„Wir haben 100 Millionen adressierbare Nutzer”

Das Mobilitäts-Start-up Ryd setzt auf Kooperationen statt Alleingang. Im Interview spricht Chefin Sandra Dax über die Pläne. 

Ryd heißt das Start-up, das Bezahlen am Tankstellenschalter abschaffen will. Wobei abschaffen falsch wäre: Sie wollen es digitalisieren. Der Kunde oder die Kundin sollen mit der App des Start-ups ihre Tankrechnung direkt aus dem Auto heraus bezahlen, ohne extra in den Shop gehen zu müssen. Mastercard und BP glauben an diese Idee. Das dürfte auch an der ungewöhnlichen Strategie des Start-ups liegen. 

Frau Dax, Tankstellen machen einen guten Teil ihrer Marge im Shop. Sie wollen verhindern, dass die Leute das Auto verlassen. Machen Sie sich Feinde? 

Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Tankstellenbesitzer sind unsere Partner und damit unsere Freunde. Ja, wir wollen, dass die Menschen nicht mehr für den reinen Bezahlvorgang in die Tankstelle gehen müssen. Aber wir haben Studien erstellt und die zeigen deutlich, dass der Umsatz in einem Tankstellenshop nicht nach unten geht, nur weil die Leute unsere App nutzen. Unsere Tankstellenpartner bestätigen das. Wer etwas kaufen will, geht trotzdem in den Shop, der Rest muss sich aber nicht mehr in der Schlange anstellen. Wir können dank unserer Daten zudem sehen, wann welche Tankstelle voll ist und Nutzern zum Beispiel einen anderen Zeitpunkt empfehlen. 

Wie viele Nutzer konnten sie bisher überzeugen? 

Wir haben 100 Millionen adressierbare Nutzer. 

Das klingt gigantisch viel. Aber was bedeutet in dem Fall „adressierbar”? 

Autofahrer können mit Ryd zum einen über unsere eigene Ryd app bezahlen. Zum anderen kann Ryd auch über Drittanbieter genutzt werden. Durch die Integration in anderen Apps, beispielsweise Navigationsgeräte, beziehungsweise als Zahlungsmittel für In-Car Payment über das Infotainmentsystem des Autos, erreichen wir, zusammen mit unseren Partner, über 100 Millionen Nutzer.  

So konkurrieren Sie gewissermaßen mit sich selbst. Warum haben Sie sich für diesen Weg entschieden? 

Aktuell kommt ein Großteil unserer Nutzer noch über die App und bezahlt dort. Aber das verschiebt sich gerade, weil wir in anderen Apps integriert werden, beispielsweise bei bp und auch Lidl. Dort nutzen die Menschen unseren Service direkt in der Umgebung und brauchen nicht extra eine App herunterladen. Wir verdienen dann an jeder Transaktion, die über uns läuft. 

Die Margen für Bezahldienstleister sind äußerst gering. Wie ist Ihre Marge? 

Darauf kann ich leider nicht antworten. Die Margen sind genau wie von Ihnen beschreiben. Es kommt auf die Menge an. 

Sie wollen durch die Integration in anderen Apps wachsen. Haben Sie keine Sorge, dass diese Sie ab einem gewissen Punkt rausschmeißen und den gleichen Service anbieten? 

Nein. 

Wir sind aktuell zwar in einer Partnerschaft mit Mercedes-Benz, aber das heißt nicht, dass nicht auch andere Automarken dazukommen könnten

Sandra Dax, Ryd-Chefin

Warum nicht? 

Wir haben in den vergangenen Jahren viel Erfahrung gesammelt und ich glaube nicht, dass man das so schnell aufholen kann. Unsere Partner schätzen, dass wir ein offenes Ökosystem anbieten und werden deshalb auch dabei bleiben. 

Was verstehen Sie unter diesem offene Ökosystem? 

Das bedeutet, dass wir für kein Unternehmen exklusiv sind. Wir sind aktuell zwar in einer Partnerschaft mit Mercedes-Benz, aber das heißt nicht, dass nicht auch andere Automarken dazukommen könnten. Das gleiche gilt für Tankstellen von bp: Die haben wir natürlich gelistet, dazu aber auch andere Tankstellen in sieben Ländern. Genau dieser offene Charakter ist es, den wir unseren Kunden bieten möchten. 

Sie wollen nicht nur an der Tankstelle punkten, sondern auch beim Waschen der Autos und natürlich bei Elektroautos. Dort gibt es ziemlich heftigen Streit darüber, wie an der Ladesäule der Zukunft bezahlt werden soll. Warum glauben Sie, dass ausgerechnet Ryd sich durchsetzen wird? 

Wir haben den Vorteil, dass wir mit bp als strategischen Partner bereits einen großen Anbieter von Tankstellen haben, an denen perspektivisch auch E-Ladesäulen normal sein werden. Wir werden auch diesem Bereich mit unserem partnerschaftlichen Ansatz begegnen. Wir sprechen da gerade auch mit einem großen Anbieter, aber das ist noch geheim. 

Wo sehen Sie die Zukunft des Bezahlens an der Tankstelle? 

Ganz klar im In-Car-Payment. Das heißt, die Nutzer brauchen nicht einmal eine App, sondern bezahlen direkt über das Auto. Wir sprechen dazu aktuell mit OEMs, also Herstellern von Teilen. Da darf ich aber nicht sagen, was da aktuell verhandelt wird. Ich glaube aber auch, dass der ganze Markt noch viel größer ist. Neben dem Tanken und Aufladen kommt das Waschen dazu und auch das Parken. Wir wollen über Zusatzservices auch dort einen Mehrwert bieten, beispielsweise indem wir frühzeitig Bescheid geben, wenn der Tank leer und eine günstige Tankstelle in der Nähe ist. 

Dabei sammeln sie natürlich viele Daten. 

Wir sammeln nur die Daten, die wir dafür brauchen und nutzen diese natürlich anonym. Der Nutzer muss zudem vorher zustimmen, welche Daten er für welche Zwecke er an uns gibt. Da sind wir ganz transparent. 

Vielen Dank für das Gespräch.

zur Person: Sandra Dax, 43, ist seit April 2021 CEO von Ryd. Sie war zuvor 20 Jahre in der Automobil-Branche tätig, unter anderem bei BMW. Zuletzt war sie als Global Vice President für SAP im Business Development tätig.


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