Diese sieben Tipps sollten Gründer bei der PR-Arbeit beachten

Die richtige Außendarstellung kann gerade in Krisensituationen entscheidend für den Erfolg eines Start-ups sein. Startbase hat mit fünf Experten gesprochen und die besten Tipps aufgeschrieben.

Es war ein LinkedIn-Eintrag, der neben all den üblichen Selbstbeweihräucherungen zunächst auffiel: Lena Jüngst, Mitgründerin des Aromaflaschen-Start-ups Air up, nahm zu einem kritischen Spiegel-Artikel Stellung. Die Journalisten hatten die Nachhaltigkeitsversprechen des Duftwasseranbieters unter die Lupe genommen und angezweifelt. Die Mitgründerin bedankt sich in ihrem LinkedIn Eintrag zunächst für „die Zeit und Mühe bei der Recherche.“ Sie würden sich stetig bemühen, nachhaltiger und transparenter zu werden. 

Soweit, so konstruktiv. Viele Nutzer des Karrierenetzwerks lobten die Offenheit der Gründerin. Doch es gab auch Gegenwind, vor allem wegen eines Satzes am Ende des Statements. Dort schreibt Jüngst nämlich, ihr Unternehmen sei gegen „persönliche und destruktive Kritik.“ Gleichzeitig soll die Gründerin laut des Spiegels einen Interviewtermin nicht wahrgenommen habe. Auch die schriftlichen Nachfragen habe Air up zunächst nicht beantworten wollen. 

Wie sich Start-ups in ähnlichen Situationen geschickter verhalten können – und was sie bei der Öffentlichkeitsarbeit beachten sollten, hat Startbase im Gespräch mit Kommunikationsexperten erfahren. Das sind die wichtigsten Tipps.

1. Nicht das Blaue vom Himmel versprechen

Kaum etwas ist peinlicher, als großspurig etwas zu versprechen und später zurückzurudern. Carina Goldschmid, Leiterin des Beratungsunternehmens „Startup Communication” rät deshalb dazu, in der Kommunikation nicht zu dick aufzutragen. Behauptungen wie „das nächste Amazon“ gingen oft nach hinten los, wenn es doch nicht so gut laufe wie erhofft. 

Auch zu vage Formulierungen, wie „ein Umsatz im hohen sechsstelligen Bereich“ seien keine kluge Taktik. „Viele Gründer unterschätzen die Möglichkeiten von Journalisten, auch eigenständig Geschäftszahlen herauszufinden“, sagt Goldschmid. Besser sei, Zahlen transparent zu kommunizieren und auf diese Weise das Narrativ nicht der Presse zu überlassen.

2. Transparent kommunizieren

Start-ups sollten nicht den Anschein erwecken, etwas verstecken zu wollen. Schlechte Geschäftszahlen oder ein geplatzter Deal? Dabei sei es ratsam, offen zu kommunizieren, rät Pola Moitroux, Expertin für Krisenkommunikation beim Kommunikations-Beratungsunternehmen Finsbury Glover Hering. „Deutschland ist bei disruptiven Geschäftsmodellen im Vergleich zu anderen Ländern skeptischer, deshalb sind Start-ups mehr in der Erklärungspflicht, um Vertrauen aufzubauen“, sagt sie. 

Sollte ein Start-up von einem Medium kritische Fragen zugesendet bekommen, sei es deshalb ratsam, nicht nur den Fragebogen zu beantworten, sondern dem Journalisten auch ein einordnendes Gespräch anzubieten – also ein Gespräch, aus dem nicht unbedingt zitiert werden soll. „Dadurch hat der Gründer die Möglichkeit, mit Journalisten offener zu sprechen und Zusammenhänge zu erläutern“, sagt die Krisenkommunikationsexpertin. Das lohne sich vor allem, wenn in den offiziellen schriftlichen Antworten aufgrund von Restriktionen nicht alles kommuniziert werden könne. 

„Es wirkt selbstsicherer, Fehler zuzugeben und Lösungen anzukündigen.“

Tijen Onaran, CEO Global Digital Women

Welche Strategie Start-ups bei kritischen Pressefragen auf keinen Fall fahren sollten, sei laut Unternehmerin Tijen Onaran die Salamitaktik. Was die Chefin des Beratungsunternehmens Global Digital Women damit meint: bei Nachfragen scheibchenweise die Wahrheit herausrücken. „Es wirkt selbstsicherer, Fehler zuzugeben und Lösungen anzukündigen.“

3. Bei negativer Berichterstattung ruhig bleiben

PR-Experte Marcus Prosch findet, es sei durchaus in Ordnung, kritische Berichterstattung nicht unkommentiert im Raum stehen zu lassen, auch in den sozialen Medien. Es sei der Job von Journalisten, zu hinterfragen. „Die Gründer sollten es allerdings auf LinkedIn, Facebook und Co bei einer knappen, sachlichen Klarstellung belassen und nicht öffentlich immer weiter nachlegen.“ Das führe zu nichts. „Sucht stattdessen lieber den direkten Kontakt und Dialog mit dem Autor und erörtert eure Sichtweise“, rät er den Gründern. Belehrungen oder gar Bedrohungen seien dabei ein „absolutes No Go.“ Schließlich seien Journalisten nicht der Verursacher von Problemen der Start-ups, sondern würden nur darüber berichten.

Kritik aushalten können – dazu rät auch Pola Moitroux von Finsbury Glover Hering. „Kritische und freie Berichterstattung ist ein hohes gesellschaftliches Gut. Auch Start-ups sollten hier lieber gelassen reagieren und nicht gleich mit einem Juristen drohen, wenn es nicht nur Beifall für das eigene Unternehmen gibt“, sagt die Krisenexpertin. Was medienrechtlich vielleicht durchsetzbar erscheine, könne auch schnell nach hinten losgehen und schlimmstenfalls in einem Shitstorm münden. 

Viel wichtiger sei es, mit den Mitarbeitern, Kunden und Investoren über die negative Berichterstattung zu sprechen. „Insbesondere für den engsten Kreis ist es schwer auszuhalten, wenn das Unternehmen öffentlich kritisiert wird“, so Moitroux. „Mitarbeitende werden vielleicht sogar von Freunden und Nachbarn darauf angesprochen.“ Gründer sollten mit ihnen daher offen über die Kritikpunkte diskutieren.

4. Sich ein gutes journalistisches Netzwerk aufbauen

Selbst mit Journalisten, die bisher dem eigenen Unternehmen kritisch gegenüberstanden, sollten Gründer den Kontakt aufrechthalten, rät Krisenkommunikationsexpertin Pola Moitroux. „Grundsätzlich ist es immer professioneller, sich dialogbereit zu zeigen. Verhärtete Fronten führen auch nicht zu einer wohlwollenden Berichterstattung“, sagt sie.

Auch unabhängig von Krisensituationen: Es ist immer sinnvoller, den direkten Kontakt zur Presse zu suchen, anstatt nur auf Anfragen zu reagieren. Das sagen gleich mehrere Kommunikationsexperten. So etwa Marcus Prosch. „Auch schon ohne einen konkreten Anlass sollten Gründer Journalisten kontaktieren“, sagt er. Natürlich sollten dabei nicht willkürlich Journalisten angesprochen werden, sondern diejenigen, die über die entsprechenden Themen regelmäßig berichten. Dadurch würden die Gründer im Hinterkopf bleiben und die Wahrscheinlichkeit, dass etwa über ein neues Produkt geschrieben werde, sei höher als bei einer Kaltakquise. 

5. Die richtigen Themen setzen

Zu viele Pressemitteilungen laufen irgendwann Gefahr, im Spamordner zu landen. Deshalb raten Kommunikationsexperten Start-ups dazu, gezielt Themen zu setzen. Kommunikationsstratege Marcus Prosch zufolge sei es hilfreich, sich als Gründer in die Journalisten hineinzuversetzen und sich dabei drei Fragen zu stellen: „Warum sollte über das Thema geschrieben werden? Was genau ist eigentlich das Alleinstellungsmerkmal? Und was macht diese Story so einzigartig?“ Hätte das Start-up dann die eigene Story entwickelt, sollte es sich gezielt an einen Journalisten wenden, der für dieses Thema Experte sei. „Manche Themen lassen sich aber auch gut breit streuen“, sagt er. Ein Beispiel dafür seien Finanzierungsrunden.

Ein weiterer Trick laut PR-Beraterin Julia Schössler: Themen einem Journalisten exklusiv anbieten. „Das ist dann für beide Seiten eine Win-Win-Situation“, so die Gründerin der PR-Agentur Schoesslers. 

6. Die eigene Person als Marke aufbauen

Was Start-ups von Großkonzernen unterscheidet: An der Spitze steht kein Vorstand, der in regelmäßigen Abständen ausgetauscht wird, sondern oft noch die Gründer und Gründerinnen selbst. Das mache Start-ups für Medien interessant, wie Unternehmerin Tijen Onaran weiß. 

Von Beginn an eine persönliche Marke aufbauen.

Tijen Onaran, CEO Global Digital Women

„Gründer und Gründerinnen sind oft interessante, unkonventionelle Persönlichkeiten“, sagt sie. Investoren würden in der Regel nicht nur wegen des spannenden Produkts in ein Start-up investieren, sondern auch wegen der Menschen dahinter. „Deshalb sollte man von Beginn an eine persönliche Marke aufbauen.“ Geeignet dazu seien die sozialen Medien. „Dort sollten Gründer und Gründerinnen keine reine Vertriebskommunikation betreiben, sondern als nahbare Person mit eigener Geschichte auftreten.“

Auch Carina Goldschmid, Chefin von „Startup Communication”, gibt diesen Tipp. „Start-ups sollten nicht nur über ihr Produkt kommunizieren – vor allem, wenn es noch einige Konkurrenten gibt, die etwas ähnliches machen.“ Stattdessen sollten sie auf ihre Motivation eingehen und erklären, warum sie gegründet haben. „Dabei ist es wichtig, die gesellschaftliche Relevanz des Start-ups herauszuarbeiten.“

7. Keine Amateure für die Öffentlichkeitsarbeit einstellen

Würden Gründer, wenn sie nicht gerade dafür qualifiziert sind, die IT ihres Unternehmens selbst erledigen? Eher nicht, vermutet PR-Beraterin Julia Schössler. Genauso sollten sie auch die Öffentlichkeitsarbeit nicht auf die leichte Schulter nehmen, mahnt sie. 

„Bereits im Business Plan sollten Gründer PR-Ausgaben berücksichtigen“, sagt sie. Denn wer kein Geld für öffentliche und interne Kommunikation ausgebe, spare am falschen Ende. Spätestens ab einer gewissen Größe sollten Start-ups einen Kommunikationsexperten einstellen oder eine Agentur mit der PR-Arbeit beauftragen. Das zahle sich spätestens bei der ersten kritischen Berichterstattung aus. Anders als die Gründer selbst hätten professionelle PR-Mitarbeiter mehr Distanz zum Unternehmen und könnten bedachter reagieren. 


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