Branche kritisiert Entwurf zur Cannabislegalisierung

Zu niedrige THC-Grenzen und schwer umzusetzende Altersvorgaben. Angesichts des geleakten Eckpunktepapier-Entwurfs fordern viele Start-ups deutlich Änderungen. 

Es ist, vorsichtig formuliert, alles etwas kompliziert in Sachen Cannabislegalisierung in Deutschland. Wann kommt sie, wie könnten die rechtlichen Rahmenbedingungen aussehen und wie ließe sich das alles am Ende auch umsetzen? Ein vergangene Woche geleaktes Eckpunktepapier aus dem Gesundheitsministerium, über das zuerst das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, soll all diese Fragen beantworten. Wenngleich sich viele Gründer freuen, dass eine Cannabislegalisierung damit immer näher rückt, sehen sie an einigen Stellen deutlichen Verbesserungsbedarf, wie eine kleine Umfrage von Startbase zeigt.

„Die gute Nachricht ist: Die Legalisierung kommt näher und die Bundesregierung ist auf dem Weg, das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten“, sagt Lars Möhring, CEO der Enua Pharma GmbH, zu Startbase. Da es sich bisher nur um ein Eckpunktepapier handelt, das auch noch nicht final ist, will er die einzelnen Punkte, genau wie viele andere Gründer, nur vorsichtig einordnen. „Der endgültige Gesetzesvorschlag sollte eine flächendeckende, sichere und nachhaltige Verfügbarkeit von Cannabis sicherstellen“, fordert er. Es sei daher absolut richtig, dass das Gesundheitsministerium Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel klassifizieren und auch einen Online-Handel ermöglichen möchte. 

Constantin von der Groeben ist Co-Gründer und Geschäftsführer von Demacan. (Foto: Demacan)

Besonders kritisieren viele Vertreter der Branche aber den vorgeschlagenen THC-Anteil. Laut aktuellem Entwurf darf Cannabis in Deutschland nur 15 Prozent dieses Wirkstoffes enthalten. Beim Verkauf an Personen zwischen 18 und 21 Jahren sollen es nur höchstens zehn Prozent sein. 

15 Prozent lägen zum Großteil unter dem, was bisher in medizinischem Cannabis enthalten ist, sagt Florian Wesemann vom Start-up Nowomed, das sich auf alternative Medizin mit Cannabinoiden konzentriert. „Das bedeutet, dass die Therapie mit hohem THC-Gehalt, zum Beispiel mit Präparaten mit bis zu 25 Prozent, in medizinischer Hand bleiben würde“, erläutert er. So lasse sich der Schwarzmarkt nicht effektiv eindämmen.

Auch Constantin von der Groeben, Co-Gründer und Geschäftsführer von Demacan, einem Hersteller von medizinischen Cannabis, kann mit der THC-Obergrenze nichts anfangen. Er halte sie „schlicht für unpraktikabel“, sagt er. Auch Lars Müller, Gründer von Synbiotic, hält die wohl geplante THC-Obergrenze für zu gering. Der Schwarzmarkt würde sich sonst auf stärker dosiertes Cannabis konzentrieren, befürchtet er.

Positiv bewertet Müller, dass der Hanf zukünftig auch in Deutschland produziert werden soll. „Wir hoffen, dass es langfristig auf ein deutsches Reinheitsgebot für Cannabis hinauslaufen wird, unabhängig davon, ob die Ware nun aus heimischer Produktion stammt oder irgendwann auch aus dem Ausland importiert werden darf.”

Niklas Kouparanis ist Mitgründer und CEO der Bloomwell Group. (Foto: Detlef Gottwald)

Lars Möhring hingegen warnt davor, nur in Deutschland angebautes Cannabis anzuerkennen. „Im Moment baut Deutschland lediglich bis zu vier Tonnen für medizinische Zwecke an. Dadurch wird nicht einmal der jährliche Bedarf für die rund 300.000 Patient:innen annähernd gedeckt“, sagt er. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass durch die Legalisierung rund fünf Millionen zusätzliche Nutzer Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften einkaufen werden.  

In der Branche umstritten ist auch die Altersgrenze für den THC-Wert, die das Gesundheitsministerium offenbar einziehen möchte. Gerade für junge Erwachsene unter 25 Jahren seien die negativen Auswirkungen auf die Hirnentwicklung bei Cannabiskonsum zu beachten, sagt Florian Wesemann von Nowomed. Eine separate THC-Grenze von zehn Prozent für 18- bis 21-Jährige hält er aber für schwer umsetz- und überprüfbar. „Sollte diese Regelung so kommen, birgt sie aus meiner Sicht ein hohes Missbrauchspotenzial“, sagt er. Auch andere Gründer halten sie für zu kompliziert.

Doch neben all den Details gilt es zuallererst zu klären, ob die Legalisierungspläne der Bundesregierung überhaupt rechtlich möglich sind. „Deutschland interpretiert die Cannabislegalisierung als konform mit internationalem und europäischem Recht“, sagt Niklas Kouparanis, Mitgründer und CEO der Bloomwell Group. „Ob ein Gesetzesentwurf überhaupt in die Wege geleitet wird, steht und fällt damit, dass die Europäische Kommission diese Auffassung teilt.“ Das Eckpunktepapier müsse in der finalen Fassung noch nachgebessert werden. 


Like it? Please spread the word:

FYI: English edition available

Hello my friend, have you been stranded on the German edition of Startbase? At least your browser tells us, that you do not speak German - so maybe you would like to switch to the English edition instead?

Go to English edition

FYI: Deutsche Edition verfügbar

Hallo mein Freund, du befindest dich auf der Englischen Edition der Startbase und laut deinem Browser sprichst du eigentlich auch Deutsch. Magst du die Sprache wechseln?

Deutsche Edition öffnen

Vielleicht auch interessant:

Ähnliche Beiträge