Was Start-ups bei Mitarbeiterbeteiligungen beachten sollten

ESOPs, VSOPs oder doch lieber RSUs? Seine Angestellten am Unternehmenserfolg zu beteiligen, ist kompliziert. Hier kommen die besten Tipps. 

Es könnte alles so einfach sein. Wer für ein Start-up arbeitet, der bekommt zusätzlich zum Gehalt auch die Möglichkeit, Anteile an dem Unternehmen zu erwerben. Steht dann ein Exit bevor, oder steigt die Bewertung des Start-ups, würden auch Mitarbeiter direkt davon profitieren.

Die ganze Nummer kann aber auch nach hinten losgehen, wie zuletzt die Angestellten von Klarna in Deutschland feststellen mussten. Tausende Euro an Steuern und Abgaben mussten die für ihr Beteiligungsprogramm zahlen – und das obwohl die Aktien des Fintechs nach einer Abwertung ohnehin oft weniger wert waren als die gezahlten Steuern, wie Finance Forward berichtete. 

Der Fall Klarna macht deutlich, warum Gründer, aber auch Angestellte aufpassen müssen, wenn es um Mitarbeiterbeteiligungen in Deutschland geht. Ein Blick auf die verschiedenen Möglichkeiten, Vor- und Nachteile sowie die regulatorischen Fallstricke – und eine Warnung: Ohne einen Anwalt sollte kein Gründer Beteiligungsverträge aufsetzen. 

Was ist eine Mitarbeiterbeteiligung?

Streng genommen gibt es zwei Formen, Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen: materiell und immateriell. Materiell meint eine Kapital- oder Erfolgsbeteiligung. Davon ist in aller Regel die Rede, wenn es um Mitarbeiterbeteiligungen geht. Immateriell bedeutet lediglich, dass Gründer ihre Angestellten in die Entscheidungsprozesse in einem Unternehmen mit einbinden. 

Worin besteht der Unterschied zwischen Kapital- und Erfolgsbeteiligung?

Wer am Erfolg beteiligt wird, der erhält zusätzlich zu seinem Gehalt zum Beispiel einen Bonus, wenn das Unternehmen ein gutes Geschäftsjahr hingelegt hat. Das ist aus juristischer Sicht noch leicht zu erledigen, einen aufwendigen Vertrag braucht es dafür nicht. 

Kompliziert wird es erst bei der Kapitalbeteiligung. Hierbei haben Gründer die Möglichkeit, ihre Angestellten über Eigenkapital an ihrem Unternehmen teilhaben zu lassen. Sie geben also Anteile heraus. Das funktioniert bei einer GmbH oder bei einer Aktiengesellschaft, entweder bei einer Europäischen (SE)  oder einer Deutschen. Da andere Rechtsformen für Start-ups ohnehin wenig Sinn ergeben, konzentriert sich dieser Artikel hier auf diese Formen der Kapitalgesellschaften.

Welche Vorteile bringen Mitarbeiterbeteiligungen?

Daniel Breitinger, beim Digitalverband Bitkom für Start-ups zuständig, gehört zu denjenigen in Deutschland, die sich seit vielen Jahren mit Mitarbeiterbeteiligungen beschäftigen. „Gerade wenn Start-ups erfahrene Mitarbeiter gewinnen wollen, können sie beim Gehalt selten mit einem DAX-Konzern konkurrieren“, sagt er. Da seien Mitarbeiterbeteiligungen ein guter Weg. Laut seiner Meinung sollten Gründer bereits früh über eine Beteiligung ihrer Mitarbeiter nachdenken. 

Welche Nachteile haben Mitarbeiterbeteiligungen?

Der Fall Klarna hat zuletzt sehr gut deutlich gemacht, was so alles schief laufen kann. Zum einen setzte das Fintech auf sogenannte Restricted Stock Units (RSUs). Dabei zahlen Start-ups einen Teil der Gehälter in Anteilen aus. Die erhalten Mitarbeiter allerdings erst, wenn sie eine gewisse Zeit im Unternehmen bleiben. In dem Moment, in dem sie die Aktien dann zugeteilt bekommen, fällt eine Steuer an – und die kann es in sich haben. Die Höhe ist davon abhängig, in welcher Steruerklasse sich die Angestellten befinden und wie viel Geld sie theoretisch über ihre Beteiligung kommen könnten. Oftmals wird für sie dann der Spitzensteuersatz von derzeit 42 Prozent fällig. „Mitarbeiter in Form von RSUs zu beteiligen ist im Ausland weit verbreitet, in Deutschland auf Grund der regulatorischen Vorgaben aber nicht sinnvoll“, sagt daher auch Breitinger.

Ein weiterer Nachteil von Mitarbeiterbeteiligungen: Es gibt keine standardisierten Verfahren in Deutschland, um entsprechende Verträge aufzusetzen. Das Risiko, einen Fehler zu machen, ist also hoch – erst recht, wenn Gründer das ohne einen Anwalt durchziehen wollen. 

Wie sehen Mitarbeitiligungen typischerweise aus? 

Die gängige Mitarbeiterbeteiligung wird auch Employee Stock Option (ESOP) genannt. Bei diesem Programm erhalten Angestellte entweder GmbH-Anteile oder Aktien, je nachdem welche Rechtsform das Start-up hat, für das sie arbeiten. Meist können sich Mitarbeiter das Recht darauf erarbeiten, indem sie viele Jahre im Unternehmen bleiben oder bestimmte Ziele erreichen. Unternehmen haben bei dieser Form der Bezahlung den Vorteil, dass sich Gehalt einsparen und ihren Mitarbeitern trotzdem ihre Wertschätzung zum Ausdruck bringen können. 

Wie genau funktionieren ESOPs?

Im Idealfall nehmen Mitarbeiter schon beim Einstieg ins neue Unternehmen ein ESOP-Angebot zusätzlich zu ihrem Gehalt an. Die anschließende Phase, in der sie sich diese Optionen verdienen, wird Vesting genannt. Haben sie diese geschafft, können sie die Anteile zu dem damals festgelegten Preis erwerben. Ist das Start-up über die Jahre bereits im Wert gestiegen, kann sich das lohnen. Ging es für das Unternehmen in der Bewertung eher abwärts, können Mitarbeitende die Optionen auch einfach verfallen lassen. 

In dem Moment, in dem sie die Option ziehen, werden die Mitarbeiter Anteilseigner an ihrem Unternehmen, entweder als Aktionäre oder als Gesellschafter bei einer GmbH. Handelt es sich um eine GmbH, kommt es zur ersten bürokratischen Hürde. Nur ein Notar kann sie als Gesellschafter eintragen. Gründer, die also ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm für 50 Angestellte aufgelegt haben, müssen also mit ihnen allen zum Notar rennen, wenn sie die Option wahrnehmen. Ist das Unternehmen eine Aktiengesellschaft (AG), oder eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) fällt der Gang zum Notar weg.

Haben Mitarbeiter einmal Anteile an ihrem Unternehmen übernommen, so haben sie auch Stimmrechte. Bei Aktiengesellschaften etwa auf der Aktionärsversammlung. Wollen Gründer das verhindern und ist ihr Start-up eine GmbH, können sie von Anfang an vereinbaren, dass Mitarbeiter nur stille Beteiligungen über das ESOP-Programm erwerben können. 

Welche rechtlichen Probleme gibt es bei ESOPs?

Das größte Problem ist das sogenannte Dry Income. Das entsteht immer dann, wenn Mitarbeitende ihren erstmal nur theoretischen Gewinn aus dem Beteiligungsprogramm versteuern müssen. Im Idealfall haben sie am Ende ja Unternehmensanteile zu einem günstigeren Preis erworben als sie aktuell wert sind. Diese Differenz ist damit gewissermaßen die Bezahlung ihres Arbeitgebers. Und auf genau diesen sogenannten geldwerten Vorteil fällt die Einkommenssteuer an, mit Pech zu einem Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Da Mitarbeiter ja gerade keine klassische Bezahlung erhalten haben, sondern im Gegenteil auch noch Geld für ihre Beteiligungen ausgegeben haben, bekommen sie ein Problem. Fällig wird die Einkommensteuer spätestens nach zwölf Jahren oder wenn Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber wechseln. 

Was fordern Verbände von der Politik?

Bereits die letzte Bundesregierung hat auf das Problem reagiert und unter anderem den Steuerfreibetrag auf 1.440 Euro jährlich erhöht. Doch den Verbänden reicht das nicht. Christian Miele, Präsident des Bundesverbands Deutscher Start-ups, nannte einen ersten Entwurf des Fondsstandortgesetzes, der Verbesserungen bringen sollte, gleich mal einen Rohrkrepierer. 

Bitkom etwa fordert, das Einkommen erst zu versteuern, wenn Mitarbeiter ihre Anteile auch wieder verkauft haben. Zudem reiche die geplante Erhöhung des Freibetrags auf 5.000 Euro nicht aus, damit Start-ups auch im Ausland um Fachkräfte werben können. Denn dort sind die entsprechenden gesetzlichen Regeln deutlich weniger hart als derzeit in Deutschland. Der Verband verweist dazu unter anderem auf Spanien, wo der jährliche Freibetrag 50.000 Euro beträgt.

Immerhin: Die aktuelle Bundesregierung hat erneut Nachbesserungen versprochen, wie aus ihrer Start-up-Strategie hervorgeht. Allzu große Hoffnungen scheint die Szene aber nicht zu haben. „Offensichtlich konnten sich die Koalitionäre bei der zentralen Fragestellung der Vermeidung der sogenannten Dry-income-Besteuerung im Falle eines Arbeitgeberwechsel und nach zwölf Jahren lediglich auf einen Prüfauftrag einigen“, kritisierte der Start-up-Verband. Für eine wirksame Verbesserung brauche es deutlich mehr als eine schlichte Anhebung der Steuerfreibetrags.

Lassen sich die Probleme bei ESOPs umgehen?

Viele Start-ups in Deutschland setzen gerade wegen des Dry Incomes auf virtuelle Unternehmensbeteiligungen, sogenannte VSOPs. In dem Fall erhalten Mitarbeitende keine Optionen auf echte Unternehmensanteile, sondern auf virtuelle. Die gibt es meistens kostenlos zum Gehalt dazu, sie müssen die also nicht ihrem Unternehmen abkaufen. Mitarbeitende werden damit auch nicht Miteigentümer an dem Start-up, für das sie arbeiten. Über einen Vertrag bekommen sie dabei garantiert, dass sie am Erfolg des Start-ups in bestimmten Fällen so beteiligt werden, als wenn sie Eigentümer wären. Das kann zum Beispiel bei einem Exit der Fall sein. 

Diese Regel hat einige Vorteile: Da Mitarbeiter keine echten Miteigentümer werden, bleibt allen schon einmal der Gang zum Notar erspart. Steuern müssen sie auch erst zahlen, wenn wirklich eine Zahlung anfällt. Die Dry-Income-Problematik entfällt also. 

Es gibt aber auch einige Nachteile: Da die Mitarbeitenden keine richtigen Miteigentümer werden, haben sie im Gegensatz zu normalen Unternehmensbeteiligungen auch keine Stimmrechte. „Mit VSOPs lassen sich zwar einige Probleme umgehen, sie sind aber im Ausland überhaupt nicht bekannt“, sagt auch Breitinger. „Dadurch lassen sich mit ihnen nur schwer Fachkräfte aus anderen Ländern gewinnen.“ Wer also vor allem in Deutschland selbst händeringend nach neuen Mitarbeitern sucht, für den könnten VSOPs eine gute Lösung sein. Gründer, die aber auch im Ausland um Fachkräfte werben wollen, müssen vor allem auf eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für ESOPs hoffen.


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