Was Gründer über Insolvenzen wissen müssen

Nicht jede Idee funktioniert. Manchmal bleibt für Unternehmer dann nur der Schritt in die Insolvenz. Doch die bedeutet keinesfalls das Ende des eigenen Unternehmens – wenn man es richtig macht.

Kaum ein deutscher Politik beherrscht die Kunst der kontrollierten Empörung so gut wie FDP-Chef Christian Lindner und kaum eine Szene als eine Diskussion im nordrhein-westfälischen Landtag zeigt das besser.  2015 brach es aus Lindner, damals Fraktionsvorsitzender heraus. Ein Zwischenrufer hatte sich über die Insolvenz eines Unternehmens lustig gemacht, das Lindner als junger Mann gegründet hatte. Es folgte eine minutenlange Attacke auf den deutschen Umgang mit Unternehmensinsolvenzen, den Unterschied zu den USA und die Frage, inwieweit das alles den Gründergeist hierzulande behindere.

Lindner traf damals einen Nerv bei Menschen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Denn sich Schämen für die Insolvenz sei falsch, meint zum Beispiel Axel Bierbach. Der Insolvenzverwalter und Rechtsanwalt begleitet seit 20 Jahren Unternehmen in dieser schwierigen Phase, auch viele Start-ups. „Eine Insolvenz bietet grundsätzlich Chancen, Unternehmen können sich so von Altlasten lösen und einen Neuanfang wagen“, sagt er. Gerade jüngere Gründer würden mittlerweile auch anders ticken und seien im Zweifelsfall bereits, diesen harten, aber manchmal notwendigen Schritt zu gehen. 

Die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren sind aber  eng definiert, der Ablauf vorgegeben und der Ausweg nicht immer leicht. Ein Überblick über das, was Gründer wissen müssen.

Wann ist ein Unternehmen insolvent?

Im Prinzip gibt es zwei Gründe, aus denen eine Firma Insolvenz anmelden muss und einen, aus dem sie Insolvenz anmelden kann. Unumgänglich ist der Insolvenzantrag, wenn die Firma zahlungsunfähig oder überschuldet ist. 

Die Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn ein Unternehmen 10 Prozent oder mehr seiner fälligen Verpflichtungen länger als drei Wochen nicht bezahlen kann. Auch bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann ein Unternehmen Insolvenz beantragen, dies ist die dritte, optionale Möglichkeit. In diesem Fall ist der Zeitraum, in dem ein Unternehmen seine Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen kann, nicht ganz so klar geregelt. 

Die bilanzielle Überschuldung besteht dann, wenn das vorhandene Vermögen der Firma die Schulden nicht mehr deckt. Allerdings gibt es hier eine insolvenzrechtliche Einschränkung, die besonders für Start-ups interessant ist. „Wenn das Start-up für die nächsten zwölf Monate durchfinanziert ist, etwa über Zusagen von Investoren, dann ist die Überschuldung erst einmal unbeachtlich“, sagt Axel Bierbach. Denn gerade Start-ups hätten oft auf dem Papier eine furchtbare Bilanz, die aber wenig über den tatsächlichen Zustand aussagt.

Wie beantragt ein Unternehmen die Insolvenz?

Der Insolvenzantrag wird beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht. Das muss in der Regel spätestens drei Wochen geschehen, nachdem die Verantwortlichen das Problem erkannt haben. Ansonsten droht den Geschäftsführern ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung und die persönliche Haftung. „Wenn man sich nicht sicher ist, sollte man einen spezialisierten Berater ins Unternehmen holen“, empfiehlt Bierbach. Der könne rechtssicher feststellen, ob der Gang zum Gericht nötig ist oder nicht. 

Sollte ein Insolvenzgrund vorliegen, könnte die Geschäftsführung die Gesellschafter um Finanzierungshilfen bitten, mit Hinweis auf die ansonsten drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Lehnen diese ab und findet sich keine andere Lösung, muss der Antrag gestellt werden. 

Wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?

Es gibt zwei Spielarten des Insolvenzverfahrens. Beim Regelinsolvenzverfahren wird ein Insolvenzverwalter bestellt, beim Eigenverwaltungsverfahren bleibt das Management selbst am Ruder. allerdings überwacht von einem vom gericht bestellten Sachwalter. In jedem Fall hat das Verfahren aber zwei Ziele: Zuallererst die Ansprüche der Gläubiger zu bedienen und nach Möglichkeit das Unternehmen zu erhalten. 

Das Verfahren resultiert in einem von drei möglichen Ergebnissen. Wenn ein Insolvenzplan vorliegt, dann können sich alle Beteiligten darum bemühen, dass das Unternehmen in seiner bestehenden Form weiter besteht. Dazu legen entweder der Schuldner oder der Insolvenzverwalter einen Plan vor, der die Firma zurück auf solide Füße stellen soll. Wenn die Gläubiger und das Gericht diesem zustimmen, darf er umgesetzt werden. Im Idealfall kann die Firma dann nach einer gewissen Zeit einen neuen Anlauf starten.

Alternativ kann ein Insolvenzverfahren auch dazu führen, dass der Rechtsträger liquidiert wird, also das ursprüngliche Unternehmen aufgelöst, aber der Geschäftsbetrieb von anderen fortgeführt wird. Dann kauft ein anderes Unternehmen Teile des Unternehmensinhalts, etwa Patente, Produktionswerkzeuge, oder übernimmt Mitarbeiter. 

Im Extremfall kann es aber auch zu einer kompletten Liquidation kommen. Mit dieser wird das Unternehmen komplett abgewickelt, das Geschäft überhaupt nicht fortgeführt.

Wie gehen die meisten Start-ups mit Insolvenzen um? 

„Insolvenzpläne und Vollliquidationen sind im Start-up-Bereich eher selten“, erklärt Insolvenzverwalter Bierbach. Oft gehe es bei jungen Firmen darum, ein Produkt schnell auszureifen und eine gewisse Marktdurchdringung zu erreichen. Wenn so etwas scheitert, liegt das nicht selten auch an Streitigkeiten im Gesellschafterbereich. Dann lohnt sich laut Bierbach oft ein Asset Deal. „Die Gründer, eventuell mit einem Teil der alten oder mit neuen Investoren, kaufen wesentliche Assets aus der insolventen Gesellschaft heraus und führen das Unternehmen fort“, erklärt er. 

Erfahrungsgemäß gelinge ein solcher Deal gerade mit den Investoren oft sehr gut. Schwieriger zu befriedigende Gläubiger seien meist eher die Arbeitnehmer, die Vermieter oder externe Dienstleister. „Schwierig mit den Gesellschaftern wird es nur, wenn die den Eindruck haben, dass sich die Gründer nur einmal kurz schütteln und von ärgerlichen Altlasten befreien wollen“, so Bierbach.


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