Berlin gilt seit über einem Jahrzehnt als eines der führenden europäischen Gründungszentren. Dafür sorgen die vergleichsweise liberalen Unternehmens- und Visaregularien, die hohe Akzeptanz der englischen Sprache in Wirtschaft und Verwaltung sowie historisch niedrige Lebenshaltungs- und Bürokosten, die internationale Gründerinnen und Gründer ebenso wie Investor:innen anlocken. Die Stadt rangiert in globalen Ökosystem-Rankings regelmäßig unter den attraktivsten Standorten außerhalb des Silicon Valley und bietet damit eine sichtbare Marke, die fortlaufend Risikokapital und Fachkräfte anzieht.

Den Kern des Talentpools bilden die großen Wissenschaftseinrichtungen – Technische Universität, Humboldt- und Freie Universität, Charité sowie mehrere Fraunhofer-, Helmholtz- und Leibniz-Institute. Diese Forschungslandschaft liefert nicht nur technologische Impulse, sondern sorgt auch für einen stetigen Zufluss internationaler Studierender und Absolvent:innen, die häufig Englisch als Arbeitssprache nutzen. Ergänzt wird das Angebot durch praxisorientierte Code-Schools und Design-Akademien, was eine Mischung aus tiefem Technik-Know-how und kreativer Gestaltung befördert. Das erleichtert Teamaufbau und Wissens­transfer, ohne dass bereits Umsätze oder Patente vorliegen müssen.

Inhaltlich zeigt Berlin eine große Branchen­breite: Fintechs, Mobilitäts- und Logistikplattformen, E-Commerce, SaaS, Health- und zunehmend ClimateTech bilden die sichtbarsten Cluster. Diese Vielfalt mindert Abhängigkeiten von einzelnen Boom-Zyklen und schafft zugleich Überschneidungen – etwa wenn Zahlungs- und Daten­lösungen sektorübergreifend wiederverwendet werden. Ein informelles Umfeld begünstigt außerdem schnelle Kooperationen zwischen Start-ups, etablierten Mittelständlern und Konzernen, die hier Innovationslabs betreiben.

Die Kapitalstruktur ist zweigeteilt: Neben einem dichten Netzwerk privater Früh- und Spätphasen-Investoren (VC-Fonds, Angel-Clubs, Corporate-Venturing-Arme) existiert ein ungewöhnlich umfassendes öffentliches Fördersystem. Programme der Investitionsbank Berlin wie GründungsBONUS, Berlin Innovativ, Pro FIT oder zinsbegünstigte „Berlin Start“-Darlehen decken Zuschüsse, Bürgschaften und Wandeldarlehen bis in den siebenstelligen Bereich ab und werden oft mit Bundesinitiativen wie dem High-Tech Gründerfonds kombiniert. Dadurch bleibt die Finanzierung auch in frühen, risikoreichen Phasen zugänglich, ohne dass Gründer:innen sofort signifikante Anteile abgeben müssen.

Schließlich profitiert das Ökosystem von einer ausgeprägten „Pay-it-forward“-Kultur: zahlreiche Co-Working-Flächen, Accelerator-Programme und regel­mäßige Community-Events ermöglichen niederschwelligen Austausch und Mentoring. Gleichzeitig steigt jedoch der Konkurrenzdruck um Fachkräfte, und Mieten für Büros wie Wohnungen nähern sich westeuropäischen Großstadt­niveaus. Die Offenheit gegenüber Scheitern, die internationale Ausrichtung und die Fähigkeit, Kreativ- und Tech-Szenen zu verbinden, bleiben dennoch zentrale Standort­vorteile. Berlin bietet damit ein Umfeld, das trotz wachsender Reife weiterhin experimentierfreudig ist und jungen Unternehmen vergleichsweise günstige Bedingungen für skalierbares Wachstum bereitstellt.