„Das Gründen für Menschen unter 18 Jahren muss einfacher werden”
Eike Czada ist Schüler und Seriengründer. Im Interview spricht er über die Hürden, unter 18 Jahren zu gründen, Unternehmertum in der Schule und seine Zukunftspläne.
Einen Termin mit Eike Czada gibt es nur am Nachmittag. Wie viele Gründer, hat er viel zu tun. Dass es aber meist nur Nachmittags kann, hat einen anderen Grund: Eike Czada ist 18 Jahre alt, noch Schüler, besucht die Oberstufe auf einem Gymnasium. Von Morgens bis meist Nachmittags sitzt er dort in Fächern wie Deutsch, Mathematik oder Sport. Abends zieht er sein Unternehmen auf und das komplett auf eigene Kosten.
Herr Czada, Sie haben mit 16 Jahren Ihr erstes Unternehmen gegründet. Wie kommt man denn auf sowas?
Ich habe mich schon ganz früh, mit 12 oder 13 Jahren ausprobiert, habe viele Bücher gelesen und mir auch ein wenig das Programmieren beigebracht. Ich bin auf den Podcast „Kein Limit“ von den Gründern von Simpleclub gestoßen, in welchem sie das Thema Unternehmertum in einer Folge explizit behandelt haben und ihre Engagement bei „Start-up Teens“ erklärt haben. Das habe ich mir dann angesehen.
Start-up-Teens will jungen Menschen das Unternehmertum und Gründen näher bringen, dazu helfen, Ideen umzusetzen. Welche hatten Sie?
Ich hatte immer eine Idee, die ich nicht umgesetzt hatte. Ich wollte eine App bauen, die Sportpartner oder Sportgruppen, die sich noch nicht kennen, miteinander vernetzt. Ich habe dann einen Freund gefragt, ob er das nicht mir machen will. Ich hatte mir bis dahin ein wenig programmieren beigebracht, aber im Nachhinein muss man sagen: ich konnte eigentlich nichts. Wir hatten keine Macbooks, keine zeitlichen Ressourcen. Nach neun Monaten hatten wir dann aber eine Code-Struktur und einen Businessplan.
Klingt, als hätten Sie skaliert.
Im Gegenteil: Wir haben die App wieder eingestellt. Wir hatten die zuvor immer weiter ausgebaut und viel zu wenig getestet. Wir haben uns immer daran orientiert, was wir gut fanden und nicht andere. Wir haben dann gemerkt, dass die komplette Struktur nicht funktioniert und das Projekt eingestellt.
Was ist das für ein Gefühl, mit 15 Jahren sein erstes Unternehmen zu beerdigen?
Das ist natürlich kein schönes Gefühl. Aber ich habe in dem Projekt gemerkt, was mir gefallen hat, was mir Spaß macht. Das ist insbesondere das Verkaufen und der Vertrieb, sich mit Menschen connecten. Das hat mich dann motiviert, mein zweites Unternehmen zu gründen: Czada Marketing. Eine Marketing- und Beratungsagentur für kleine und mittelständige Unternehmen, welche sich insbesondere auf junge Zielgruppen fokussiert haben.
Ich habe zwei Monate gebraucht, um den ersten Kunden überhaupt zu gewinnen und vier Monate, um das erste Mal Geld zu verdienen.
Eike Czada, Gründer von Czada Marketing
Wie gewinnt man als 16-Jähriger Kunden?
Nur schwerlich. Ich musste einigen Unternehmen anbieten, pro bono zu arbeiten, andere haben mich nur belächelt. Ich bin ja noch ein Schüler. Ich habe zwei Monate gebraucht, um den ersten Kunden überhaupt zu gewinnen und vier Monate, um das erste Mal Geld zu verdienen. Dann wurde es aber auch lukrativ.
Czada Marketing war ein eigenständiges Unternehmen. Wie läuft das ab, wenn man noch nicht 18 Jahre und damit volljährig ist?
Es ist leider in jeder Region Deutschlands unterschiedlich, was es schon schwierig macht. Bei mir in Darmstadt brauchte ich einen amtlichen Beschluss fürs Familiengericht darüber, dass ich geschäftstauglich bin. Dafür braucht es die Zeugnisse, Statements der Lehrer, Unterschriften der Eltern und einen Businessplan. Andere mussten aber auch schon vollständige Finanz– und Zeitpläne vorliegen. Mich hat das damals mehrere Wochen gekostet. Anderthalb Monate später hatte ich den Beschluss, bin zum Gewerbeamt und durfte gründen – und theoretisch auch Mitarbeiter einstellen oder ein Büro anmieten.
Das klingt in der Tat sehr aufwendig.
Ich hatte Glück, dass mir die Behörden in Darmstadt sehr bei allem geholfen haben.Viele andere in meinem Alter brauchen acht oder zwölf Monate, um einen solchen Beschluss zu bekommen. Das hängt dann entweder in den Behörden fest, oder aber es gibt zahlreiche Gespräche mit den Eltern. In denen wollen die Ämter klären, ob es wirklich klug ist, dass jemand, der noch nicht 18 Jahre alt ist, gründet. Teilweise ziehen sich solche Gesprächstermine über Monate, dabei bringen sie überhaupt nichts.
Warum glauben Sie das?
Wenn jemand mit 16 Jahren sich die Mühe macht, sich eine Geschäftsidee zu überlegen und dann Wochen damit verbringt, einen Businessplan aufzustellen, dazu auch noch sein Zeitmanagement zwischen Schule und Geschäft regelt, dann ist derjenige bereit. Solche Gespräche halten die Jugendlichen nicht ab, sie behindern sie nur. Das muss in Deutschland vereinfacht werden, damit sich mehr junge Menschen früh trauen zu gründen.
Unterricht übers Gründen braucht es nicht, denn Lehrer sind eben Lehrer – die wissen ja gar nicht, wie das geht.
Eike Czada, Gründer Twentyone Studios
Hätten Sie sich mehr Unterstützung von der Schule gewünscht?
Bei wichtigen Geschäftsterminen stellt mich die Schule für einige Stunden frei, das erwarte ich auch und das hilft mir sehr. Aber ich würde mich wünschen, dass die Schule mehr für das Thema Unternehmertum sensibilisiert. Beispielsweise im PoWi-Unterricht (Politik- und Wirtschaftsunterricht, Anmerkung der Redaktion) lernen wir viel über andere Bereiche und das Studium, das ist super, aber über Unternehmertum haben wir kein einziges Mal gesprochen. Das finde ich ein wenig traurig. Unterricht übers Gründen braucht es dabei nicht, denn Lehrer sind eben Lehrer – die wissen ja gar nicht, wie das geht. Aber die Sensibilisierung für Unternehmertum fände ich gut.
Und was sagen die Mitschüler dazu, wenn Sie mal wieder für einen Außentermin entschuldigt sind?
Mittlerweile finden die das echt cool und freuen sich auch für mich. Ich bin in der Oberstufe viel mit Leuten unterwegs, die karrieretechnisch auch etwas erreichen wollen und bin ich auch eine Inspiration für die, das wird mir oft widergespiegelt. Das hat sich allerdings gedreht, denn am Anfang gab es viel Spott und Häme. Als es dann aber klappte und ich Geld verdiente, wurden solche Töne leiser, heute existieren sie nicht mehr.
Sie werden Czada Marketing bald abmelden und haben stattdessen Twentyone Studios mit Ihrem Geschäftspartner Jan Michalczonek gegründet. Dort bündeln Sie einen Digitalisierungsanbieter wie auch einen Bereich für die Zusammenarbeit mit anderen Start-ups. Wie kriegen Sie das mit der Schule unter einen Hut?
Ich bin jeden Tag in der Schule und arbeite, wenn ich nach Hause komme und dann meist bis 22 Uhr. Einmal in der Woche habe ich mir zudem vorgenommen, etwas mit Freunden zu machen, meist Freitag- oder Samstagabend. Ansonsten haben meine Mitgründer und ich die meisten Tätigkeiten an freie Mitarbeiter im Hintergrund ausgelagert. Das heißt, ich bin vor allen Dingen für den Kundenkontakt und den Vertrieb zuständig und trage natürlich die Verantwortung. Das ist zwar ein ordentliches Pensum, aber ich schaffe das gut neben der Schule.
Aktuell sind Sie bootstrapped, bezahlen also alles aus eigener Tasche. Wann kommen die Investoren dazu?
Das ist langfristig auf jeden Fall ein Ziel von uns. Aktuell lohnt es sich aber nicht, weil keines unserer aktuellen Produkte wirklich schnell skalierbar ist. Wir bewegen uns mehr auf einem Mittelweg zwischen Agentur und Start-up. „Wenn wir aber ein komplett neues und innovatives Produkt entwickeln, das dann auch in einem bestimmten Markt etabliert werden muss, dann kann ich mir schon vorstellen, auch Kapital von VCs zu beziehen.“
Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person: Eike Czada ist Seriengründer, hat als Schüler bereits eine Marketingagentur gegründet und strebt nun an, neue Produkte mit dem Charakter einer Weltneuheit zu entwickeln. Dafür kann er sich langfristig auch das Investment eines VCs vorstellen.
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