Warum Nischen-VCs die Zukunft gehört - Gastbeitrag

Noch immer hoffen viele VCs bei der Investmentwahl auf das nächste Einhorn. Doch es müssen nicht immer die größten Renditen sein, sagt unser Gastautor. Im Kleinen steckt oft mehr Potential als auf den ersten Blick ersichtlich ist.

Bei vielen Venture Capital Funds (VCs) gilt seit Jahren der Trend, riesige Summen in Start-ups zu stecken, in der Hoffnung auf immer höhere Renditen. Thematische Schwerpunkte waren dabei oft sekundär. Allerdings werden Gesellschaft und Wirtschaft immer komplexer und diverser. Für klassische VCs, die nach dem One-size-fits-all-Prinzip mehr in profitable Märkte als Ideen investieren, wird es immer schwerer, dem wirklich gerecht zu werden. Denn: Ein gutes Marktumfeld führt vielleicht kurzfristig zu schnellen Renditen, langfristig profitables Wachstum garantiert es aber nicht.

Das Potenzial der Nische

Im heutigen Venture Capital-Umfeld sollten wir nicht vergessen, dass Diversität auch Raum für Spezialisierung schafft. So wächst unter den VCs der Teil derer, die erkannt haben, dass in Nischen-Investments mehr Potenzial steckt, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Das hat zwei Gründe. Da ist zunächst einmal das Marktumfeld. Dieses ist oft deutlich kleiner als das von Hypethemen, jedoch auch deutlich weniger umkämpft. Der geringe Wettbewerb um Deals und Kapital für Finanzierungsrunden kann für beide Seiten zu günstigeren Konditionen und tieferen Beziehungen führen. Zudem begünstigt ein kleinerer Markt eine rasante Entwicklung: Wo weniger Konkurrenz ist, finden Unternehmen einen guten Nährboden, um schnell zu wachsen und sich im Markt zu etablieren.

Je größer die Synergien, desto fruchtbarer die Zusammenarbeit

Grundlage für eine solche Entwicklung ist in erster Linie eine gesunde Beziehung zwischen Investor:in und Gründer:in. Diese sollte nicht nur auf Kennzahlen fußen, sondern auf geteiltem Wissen, geteilten Erfahrungen oder - noch besser - einer geteilten Vision. Je tiefer das Branchenwissen auf Seite der Investor:innen, desto größer das Verständnis für zum Beispiel die Geschäftsidee oder markttypische Entwicklungen. Das wiederum führt zu fundierteren Entscheidungen sowie effektiverer Beratung. Doch Wissen allein ist nur die halbe Miete. Idealerweise teilen Gründer:innen und Investor:innen dieselbe Leidenschaft für ein Thema. Dies kann das Wachstum beschleunigen und die Lösung von Problemen begünstigen.

Bei Best Nights VC haben wir uns bewusst dafür entschieden, das Geschäftsfeld ausschließlich auf den Kultur- und Nightlifesektor zu beschränken. Dieser Ansatz hat den Vorteil, tiefer in den Bereich eintauchen zu können. Dadurch können wir einen echten Mehrwert bieten, der über attraktive Renditen hinausgeht. Um das zu ermöglichen, ist unser Team so zusammengestellt, dass es in der Kulturlandschaft wie in der Wirtschaft gleichermaßen beheimatet ist. Das ist auch bei Nischen-VCs in anderen Branchen keine Seltenheit.

Chancen abseits des Mainstreams

Generell sind Nischen-VCs oft sehr engmaschig vernetzt und untereinander im regelmäßigen Austausch. Das ermöglicht authentische Beziehungen unter Investor:innen und bietet eine unterstützende Umgebung für gemeinsames Lernen und Wachstum. All das sind gute Gründe, um das Potenzial zu nutzen, das in Nischen-Investments steckt. Wir sollten uns nicht von der Größe des adressierten Marktes blenden lassen und dem nächsten Einhorn hinterherrennen. Oft liegen die wirkungsvollsten Chancen abseits des Mainstreams.

Über den Autor:

Lorrain de Silva ist seit Ende 2021 Managing Director von Best Nights VC (BNVC), dem VCV von Jägermeister Mast. Der Berliner VC sucht nicht nach potenziellen Unicorns oder baut auf schnelle Renditen, sondern will mit Investitionen in Consumer Tech das Nachtleben nachhaltig mitgestalten. Mit seiner Erfahrung in den Bereichen Kultur, Start-ups, Finanzen und Beratung hat de Silva das globale Portfolio von BNVC mit Co-Investoren wie Y-Combinator und Lightspeed vorangetrieben. Neben seiner Tätigkeit bei BNVC ist de Silva auch als Berater für verschiedene Unternehmen tätig."