Venture Clienting als Erfolgsmodell: Interview mit TechFounders

Wie TechFounders durch Venture Clienting Startups und Unternehmen zusammenführt und langfristige, skalierbare Innovationen ermöglicht. Ein Einblick in Erfolge und Herausforderungen des Modells.

In der dynamischen Welt der Startups und Innovationen hat sich TechFounders, das Accelerator-Programm von UnternehmerTUM, einen Namen gemacht. UnternehmerTUM ist Europas führendes Zentrum für Innovation und Gründung mit Sitz in München. Seit seiner Gründung im Jahr 2015 hat TechFounders fast 200 Startups begleitet, die insgesamt über 800 Millionen Euro an Risikokapital akquiriert haben. Neben der Förderung von Startups und dem Startup-Scouting für Unternehmen baut TechFounders eine weitere Säule weiter aus: Venture Clienting. Wir haben Moritz Förster, Managing Partner von TechFounders, gefragt, was sie zur Einführung von Venture Clienting bewegt hat – und welche überraschenden Kooperationen und Erkenntnisse sich bereits daraus ergeben haben.

Wie passt Venture Clienting zu den Dienstleistungen eines Startup-Accelerators wie TechFounders?

Für uns bei TechFounders ist Venture Clienting die natürliche Weiterentwicklung dessen, was wir in den letzten zehn Jahren gemacht haben. TechFounders startete 2015 als Flaggschiff-Accelerator von UnternehmerTUM, Europas führendem Innovationszentrum, mit der Grundidee, dass Zusammenarbeit der Schlüssel zu Innovation ist. Was uns schon immer ausgezeichnet hat, ist unser Fokus darauf, Startups mit etablierten Unternehmen zusammenzubringen, um spezifische Herausforderungen zu meistern und deren Innovationsbedarfe zu decken. Schon lange bevor der Begriff „Venture Clienting“ ein Trend wurde, haben wir solche Verbindungen hergestellt und Unternehmen geholfen, die richtigen Startups zu finden, um ihre dringendsten Probleme zu lösen.

In den letzten Jahren haben Unternehmen erkannt, dass es nicht nur ein Trend ist, langfristige Partnerschaften mit Startups zu pflegen – es ist essentiell.

Warum gewinnt Venture Clienting gerade jetzt an Bedeutung?

In den letzten Jahren haben Unternehmen erkannt, dass es nicht nur ein Trend ist, langfristige Partnerschaften mit Startups zu pflegen – es ist essentiell. Angesichts wirtschaftlicher Herausforderungen und rasanter technischer Entwicklungen, vor allem in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Blockchain und Quantencomputing, brauchen Unternehmen einen strukturierten, fokussierten Ansatz, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hier kommt das Venture-Client-Modell ins Spiel. Es geht nicht nur darum, schnell eine coole neue Lösung zu präsentieren, sondern darum, diese Innovationsmentalität direkt in die Unternehmensprozesse zu integrieren – sie zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen. Wir sorgen nicht einfach nur dafür, dass Startups und Unternehmen zusammenfinden – wir ermöglichen echte, skalierbare Kooperationen, die auf Langfristigkeit ausgelegt sind.

Ist Venture Clienting immer die beste Lösung?

Es gibt definitiv keinen „One-size-fits-all“-Ansatz, wenn es um die Zusammenarbeit von Startups und Unternehmen geht. Das richtige Kooperationsmodell hängt immer von den Zielen der beteiligten Unternehmen ab. Auch wenn Venture Clienting immer beliebter wird, ist es kein Wundermittel, das jedes Problem durch Startup-Innovationen löst. Wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um die besten Strategien zu identifizieren – sei es durch Pilotprojekte, Innovation Challenges, gezieltes Startup-Scouting oder den Aufbau eigener Venture-Clienting- oder Open-Innovation-Einheiten. Unser Ziel ist es, unsere Kunden langfristig zu befähigen, selbst Experten in diesem Bereich zu werden. Tatsächlich haben wir bereits einigen Unternehmen geholfen, systematisch solche Einheiten aufzubauen.

Viele unserer Kunden – wie Festo, Miele und DATEV – arbeiten seit Jahren mit uns zusammen, was das Vertrauen in unsere Dienstleistungen unterstreicht. Aus dieser langfristigen Zusammenarbeit und erfolgreichen wie auch gescheiterten Projekten können wir viel Wissen und Erfahrung ziehen. Dadurch können wir gezielt einschätzen, welche Ansätze für welches Unternehmen am besten geeignet sind, und ihnen Lösungen aufzeigen, die wirklich zu ihren Bedürfnissen passen. Außerdem haben wir durch unsere Einbindung in ein Innovationszentrum Zugang zu einer Vielzahl ergänzender Dienstleistungen, die auf Unternehmen jeder Größe zugeschnitten sind. Diese Vernetzung verstärkt unser Venture-Clienting-Angebot und stellt sicher, dass unsere Kunden eine ganzheitliche Innovationsreise durchlaufen, anstatt nur isolierte Lösungen zu erhalten.

Welche Erfolgsfaktoren sind deiner Meinung nach entscheidend für effektives Venture Clienting?

Der Erfolg von Venture Clienting hängt von mehreren wesentlichen Faktoren ab. Es geht nicht nur darum, Startups und Unternehmen zusammenzubringen und darauf zu hoffen, dass es funktioniert. Zunächst muss das Problem klar verstanden werden. Viele Unternehmen brauchen Unterstützung dabei, strategisch relevante Problemstellungen zu identifizieren, bei denen Startups wirklich einen Mehrwert bieten können. Es reicht nicht, einfach eine coole, hochmoderne Lösung zu präsentieren und zu hoffen, dass sie passt – man muss genau wissen, was man erreichen will. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist Agilität. Große Unternehmen neigen dazu, in ihren gewohnten Abläufen stecken zu bleiben, während Startups in einem anderen Tempo arbeiten. Damit Venture Clienting funktioniert, ist es wichtig, dass Unternehmen offen für Veränderungen sind und Bürokratie reduzieren. Schlanke Prozesse, insbesondere im Bereich Beschaffung und rechtliche Angelegenheiten, ermöglichen es Startups, schnell loszulegen und ihre Lösungen zu testen – was ein essentieller Bestandteil des Venture Clienting Ansatzes ist.

Welche Rolle spielt dabei die Unterstützung des Managements?

Die Unterstützung durch die Führungsebene ist entscheidend. Ohne die Rückendeckung des Top-Managements bleiben Venture-Clienting-Bemühungen oft stecken, blockiert durch Unentschlossenheit und Bürokratie. Wenn das obere Management grünes Licht gibt, fließen die Ressourcen reibungsloser, die Projekte bleiben auf Kurs, und die Zusammenarbeit wird stärker in die übergeordneten Geschäftsziele eingebettet. Die Unterstützung von ganz oben verwandelt eine nette Idee in etwas wirklich Wertvolles.

Wie lassen sich kulturelle Unterschiede zwischen Startups und großen Unternehmen überbrücken?

Wenn die Unternehmenskulturen von Startup und Konzern aufeinanderprallen – sei es aufgrund unterschiedlicher Kommunikationsstile, Entscheidungsprozesse oder Herangehensweisen an Problemlösungen – helfen auch kosteneffiziente Prozesse nicht weiter. Ein externer Vermittler kann hier eine entscheidende Rolle spielen, um diese kulturellen Unterschiede zu überbrücken und Missverständnisse zu vermeiden, bevor sie zu größeren Problemen eskalieren. Offene Kommunikation ist dabei der Schlüssel – ein kontinuierlicher Dialog zwischen Abteilungen wie F&E, Recht und Beschaffung ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Lösung des Startups effektiv in die Betriebsabläufe des Unternehmens integriert werden kann. Wenn interne Teams von Anfang an eingebunden sind, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie das Projekt unterstützen.

Kannst du ein Beispiel für eine unerwartete Zusammenarbeit zwischen einem Unternehmen und einem Startup nennen, das ihr vermittelt habt?

Wir haben fast 200 Projekte zwischen Unternehmen und Startups in verschiedenen Branchen und auf verschiedenen Kontinenten realisiert. Manchmal liegen die Innovationsthemen, auf die sich die Unternehmen konzentrieren, in Bereichen, die man nicht auf Anhieb erwarten würde.

Ein gutes Beispiel ist die Zusammenarbeit zwischen HP und dem New Yorker Startup Simplifyber im Jahr 2022. HP ist in erster Linie für seine Drucker und PCs bekannt. Doch das Unternehmen hat sich mit Simplifyber zusammengetan, um den enormen CO2-Fußabdruck der Modeindustrie zu bekämpfen. Das innovative Startup Simplifyber stellt nachhaltige und erschwingliche Kleidung her, indem es eine proprietäre Flüssigkeit aus Naturfasern in Formen injiziert. Dadurch entfällt das Spinnen, Weben, Zuschneiden und Nähen. Mitgründerin von Simplifyber ist die Modedesignerin Maria Intscher-Owrang, die bereits für große Luxusmarken wie Vera Wang und Alexander McQueen gearbeitet hat. Das Startup revolutioniert die Modeindustrie. In einem fünfmonatigen Pilotprojekt entwickelten HP und Simplfyber gemeinsam den weltweit ersten vollständig biologisch abbaubaren Schuh aus pflanzlichen Materialien. Dabei kombinierten sie die bahnbrechende Technologie von Simplifyber mit den fortschrittlichen 3D-Druckkapazitäten von HP.

Diese Zusammenarbeit zeigt nicht nur das Potenzial, Technologie mit Nachhaltigkeit zu verbinden, sondern unterstreicht auch die entscheidende Rolle solcher Partnerschaften bei der Bewältigung globaler Herausforderungen.

Diese Zusammenarbeit zeigt nicht nur das Potenzial, Technologie mit Nachhaltigkeit zu verbinden, sondern unterstreicht auch die entscheidende Rolle solcher Partnerschaften bei der Bewältigung globaler Herausforderungen. In einer Welt, in der Innovation unverzichtbar ist, zeigt diese Verschmelzung unterschiedlicher Ansätze, dass die wirkungsvollsten Lösungen oft aus überraschenden Kooperationen entstehen.

Welche Herausforderungen hast du in der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Startups erlebt?

Kooperationen zwischen Unternehmen und Startups bieten enormes Potenzial, bringen aber auch einige Herausforderungen mit sich – besonders in Deutschland. Während der Rest Europas, insbesondere Italien und die Benelux-Länder, bei Open Innovation boomt, hinkt Deutschland hinterher. Nur 57% der deutschen Unternehmen nehmen an solchen Partnerschaften teil, und alarmierenderweise bewerten weniger als 40% der Startups die Kooperationsmöglichkeiten mit etablierten Firmen positiv.

Wo liegen die größten Hürden?

Manchmal gleicht die Abstimmung der Ziele von Unternehmen und Startup einem Stille-Post-Spiel. Unternehmen müssen klar definieren, was sie erreichen wollen. Doch häufig wirken diese Ziele vage oder überambitioniert. Diese fehlende Übereinstimmung kann auf beiden Seiten zu Frustration führen, da Startups oft Mühe haben, Erwartungen zu erfüllen, die von Anfang an nicht klar kommuniziert wurden.

Ein weiteres Hindernis sind die bürokratischen Hürden, die große Organisationen oft bremsen. Selbst wenn Begeisterung für Innovation vorhanden ist, fühlt es sich manchmal wie ein Kampf an, die nötigen Genehmigungen und Ressourcen zu bekommen. Unternehmen können in langen Entscheidungsprozessen stecken bleiben, was die Agilität hemmt und Startups in einer Warteschleife hinhält. Hier kann eine neutrale dritte Partei einen großen Unterschied machen. Ein Vermittler kann die Kommunikation straffen, Ziele klären und sicherstellen, dass alle von Anfang an auf der gleichen Seite stehen.

Eine weitere Herausforderung ist die Ressourcenallokation. Viele Unternehmen äußern zwar den Wunsch, sich auf Venture Clienting einzulassen, sind aber oft nicht bereit, genügend dedizierte Ressourcen für diese Zusammenarbeit bereitzustellen. Darüber hinaus machen sich Unternehmen häufig Sorgen um geistiges Eigentum und vertrauliche Informationen, was zu einer Zurückhaltung beim Teilen wichtiger Erkenntnisse führt. Dieser Mangel an Transparenz kann Hindernisse schaffen, die eine effektive Zusammenarbeit behindern. Auch hier kann eine neutrale Partei als Vermittler fungieren, um rechtliche Bedenken zu klären und um Vertrauen und Transparenz zu schaffen. Wenn alle Parteien offen miteinander sprechen und sowohl Commitment als auch Ressourcen mitbringen, sind das die besten Voraussetzungen für eine fruchtbare Zusammenarbeit.

Vielen Dank für das Gespräch!


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