Wann Start-ups nach Afrika expandieren sollten

Der Business Accelerator Chapter54 sucht derzeit nach Scale-ups, die einen afrikanischen Markt erschließen wollen. Dabei kann es sich auch schon lohnen als ganz junge Start-up nach Afrika zu gehen wie das Beispiel von Ecoligo zeigt.

Es gibt nicht allzu viele Gründer in Deutschland, die den Schritt auf den afrikanischen Kontinent wagen. Zu unterschiedlich ist die Lage in den einzelnen Ländern, zu schwer fällt es vielen, Potenzial und Hürden genau abschätzen zu können. 

Martin Baart ist einer, der es getan hat – streng genommen schon zweimal: Beim ersten Mal ist er noch gescheitert, in seinem zweiten Versuch mit seinem Start-up Ecoligo hat er nun Erfolg. Seine Geschichte macht deutlich, was so alles schief gehen kann, wenn Gründer die Gegebenheiten erst falsch einschätzen und sie macht deutlich, welches Potenzial für junge Unternehmen in afrikanischen Ländern schlummert, wenn sie sich auskennen. 

Gut zehn Jahre ist es nun bereits her, dass Baart seinen ersten Versuch startete. Als CTO des Start-ups One Shore Energy, das es heute längst nicht mehr gibt, sollte er in Kenia, Tansania und Uganda Solar-Diesel-Hybrid-Systeme an Unternehmen verkaufen. Denn der Strom vor Ort ist teuer, wer ihn sich selbst erzeugen kann, spart also eine Menge Geld und ist vor Ausfällen sicher.

Daran scheiterte der erste Versuch nach Afrika zu gehen

Noch 2019 gab es einige afrikanische Länder, in denen der Zugang der Bevölkerung zu Strom verschwinden gering ist. In der Demokratischen Republik Kongo hatten der internationalen Energieagentur (IEA) zufolge 2019 nur 8,7 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Strom, neuere Zahlen gibt es noch nicht. Und auch in den Ländern, auf die es Baart damals abgesehen hatte, ist der Zugang zu Strom bis 2019 alles andere als sicher: In Kenia hatten rund 84,5 Prozent der Bevölkerung Zugang, in Tansania waren es 39,5 und in Uganda 28,9 Prozent. Unternehmen mit grünem Strom zu versorgen, sollte also eine eigentlich eine Goldgrube sein. 

„Wir sind damals aber leider aus zwei Gründen gescheitert“, sagt Baart heute auf seinen ersten Versuch zurückblickend. „Zum einen hatten wir diese typische deutsche Ingenieursbrille auf, das Beste vom Besten zu liefern. Das hat unsere Systeme unnötig teuer gemacht.“ Der zweite Grund war die fehlende Präsenz bei den Kunden. „Ich bin damals zwar viel gereist, aber es macht doch einen großen Unterschied, ob man dauerhaft vor Ort ist“, sagt Baart. 

Das machte der Gründer beim zweiten Mal besser 

In seinem zweiten Versuch, dieses Mal mit seinem eigenen Start-up Ecoligo, hat Baart deshalb einige Dinge von Anfang an anders gemacht. Wieder geht es um Stromerzeugung. Der Bedarf, das zeigen schließlich auch die Daten der IEA, ist schließlich da. Sein Start-up hilft dabei, Solarprojekte von Unternehmen in Schwellenländern zu realisieren. Dazu setzt er auch auf Crowdinvesting in Deutschland. Privatanleger sollen sich über die Seite des Unternehmens an den Projekten beteiligen können. Geht alles gut, bekommen sie für ihre Investition um die 5,5 Prozent Zinsen. Läuft es allerdings dann doch nicht gut, so ist das nun mal bei Crowdinvesting, dann ist das Geld komplett weg.

Ein Solarsystem von Ecoligo in Kenia. (Foto: Ecoligo)

Baart wollte den Fehler vom ersten Mal nicht wiederholen, was erst einmal einen Umzug nach Ghana bedeutete. Es gehe darum, die dortige Business-Kultur zu verstehen. „Das ist zwar jetzt ein bisschen klischeebehaftet, aber es gibt dort beispielsweise durchaus ein etwas anderes Verhältnis zum Thema Zeit“, sagt er. Derartig durchgetaktete Terminkalender hätten viele dort nicht, Stau, oder ein nicht vorhandener öffentlicher Nahverkehr, machten Pünktlichkeit zudem schwierig. Dafür sei die Start-up-Community in vielen Ländern dort extrem hilfsbereit. „Es ist gar kein Problem, einfach seinen Sitznachbarn zu fragen, wenn man zum Beispiel in einem großen Co-Working-Space sitzt“, sagt Baart. Der könne einem zum Beispiel auch einen lokalen Anwalt vermitteln, der bei der Anmeldung des Unternehmens im dortigen Register hilft. „Dafür kann man natürlich auch auf eine Kanzlei in Deutschland setzen, dann ist aber gerne einmal eine Null mehr am Ende der Rechnung“, sagt Baart. 

Mit Ecoligo hat Baart diese Phase längst hinter sich. Er ist inzwischen in mehreren Ländern Afrikas aktiv. Bis heute hat sein Start-up nach eigenen Angaben mehr als 58 Projekte mit einer Gesamtleistung von 19,2 Megawatt vollständig installiert und in Betrieb genommen. Weitere 71 Projekte mit einer Kapazität von 41,7 Megawatt sind laut dem Start-up bereits unterzeichnet und in Planung. Baarts Idee überzeugte daher nun auch einen Geldgeber. Der Social-Impact-Investor Oikocredit hat gerade erst fünf Millionen Euro investiert. 

Baart kann daher inzwischen einige Tipps geben. Etwa, dass das in vielen afrikanischen Ländern mit dem Handelsregister ähnlich läuft wie in Deutschland. Auch, was die geforderten Dokumente angeht. Wer von Deutschland aus gründen möchte, muss daher laut Baart zur entsprechenden Botschaft und sich die zahlreichen Papiere legalisieren lassen auch seien Passkopien der Anteilseigner gefordert.

Und dann ist da noch die Frage, wie gerne europäische Gründer dort überhaupt gesehen werden. Das ist laut Baart inzwischen sehr unterschiedlich. In Kenia etwa seien die Behörden offen und freundlich gegenüber Gründern aus Europa. Dort lasse sich eine Gesellschaft noch mit rund 1.000 Euro Stammkapital gründen und aus dem Ausland führen. Ghana hingegen sei in den vergangenen fünf Jahren deutlich restriktiver geworden. Man spüre deutlich, dass das Land vor allem heimische junge Unternehmen fördern wolle, sagt Baart. Dort brauchten ausländische Gründer eher ein Stammkapital von einer Million Euro und müssten innerhalb von fünf Jahren 15 Prozent ihrer Anteile an heimische Shareholder abgeben. Ähnlich sei es, was die Beteiligungen angeht, auch in Südafrika.

Ein Business Accelerator will helfen

Damit andere junge Unternehmer aus Europa nicht gleich zu Beginn scheitern, wenn sie nach Afrika expandieren wollen, hat der Venture-Capital-Geber Partech mit Chapter54 einen Business Accelerator ins Leben gerufen. Chapter54 richtet sich an Scale-ups, die neben ihrem eigenen Land in Europa bereits schon in einem weiteren Land aktiv sind. „Wir wollen sehen, dass ein Unternehmen bereits die Internationalisierung seines Geschäftsmodells getestet hat“, sagt Vincent Previ, der Chapter54 leitet. Bisher haben nutzen gerade einmal rund 14 Prozent der europäischen Scale-ups das Potenzial des Kontinents.

Chapter54 will Scale-ups für Afrika vorbereiten. (Foto: Chapter54)

Der Accelerator wird von der deutschen Förderbank KFW unterstützt und soll im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Afrika fördern. Chapter54 arbeitet für das Programm auch mit Mentoren vor Ort zusammen. Das Programm läuft bis zu acht Monate und ist nicht auf ein bestimmtes afrikanisches Land festgelegt. „Es gibt derzeit vier Länder in Afrika, welche die anderen im Attraktivitätsvergleich deutlich schlagen“, sagt Previ. Für ihn sind das Ägypten, Südafrika, Kenia und Nigeria. 

Doch auch in anderen afrikanischen Ländern gibt es laut Previ großes Potenzial. Das britische Healthtech Babylon, das bereits den Einhorn-Status erreicht hat, ist dort ausschließlich in Ruanda tätig. Auch Ghana könnte sich lohnen.  „In Afrika Fuß zu fassen, ist nicht einfach, da gibt es definitiv ein Risiko“, sagt Previ. „Es kommt meiner Meinung nach vor allem auf die richtige Einstellung an, Gründer müssen deutlich machen, dass sie auch wirklich in diesen Markt wollen.“ Ohne zumindest einen kurzzeitigen Umzug wie bei Martin Baart dürfte es also schwierig werden. 


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