Informed will das Nachrichtengeschäft revolutionieren

Mit seiner App bietet das Start-up Zugang zu handverlesenen Inhalten internationaler Medien. Ein erster Testlauf startet nun in der Ukraine.

Die Bezeichnung „Fake News“ hat eine für das Internetzeitalter typische Tempo-Transformation durchlaufen. Einst meinte er eigentlich einfach nur Falschnachrichten, mit der Zeit wurde er aber zu einem Kampfbegriff. Besonders der frühere US-Präsident Donald Trump schmiss leidenschaftlich damit um sich und bezeichnete im Kern jede Berichterstattung, die ihm nicht passte, so.

Das ist durchaus eine dramatische Entwicklung, denn das Problem von Falschnachrichten ist groß. Das britische Softwareunternehmen Avast gab vergangenes Jahr eine Umfrage in Auftrag, in der knapp die Hälfte der Befragten mitteilte, schon einmal mit Fake News in den sozialen Netzwerken konfrontiert worden zu sein. Bei den 18-24-Jährigen waren es sogar 67 Prozent.

„Ein Problem ist, dass wir einerseits von Nachrichten überrollt werden und kaum unterscheiden können, was seriös ist und was nicht“, meint Benjamin Mateev. Er war früher Chefentwickler bei Wunderlist, später bei Microsoft. „Dazu kommt, dass man beim Versuch, seriöse Nachrichtenquellen anzusteuern, oft an Paywalls hängenbleibt“. Mateev will das mit seinem Start-up Informed ändern. Es wäre ein Angebot, über das sich gerade junge Menschen freuen dürften. Denn sie haben oft kein Geld für zahlreiche Einzelabos übrig. Jetzt müssen nur noch genügend Verlage mit Mateevs Start-up mitmachen.

Gegründet hat er das Unternehmen vergangenes Jahr gemeinsam mit dem Journalisten Martin Kaelble und dem früheren Spotify-Manager Axel Bard Bringéus. „Martin bringt die journalistische Perspektive ein, Axel ist der Business-Experte und ich habe die Erfahrung beim Bau von Softwareanwendungen“, erläutert Mateev.

Die Idee hinter Informed ist simpel: Mit einem Abo sollen die Nutzer Zugang zu Artikeln diverser Publikationen bekommen, etwa der New York Times, der Washington Post, der Financial Times, des Guardians oder Economists. Diese Nachrichten werden dann kuratiert, nicht von Algorithmen, sondern von Menschen. So soll es auch sogenannte „Deep Dives“ in bestimmte Themenfelder geben. Ein journalistisches Beratergremium entscheidet, welche Inhalte bei Informed aufgenommen werden. 

Die Idee, journalistische Inhalte von verschiedenen Verlagen auf einer Plattform zu bündeln, ist nicht neu. Newsaggregatoren, in denen Texte verschiedener Publikationen zusammenlaufen, gibt es bereits einige, etwa das Angebot von Upday von Axel Springer. Einen richtigen Durchbruch hatten diese bisher nicht. „Die setzen mehr auf den Algorithmus, als wir das tun“, sagt Mateev. „Wir glauben, dass unsere Kuratoren die Blasenbildung verhindern und mehr verschiedene Perspektiven anbieten können.“ Auch von Angeboten wie dem Nachrichtenshop Blendle wollen sich die Informed-Macher abgrenzen. Statt Mikro-Payments für jeden Artikel soll es ein Abomodell geben. „So sind die Ausgaben besser kalkulierbar“, sagt der Informed-CEO. Mateev will dazu Kooperationsverträge mit den einzelnen Verlagen abschließen. Wie teuer das Abo am Ende für Endkunden sein wird, da ist sich der Gründer noch nicht sicher, es soll sich etwa im Bereich von Angeboten wie Spotify oder Netflix bewegen.

Fünf Millionen Euro hat das Start-up jüngst für die Umsetzung seiner Idee eingesammelt, unter anderem von HV Capital und 468 Capital. Der Marktstart war eigentlich für das Jahresende geplant, doch die Weltlage hat das Unternehmen nun zu einem früheren Feldversuch gebracht. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine schob Informed das Projekt „Ukrainian Voices“ an. Sechs Fachleute für das osteuropäische Land veröffentlichen nun über Informed bereits regelmäßig Artikelsammlungen zur Lage vor Ort. Darunter sind unter anderem Iuliia Mendel, die ehemalige Pressesprecherin des Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, und Tatjana Kiel, CEO von Klitschko Ventures, dem Unternehmen der beiden ehemaligen Profiboxer.

„Die Prozesse scheinen zu funktionieren, gleichzeitig ist unsere Waitlist gewachsen“, sagt Mateev. „Da kommen wir gerade auf eine hohe vierstellige Zahl an Interessierten“.

Mit dem Start im Herbst sollen dann vor allem junge Menschen angesprochen werden, Informed hat die Generationen Y und Z im Auge. Diese seien am Ehesten diejenigen, die Nachrichten aus vielen verschiedenen Quellen konsumieren, aber nicht bereit oder in der Lage seien, ein halbes Dutzend Einzel-Abos abzuschließen. Diese Gruppe sei auch für die Verlage oft eher unerschlossen, was für diese der Grund sei, mit Informed zu kooperieren. „Und gerade für die angelsächsischen Medien sind europäische Märkte oft eher wenig abgedeckt, weswegen unser Angebot zum Beispiel für die New York Times interessant ist“, sagt Mateev. Mittelfristig will er das Angebot auf weitere, auch deutsche Verlage, erweitern. „Wir schauen explizit auch auf jüngere Angebote, die neue Perspektiven eröffnen.“ 


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