprünglichen Grund für den Start des Venture Clienting-Prozesses erinnern: Im Kerngeschäft wurde ein signifikantes Problem identifiziert, das die Organisation nicht selbst lösen kann.
An dessen Existenz ändert sich nichts, wenn der Prozess nicht vollständig war. Anders gesagt, Unternehmen, die ausschließlich auf Venture Clienting setzen, lösen das Problem nicht ohne weitere Schritte.
Gelöst werden kann dieses Dilemma durch die Kombination mit Corporate Venture Building.
Im klassischen Vetnure Building Prozess (Ideation, Validation, MVP Development, Scaling) kann direkt in die Validierung und damit der Bewertung von Desirability (Nutzen für den Menschen), Feasibility (Technologie) und Viability (wirtschaftliche Aspekte) eingestiegen werden.
Dabei gibt es zwei mögliche Ergebnisse:
- Das Problem ist auch für andere Unternehmen relevant und es lässt sich ein eigenständiges und profitables Geschäftsmodell aufbauen: Mit einem unabhängigen Corporate Venture lässt sich nun nicht nur das eigene Problem angehen, sondern es können zusätzliche Umsatzkanäle erschlossen werden.
- Folgt jedoch, dass nur ein internes Problem ist? Durch Product Building und der anschließenden Integration in den Fachbereich ergibt sich eine effiziente Lösungsoption.
Positive Nebeneffekte dabei sind die volle Kontrolle über die Technologie, als auch die Schaffung einer Lösung, die exakt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Kombination 2: Lösungen übernehmen, wenn sie Wettbewerbsvorteil bieten
Was tun, wenn der Venture Clienting-Prozess erfolgreich ist?
Eigentlich perfekt: Ein signifikantes Problem wurde im Kerngeschäft identifiziert, ein passendes Startup wurde gefunden, der PoC verlief positiv, und die Adaption der Lösung funktioniert. Kurzum, der normale Venture Clienting-Prozess ist erfolgreich abgeschlossen.
Endet er jedoch hier, bleiben wichtige Optionen unberücksichtigt. Wettbewerber können nach wie vor dieselbe Lösung nutzen. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn sie einen echten Wettbewerbsvorteil darstellt.
Damit kommt die Kombination mit Startup-M&A ins Spiel. Unternehmen sollten Prozesse und Strukturen aufsetzen, um in einem solchen Fall schnell agieren zu können und somit den exklusiven Zugang zur Technologie zu sichern und somit nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu schaffen.
Kombination 3: In Lösungen investieren, um Einfluss zu erhöhen
Was tun, wenn strategische Sicherheit und langfristiger Einfluss wichtig ist?
Wenig ist in Bezug auf Startups so sicher, wie eine ständige strategische Neuausrichtung. Ohne ständiges Experimentieren entstehen selten Innovationen und überdurchschnittliche Wachstumsraten. Damit einhergehend kommt es jedoch auch regelmäßige zu “Pivots”, einer aus Sicht etablierter Unternehmen radikale Änderung des Fokus auf Zielkunden, Regionen, angebotenen Produkten und ganzen Geschäftsmodellen.
Dies ist milde gesagt unpraktisch, wenn eine die Lösung nach erfolgter Adoption Teil von Kernprozessen im Unternehmen wurde.
Um dieses Risiko zu mitigieren, bieten sich grundsätzlich zwei Lösungswege an.
- Der Fokus auf spätphasige Startups (“Scale-ups”) zur Lösung von erfolgskritischen Kernprozessen, da mit zunehmender Reife die Intensität der Pivots abnimmt und das Risiko derer einschätzbar und ggf. vertraglich absicherbar wird.
- Unsere dritte Kombination und damit die Verbindung des Venture Clienting-Prozesses mit CVC: Durch eine finanzielle Beteiligung an den Anbietern der Lösungen, die in Kernprozesse adoptiert werden, können sich Unternehmen absichern und längerfristigen Einfluss auf die strategischen Entscheidungen nehmen. Zudem steigert dies das Wissen und Netzwerk in einem für das Unternehmen wichtigen Lösungsweg, nicht nur durch Shareholder Reportings, sondern auch durch aktive Teilnahme beispielsweise durch ein Aufsichtsratsmandat.
Diese Kombinationen zeigen, wie wichtig es ist, über einzelne Strategien hinauszudenken. Innovation ist kein linearer Prozess. Die wahre Stärke liegt in der intelligenten Verzahnung der Corporate Venturing-Tools.
So entsteht eine flexible Venture Clienting-Strategie, die sowohl kurzfristige Probleme löst als auch neue Umsatzmöglichkeiten erschließt und tiefgehenden Mehrwert bietet.
4. Kombinationen mit Bedacht anwenden
So sinnvoll und wertvoll die Kombinationen sind, bedarf es Fingerspitzengefühl in der Anwendung. Venture Clienting ist auch darauf ausgelegt, das Unternehmen als attraktiven Partner für Startups zu positionieren. Sichtbar ist dies beispielsweise dadurch, dass die Venture Clienting-Einheiten vieler Unternehmen mit eigenem Branding und Marketing auftreten. “Liebe Startups, wir sind ein attraktiver Großkunde für dich”, ist dabei der Tenor. Strategischer Hintergrund ist unter anderem, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit und Geschwindigkeit im Startup-Sourcing dadurch steigt.
Was passiert nun, wenn ein Unternehmen regelmäßig Venture Clienting-Prozesse beginnt, am Ende jedoch die Lösung kauft, selbst baut oder als strategischer Investor auftritt?
Richtig, die strategisch sinnvollen und wertvollen Kombinationen werden marktseitig als trojanisches Pferd betrachtet und das Startup Sourcing wird schwierig, bis hin zu adverser Selektion: nur noch suboptimale Lösungen erreichen PoC und Adoption.
Glücklicherweise ist die Lösung wenig komplex. Klare und offene Kommunikation vom Erstgespräch an, gepaart mit transparenten Kriterien zur Entscheidungsfindung und Erfolgsbeispielen zeigen einen objektiven und professionellen Partner, der an der bestmöglichen Art der Zusammenarbeit interessiert ist.
5. Fazit: Venture Clienting als Teil eines umfassenden Corporate Venturing-Ansatzes
Venture Clienting hat eine klare Daseinsberechtigung. Es ist das einzige Corporate Venturing-Tool, das derart schnell, risikoarm, nah am Kern, mit geringem Budget und meist durch bestehende interne Mitarbeiter Innovationen ins Unternehmen holen kann.
Doch wie jedes andere Corporate Venturing-Tool auch, hat es seine Grenzen und Herausforderungen. Um diese zu überwinden, müssen Unternehmen die verschiedenen Bausteine des Corporate Venturing gezielt kombinieren.
- Lösungen übernehmen, wenn sie Wettbewerbsvorteil bieten
- Lösungen selbst entwickeln, wenn sie nicht verfügbar sind
- In Lösungen investieren, um Einfluss zu erhöhen
Dieser ganzheitliche Ansatz stellt sicher, dass Venture Clienting nicht nur Probleme löst, sondern auch langfristige Wettbewerbsvorteile schafft. So wird aus einzelnen Tools das, was Innovation in Unternehmen ausmacht. Eine ganzheitliche Strategie, die Optionen bietet.
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