„Gründerinnen und Gründer, die alles selbst machen, verschwenden nur wertvolle Zeit“

HQLabs-Chef Tobias Hagenau hat ein Start-up im Start-up aufgebaut. Wie das geht und wo Fallstricke lauern, erklärt er im Interview. 

Fast zehn Jahre ist es her, dass Tobias Hagenau gemeinsam mit Kommilitonen HQLabs gegründet hat. Heute hat das Unternehmen mit seiner Agentur-Software rund 15.000 Anwender und Hagenau ganz andere Pläne: Über die vergangenen zwei Jahre hat er mit seinen Kollegen ein Start-up im Start-up aufgebaut. Das aber ist viel komplizierter als gedacht, auch weil Geldgeber verwirrt sind von der Konstruktion. Hier verrät er die Fallstricke und gibt Tricks für Gründerinnen und Gründer, die es noch ein zweites Mal wissen wollen. Denn aller Anfang ist schwer – auch der zweite. 

Herr Hagenau, Sie haben mit awork ein Start-up im Start-up HQLabs aufgebaut. Warum denn das? 

Wir haben bei uns im Team gesehen, dass das HQ mittlerweile etabliert und profitabel ist. Wir bedienen 15.000 Nutzerinnen und Nutzer und 700 Agenturen, wachsen aber auch nicht mehr jeden Monat mit 100 Prozent, auch weil HQLabs eine gewisse Größe und Umfang erreicht hat. Und dann haben wir uns gefragt: Wie lange können wir die Technik noch modernisieren, wie lange aktualisieren und wann braucht es einfach auch einen Cut? Bei 15.000 Nutzern machst du nicht einfach so einen Cut, also haben wir mit awork eine Spielwiese geschaffen, auf der wir back-to-basics sind, also einfach zu einer Zeiterfassung und Projektplanung wie es früher auch die Idee des HQ war.

Wie viel Raum nimmt dieses zweite Projekt jetzt ein? 

Das ist das Verrückte: Wir sind mittlerweile 40 Leute und die Hälfte ist bei awork, wo wir rasant mit zehn bis zwanzig Prozent pro Monat wachsen. Das ist jetzt sogar etwas nervig, denn das haben wir so nicht kommen sehen. Die Struktur führt zu dem Problem, dass VCs mit denen wir sprechen, verwirrt sind. Denn wir haben eine große, etablierte Firma und ein Start-up im Wachstumsmodus und – dann auch noch in einem international interessanten Markt mit vielen Exits. Zusammen können die mit uns aber gar nichts anfangen. Da kommen dann Fragen wie: Warum habt ihr denn nicht direkt ein zweites Start-up gegründet, was soll das denn? Deshalb steht die Überlegung im Raum awork auszugründen. 

Mein Tipp: Trennt die Organisationen so schnell wie möglich, sonst haben die Firmen ganz unterschiedliche Schwerpunkte, die nicht zueinander passen. 

Tobias Hagenau, HQLabs-Gründer

Das klingt leichter gesagt als getan. Wie sieht das praktisch aus? 

Ganz ehrlich, das wissen wir gar nicht. Wir haben über die Jahre ja auch Kapital eingesammelt und Gesellschaftende und da stellt sich schon die Frage: Behalten wir den Gesellschaftendenkreis für beide Firmen? Können wir einige Gesellschaftende rauskaufen oder holen wir sogar einen Investor rein, der alte Gesellschaftende aus einem von zwei Produkten rauskauft? Wie kann das aussehen? Wir haben so viele Fragen, die wir alle noch klären müssen. Wir sind in einer Luxussituation, für die aber keiner eine einfache Lösung hat. 

Würden Sie trotzdem Gründerinnen und Gründern raten ein zweites Start-up zu gründen? 

Uns hat dieses zweite Mal sehr beflügelt. Ich würde es daher jedem empfehlen das unbedingt zu tun. Viele Gründerinnen und Gründer sagen, sie würden alles anders machen, wenn sie denn könnten. Das können sie ja dann unter Beweis stellen. Mein Tipp: Trennt die Organisationen so schnell wie möglich, sonst haben die Firmen ganz unterschiedliche Schwerpunkte, die nicht zueinander passen. 

Können Sie ein Beispiel machen? 

Wir sind ja bei HQ und auch bei awork beide Male im Software-as-a-Service-Bereich unterwegs. Aber bei awork wachsen wir mega schnell und suchen noch den „market fit”, da sind Kündigungen von Kunden völlig normal. Wir machen also sexy Wachstumsmarketing, was die Kollegen bei HQ natürlich auch interessant finden. Aber wenn die das kopieren würden, haben wir ein riesiges Problem, weil man bei 700 Agenturen eben auch intensive Kontaktpflege betreiben muss. Da muss man den Schwerpunkt richtig setzen können und priorisieren. 

Was wir mit awork erreicht haben, hat zwei Jahre gedauert. Mit HQ haben wir dafür sechs Jahre oder länger gebraucht.

Tobias Hagenau, HQLabs-Gründer

Wie haben Sie sich als Gründerteam aufgeteilt? 

Wir sind komplett aufs neue Projekt gegangen, weil wir gesagt haben: Wir haben das schonmal gemacht, wir können das besser und schneller nochmal machen. HQ haben wir komplett in die Hände der Mitarbeitenden gegeben, was nicht immer ganz leicht ist. Loslassen ist schwierig, gerade wenn auch mal etwas schief geht, das müssen wir noch lernen. 

Was machen Sie heute besser als beim ersten Mal? 

Was wir mit awork erreicht haben, hat zwei Jahre gedauert. Mit HQ haben wir dafür sechs Jahre oder länger gebraucht. Wir machen also alles viel schneller, weil wir keine Abzweigungen mehr gehen, keine Extraschleifen. Wir kennen den Weg und wir müssen uns nicht mehr zwangsweise alles selbst erarbeiten und viel rumexperimentieren wie noch bei der ersten Gründung. Jetzt haben wir die Schnelligkeit drin, was finanziell gut ist und auch die Stimmung pusht, das macht aktuell richtig Spaß. 

Was würden Sie Gründerinnen und Gründer raten, um diese Geschwindigkeit zu erreichen? 

Der ultimative Tipp ist, sich am Anfang so viel Beratung zu holen wie es nur geht. Das klingt trivial, aber viele machen das nicht. Wir haben das auch nicht gemacht. Wir waren 24/7 ausgelastet und haben uns nicht die Zeit genommen, die nötig gewesen wäre, um auch mit erfahrenen Gründerinnen und Gründer, Unternehmerinnen und Unternehmer oder Business Angels über die nächsten Schritte zu reden. Aber Gründerinnen und Gründer, die alles selbst machen, verschwenden nur wertvolle Zeit.

Haben Sie als Zweitgründer das Problem, dass Sie alte Fehler wiederholen? 

Wir haben ein bisschen das Günter-Netzer-Syndrom, dass wir uns selbst einwechseln wollen, weil wir Dinge schon einmal gemacht haben. Das war schon bei HQ so, und ist bei awork immer noch der Fall. Da müssen wir noch lernen, auch mal andere machen zu lassen. Ansonsten haben wir gemerkt, dass wir sehr stark in alte Muster gefallen sind. Das ist kein Problem, weil wir im gleichen Segment nochmal etwas Neues aufbauen, aber wenn wir jetzt den Software-as-a-Service-Markt revolutionieren wollten, wäre das vermutlich der mit Abstand schlechteste Ansatz. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

zur Person: Tobias Hagenau ist Geschäftsführer der HQLabs GmbH und Co-Gründer von awork. Schon seit 2012 baut er mit seinem Team in Hamburg Software für die Projektarbeit. Inzwischen ist HQLabs auf über 35 Mitarbeiter angewachsen. Das erste Produkt, die Agentursoftware HQ, ist mit über 700 Agenturen und 15.000 Nutzern eine der gängigsten Lösungen auf dem deutschsprachigen Markt, um Ordnung in den Agenturprozess zu bringen. 2019 kam das Projektmanagement-Tool awork dazu. 


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