So bewerten Gründer das Cannabis-Eckpunktepapier

Die Befürchtungen in der Branche, wie genau ein Cannabis-Vertrieb in Deutschland aussehen könnte, waren groß. Der vorgelegte Entwurf zur weiteren Abstimmung stößt nun auf viel Zustimmung – doch es bleiben einige entscheidende Fragen offen. 

So, wie es aktuell aussieht, werden Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) künftig nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft. Produktion, Lieferung und Vertrieb werden innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens zugelassen, schreibt das Ministerium. Die zulässige Höchstmenge pro Person soll bei 20 bis 30 Gramm liegen – und das unabhängig vom THC-Wert. Im vorläufigen Papier war noch von einer THC-Grenze von zehn Prozent für 18- bis 21-Jährige die Rede. Die scheint zwar erstmal vom Tisch zu sein, laut Kabinettsvorlage soll eine solche Obergrenze für diese Altersgruppe aber noch einmal geprüft werden. 

Gründer hoffen auf gute Geschäfte

Lars Müller ist CEO von Synbiotic. (Foto: Synbiotic)

„Die Details des Eckpunktepapiers zeigen, dass die Legalisierung allmählich Form annimmt. Wenn es so kommt, kann sie den Schwarzmarkt zurückdrängen und endlich auch den Verbraucherschutz gewährleisten“, schätzt Synbiotic-Gründer Lars Müller den Entwurf ein. Aus Branchensicht seien die Pläne des Gesundheitsministers zu begrüßen. „Wird es so umgesetzt, wird die deutsche Wirtschaft davon profitieren können“, gibt sich Müller überzeugt. 

Er sieht bereits die Chancen für sein Start-up. Die geplanten Regelungen seien für Synbiotic fast wie ein Lottogewinn, sagt er. „Wenn es so weit ist, werden wir neben unseren eigenen Läden Franchise-ähnliche Modelle für Cannabis-Stores anbieten können.“

Auch Jakob Sons, Mitgründer und Geschäftsführer von Cansativa, sieht das Papier grundsätzlich positiv. „Wir sind sehr glücklich, dass das Eckpunktepapier nun wie erwartet veröffentlicht wurde“, sagt er in einem Videokommentar. Es sei ein wichtiges Zeichen, dass sich die Politik in Sachen Cannabis-Regulierung nun ändern werde. Kritische sieht sein Unternehmen aber die Regelungen für Lieferung, Produktion und Vertrieb. Der Cannabis-Bedarf könnte einen rein nationalen Anbau nicht gedeckt werden, teilt das Start-up mit. Es sei wichtig den Import von Cannabis nach Deutschland zu ermöglichen. „Es wird eine gewisse Vorlaufzeit sowie größere Investitionen nötig sein, um eine funktionierende und sichere Infrastruktur aufzubauen und langfristig gewährleisten zu können.“

Werbeverbot ist umstritten 

Benedikt und Jakob Sons haben Cansativa gemeinsam gegründet. (Foto: Cansativa)

Die grundsätzliche Freude teilt zwar auch Finn Hänsel, Gründer und CEO des Berliner Cannabis-Unternehmens Sanity Group. Dennoch würden einige entscheidende Hürden nicht abgebaut werden, etwa bei der Kostenerstattung für medizinisches Cannabis. Das Start-up befürchtet nun, dass sich Patienten mit Genusscannabis ohne ärztliche Beratung versuchen, selbst zu therapieren. 

Kritisch sieht Hänsel zudem, dass derzeit kein Versandhandel vorgesehen ist. Der Verkauf soll lediglich in lizenzierten Fachgeschäften und eventuell Apotheken stattfinden. Gerade der Onlinehandel könnte aber einen großen Beitrag zur Verdrängung des illegalen Markts leisten, da nur damit auch ländliche Regionen bedient werden könnten, sagt der Gründer. Zudem bemängelt er, dass die Bundesregierung laut dem Papier nur Darreichungsformen zum Rauchen, Inhalieren, zur nasalen und oralen Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays und Tropfen erlauben will. Sogenannte Edibles, also Lebensmittel, denen Cannabis-Extrakte beigefügt werden, fehlen. „Durch die Einschränkung der Darreichungsformen gibt man dem illegalen Markt ein Einfallstor, zukünftig vermehrt Edibles anzubieten“, sagt Hänsel. 

Finn Hänsel ist Gründer und Geschäftsführer der Sanity Group. (Foto: Sanity Group/Maximilian König)

Auch mit dem Werbeverbot tun sich einige Gründer schwer. Produktinformationen seien unerlässlich für Aufklärung und Entstigmatisierung. „Es entwickelt sich ein komplett neuer legaler Markt, in dem sich Konsument:innen verantwortungsbewusst orientieren müssen“, sagt Hänsel. Auch Cansativa stört man sich an dem Werbeverbot. „Ein generelles Werbeverbot wird den Verbraucher und Gesundheitsschutz nicht gerecht“, teilt das Unternehmen mit. Cannabis als Produkt lasse sich nicht auf seinen THC- und CBD-Gehalt reduzieren, sondern sei extrem vielseitig mit all seinen Bestandteilen und Eigenschaften.

Noch unklar bleibt indes, in welchem rechtlichen Rahmen die Legalisierung am Ende gegossen werden soll. „Völkerrechtlich stehen drei Übereinkommen im Mittelpunkt, die den Umgang mit Suchtstoffen wie Cannabis klar limitieren“, heißt es dazu auch im Eckpunktepapier. Dieser Rahmen biete, „begrenzte Optionen, das Koalitionsvorhaben umzusetzen“. Auch Niklas Kouparanis, Mitgründer und CEO der Frankfurter Bloomwell Gruppe, sieht die rechtlichen Aspekte kritisch. „Das größte Fragezeichen beim vorliegenden Eckpunktepapier ist und bleibt die Interpretation durch die Europäische Kommission“, sagt er. „Ein Scheitern des jetzigen Vorhabens auf EU-Ebene darf nicht als Ausrede für die Bundesregierung herhalten. Sie braucht einen Plan B.“


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