Warum Bildungsurlaub bei Start-ups wichtig ist

In fast allen Bundesländern haben Beschäftigte einen gesetzlichen Anspruch auf fünf Tage bezahlten Urlaub für Weiterbildung. Besonders für Start-ups kann das eine Chance sein, Talente zu gewinnen und die Mitarbeitenden gesund zu halten.

Vom Yogakurs über ein Achtsamkeitstraining bis hin zu einer Studienreise: Obwohl sich Beschäftigte in fast allen Bundesländern jedes Jahr fünf Tage Bildungsurlaub nehmen können, machen das nur die wenigsten – dabei wäre das gerade im Start-up-Umfeld wichtig. 

Laut den aktuellsten Zahlen – und die sind immerhin für die meisten Bundesländer schon über zehn Jahre alt – nutzen nur zwischen 0,3 und drei Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihr Recht auf Bildungsurlaub. Fehlende Aufklärung über den gesetzlichen Anspruch auf Seiten der Beschäftigten als auch über die Vorteile, die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber davon haben, könnten ein Grund dafür sein. Ein Blick auf die gesetzlichen Regelungen sowie die Vor- und Nachteile.

Wer hat Anspruch auf Bildungsurlaub?

Bildungsurlaub ist ein gesetzlicher Anspruch von Beschäftigten auf fünf Tage Sonderurlaub für persönliche Weiterbildung. Der Anspruch von zwei Jahren lässt sich auch zusammenfassen, sodass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zehn Tage am Stück in den Bildungsurlaub fahren dürfen. Die Art der Weiterbildung können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aussuchen, sie muss nichts mit dem eigentlichen Beruf zu tun haben. Meistens handelt es sich um Achtsamkeitstrainings, Yogakurse, Sprachreisen oder Kurse zur politischen Bildung. Das Unternehmen stellt die Beschäftigten während des Bildungsurlaubs frei und zahlt den Lohn weiter. Nur in Sachsen und Bayern besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub. 

Welche Vorteile haben Angestellte von einem Bildungsurlaub?

Bildungsurlaub sei Präventionsarbeit, argumentiert zumindest Gründerin Lara Körber. Sie hat gemeinsam mit Anian Schmitt und Sven Regenhardt 2020 mit „Bildungsurlauber” eine Plattform ins Leben gerufen, über die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zertifizierte Bildungsurlaube finden und buchen können. „Gerade in der Start-up-Kultur können Menschen schnell ausbrennen, weil sie viel Verantwortung tragen und jeden Tag Herausforderungen bewältigen müssen“, sagt sie. 2021 entfielen laut einer DAK-Studie 19 Prozent aller Ausfalltage auf psychische Erkrankungen. Die durchschnittliche Krankheitsdauer betrug 39,2 Tage. Noch mehr Menschen waren von Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, also zum Beispiel Rückenschmerzen, betroffen.

Wegen der hohen Fehlzeiten lohnt es sich für Unternehmen besonders, in Prävention zu investieren – hier kommt der Bildungsurlaub ins Spiel. „Bildungsurlaub gibt Mitarbeitern da die Möglichkeit, selbstbestimmt zu entscheiden, was sie gerade für sich brauchen.“ Zum Beispiel kann der Softwareentwickler mit Rückenproblemen in einem fünftägigen Yogakurs Übungen lernen, mit denen er im Alltag seinen Rücken entlasten kann. Die Managerin kann nach den Überstunden vor einem Launch bei einem Achtsamkeitstraining aufatmen und herausfinden, wie sie sich auch in stressigen Phasen Inseln der Entspannung schaffen kann. Bildungsurlaub kann aber auch Überforderung mit neuen Aufgaben vorbeugen: So kann die neue Teamleiterin beispielsweise ihren Bildungsurlaub für ein Führungskräftetraining nutzen.  

Welchen Mehrwert bringt Bildungsurlaub für ein Start-up?

Als Bildungsurlaub zertifizieren die jeweiligen Bundesländer nur Kurse, die eine gewisse Stundenzahl erfüllen und einen beruflichen Mehrwert bringen. „Dieser Mehrwert kann sich auch mittelfristig einstellen, zum Beispiel durch psychische und physische Gesundheit oder durch einen gesellschaftlichen Mehrwert”, erklärt Körber.

Der Bildungsurlaub ermöglicht es Beschäftigten auch, sich fünf Tage lang intensiv mit einem Thema ihrer Wahl auseinanderzusetzen. Die neuen inhaltlichen Impulse zu Themen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung können sie dann zum Beispiel in das Brainstorming für das neue Produkt einbringen. Auch könnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Erfahrungen aus dem Bildungsurlaub mit ihren Kolleginnen und Kollegen teilen. „Wenn man zum Beispiel an einem Seminar zu gewaltfreier Kommunikation teilgenommen hat, kann man das Gelernte danach im Team umsetzen und so auch für das Start-up einen großen Mehrwert schaffen”, sagt Körber.

Was kostet Bildungsurlaub für Start-ups und Beschäftigte?

Für den Bildungsurlaub stellen Unternehmen ihre Beschäftigten bezahlt frei. Alle anderen Kosten tragen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst. Obwohl die Beschäftigten fünf bis zehn Tage bezahlt im Betrieb fehlen, kann Bildungsurlaub auch ein ökonomischer Vorteil sein. Gerade zu Anfang können sich Start-ups oft kein betriebliches Gesundheitsmanagement leisten – also zum Beispiel vom Unternehmen auf eigene Kosten organisierte Seminare zur Stressbewältigung. Der bezahlte Urlaub kann daher eine günstige Möglichkeit für betriebliche Gesundheitsprävention sein. Viele der Kurse zur körperlichen und psychischen Gesundheit sind bei den Krankenkassen als Präventionskurse anerkannt und somit förderfähig. Dadurch sinken auch die Kosten für die Beschäftigten.

Wann können Gründerinnen und Gründer den Antrag auf Bildungsurlaub ablehnen?

Es gibt einige Sonderregelungen, durch die Unternehmen den Antrag auf Bildungsurlaub ablehnen können. Diese sind in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. In Berlin müssen Unternehmen beispielsweise erst ab zwanzig Angestellten Bildungsurlaub genehmigen. In fast allen Bundesländern gilt, dass das Unternehmen den Antrag ablehnen kann, wenn Beschäftigte dringend für den laufenden Betrieb benötigt werden. Gerade für Start-ups könnte dies ein Grund sein, Bildungsurlaub von vorneherein auszuschließen.

Sollten Start-ups ihre Mitarbeitenden aktiv auf Bildungsurlaub hinweisen?

Eine aktuelle Umfrage von Forsa und der Haufe Akademie unter 1000 Angestellten zeigt: 87 Prozent der Befragten im Alter bis 35 Jahren erachten berufliche Weiterbildung als wichtig. Mit Bildungsurlaub zu werben, könnte daher ein Vorteil sein, durch den Start-ups sich von der Konkurrenz abheben. „Bei ihren Benefits für Mitarbeiter sprechen Unternehmen immer vom typischen Kickertisch und dem Obstkorb. Wie wäre es mit: Wir bieten dir die Yogamatte statt der Mate?“, schlägt Körber vor. „Diese Message nach außen ist gerade für wachsende Start-ups eine tolle Möglichkeit für Employer Branding.“ So könnten Start-ups potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern einen Einblick in eine wertschätzende Unternehmenskultur geben, bei der die Bedürfnisse der Beschäftigten nicht zu kurz kommen. 

Fazit

Der Anspruch auf Bildungsurlaub ist unter Unternehmen und Beschäftigten noch sehr unbekannt. Dabei lohnt es sich auch für Start-ups, aktiv über diese Möglichkeit zu informieren. Bildungsurlaub ist eine Investition in die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten, der Mehrwert stellt sich mittel- bis langfristig ein. Er ist zunächst günstiger als betriebliches Gesundheitsmanagement. Auch wird Weiterbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer wichtiger. Start-ups, die mit Bildungsurlaub werben, können sich somit von Konkurrenten abheben. 


Like it? Please spread the word:

FYI: English edition available

Hello my friend, have you been stranded on the German edition of Startbase? At least your browser tells us, that you do not speak German - so maybe you would like to switch to the English edition instead?

Go to English edition

FYI: Deutsche Edition verfügbar

Hallo mein Freund, du befindest dich auf der Englischen Edition der Startbase und laut deinem Browser sprichst du eigentlich auch Deutsch. Magst du die Sprache wechseln?

Deutsche Edition öffnen

Vielleicht auch interessant:

Ähnliche Beiträge