Dieses Start-up will das Handwerker-Problem lösen – mit einer App und Übersetzungen

Jonas Stamm zieht gerade das Jobportal Crafthunt hoch. Umsätze macht es noch nicht, doch gibt es schon tausende Anmeldungen von wechselwilligen Handwerkern. Interessant ist, wo die herkommen.

Jonas Stamm ist so norddeutsch, dass man es nicht überhören kann. ‘Joa, ich erzähl ma wie das angefangen hat, nei’, sagt er und kurz klingt es nach Hafen, Kutter, Meeresrauschen. Dabei hat das neue Start-up, das Seriengründer Stamm gerade aufzieht, so gar nichts mit der Freiheit der Ozeane zu tun, sondern klingt dem Namen nach eher nach Wald, Waffe und Pirsch. Crafthunft heißt die App, die der Gründer aus Schleswig-Holstein gerade aufzieht, und die unglückliche Handwerker mit neuen Firmen verbinden soll – und das möglichst so, dass der aktuelle Chef davon nichts mitbekommt. 

Mehr als 8.000 Anmeldungen hat das Start-up in nur wenigen Monaten eingesammelt. Allen voran Zimmerer, Maler, Maurer und Straßenarbeiter haben sich die App heruntergeladen, einen Fragebogen ausgefüllt und sind aktiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Unternehmen sehen dann, dass beispielsweise ein Maurermeister zwischen 25 und 35 Jahren in der Nähe von Hamburg mit besonders viel Erfahrungen beim Verdichten des Betons einen Job sucht, und können ihn direkt anschreiben. So soll der eigene Chef nichts von den Jobgesuchen mitbekommen, anders als bei einem klassischen Jobportal. 

Tausende Handwerker in ganz Deutschland fehlen

Das Start-up trifft mit seiner Lösung auf ein Problem, das in den vergangenen Jahren immer größer wurde: den Fachkräftemangel. Der setzt der deutschen Wirtschaft mittlerweile so stark zu, dass nahezu in jeder Branche händeringend nach talentierten oder auch untalentierten Mitarbeitern gesucht wird. Unternehmen, das ist klar, sind längst nicht mehr am längeren Hebel. Bei Handwerkern zeigt sich das Problem schon daran, dass bei Umzügen, Renovierungen oder Umbauten selten einer zur Stelle ist. Eine Studie des Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, kurz Kofa, zeigt, dass bereits 2020 rund 65.000 Handwerker fehlten, im vergangenen Jahr waren es sogar fast 90.000. 

„Wir wollen der große Platz sein, an dem alle Handwerker sich treffen”

Jonas Stamm über die Vision von Crafthunt

Ausgerechnet Crafthunt könnte mit seiner App einen Beitrag dazu leisten, dass diese Zahl sinkt. Denn besonders spannend an den ersten 8.000 Anmeldungen ist, woher diese kamen: Gerade einmal ein Drittel der Handwerker kommt aus Deutschland, der Rest verteilt sich quer über Europa. Insbesondere aus Osteuropa haben sich Gründer Stamm zufolge viele in der App registriert und sind nun auf der Suche nach neuen Arbeitgebern. „Wir sehen total viele Handwerker, die jetzt in Polen sind, aber beispielsweise Berlin als Wunschstandort angegeben haben”, sagt Stamm. Um dies zu vermitteln, will Crafthunt auch ein Forum aufbauen, in dem sich Handwerker aus ganz Europa unabhängig vom Jobwechsel austauschen können, beispielsweise zur Frage, wie man sich in Großbritannien selbstständig macht oder was ein angemessener Lohn für eine gewisse Tätigkeit sei. „Wir wollen der große Platz sein, an dem alle Handwerker sich treffen”, sagt Stamm. 

Crafthunt ist auf der Suche nach Investor

Das ist allerdings noch Zukunftsmusik. Bisher sind die Zahlen auf der Webseite der Vermittlungen bescheiden, wie auch Stamm auf Nachfrage einräumt. 188 Gespräche hätten die über 8.000 Handwerker dort mit den gerade einmal 300 Unternehmen angefangen, die es bisher in die App geschafft haben. „Dafür, dass wir bei Unternehmen noch keine Werbung gemacht haben und die App noch nicht vermarkten, sind die Zahlen gut”, sagt Stamm. Aus wie vielen der 188 Gesprächen wiederum Verträge geworden sind, das kann er noch nicht sagen, weil dem Start-up noch das Tracking dafür fehlt – und daran hängt gewissermaßen auch das Geschäftsmodell. 

Jonas Stamm (l.) hat Crafthunt gegründet. (Foto: Crafthunt)

Denn Geld verdienen wollen sie eines Tages damit, dass Unternehmen und Mitarbeiter den Vertrag direkt über die App abschließen und unterschreiben. Dazu will Stamm die Verträge aufgrund der hohen Anzahl an ausländischen Bewerbern auch noch übersetzen und vereinfachen, damit die Handwerker wissen, was sie dort unterschreiben. Für diesen Service will Crafthunt eine Provision nehmen. Wie hoch die ausfallen soll, steht noch nicht fest, sie dürfte sich aber prozentual an der Höhe des künftig gezahlten Lohns orientieren, lässt Stamm durchblicken. 

„Wir führen derzeit viele Gespräche in der Woche. Mal schauen, wer das beste Angebot macht.”

Jonas Stamm über die Investorensuche

Damit sich das Provisionsgeschäft lohnt, muss das Unternehmen wachsen, das ist Stamm bewusst. Noch dieses Jahr will er 14.000 Handwerker auf die Seite bekommen, im kommenden Jahr dann 40.000 und auch mehr Unternehmen begeistern. Denn ein Jobportal ohne Jobs, das geht halt nicht. 150.000 Euro monatlicher Umsatz sind für kommendes Jahr dann angepeilt, was aufs Jahr gerechnet fast zwei Millionen Euro wären. Helfen soll dem Wachstum derweil ein VC. In Gesprächen sei Crafthunt schon, entschieden sei aber noch nichts, sagt Stamm. „Wir führen derzeit viele Gespräche in der Woche. Mal schauen, wer das beste Angebot macht.”


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