„Wir suchen weltverbessernde Ideen“

Christoph Behn will mit better ventures nachhaltige Start-ups fördern. Wie Gründer an sein Geld kommen – und was das mit einem Persönlichkeitstest zu tun hat.

Christoph Behn trägt die Haare kurz geschoren, unter dem grauen Pullover sieht man das breite Kreuz des 41-Jährigen. Ohne Fremdkapital gelang es seinem Team und ihm, die Kartenmacherei aufzuziehen. Das Unternehmen machte zuletzt 50 Millionen Euro Umsatz und beschäftigt 250 Menschen. Nun will er mit better ventures selbst in Start-ups investieren. Wie Gründerinnen und Gründer an Behns Geld kommen, warum er einen Persönlichkeitstest vor einer Investition macht und welches Problem VC-Fonds heute haben, erzählt er im Gespräch.

Herr Behn, mit better ventures wollen Sie in Start-ups investieren. Braucht es noch mehr Geldgeber in der Start-up-Szene? 

Absolut. Nach wie vor haben wir gerade in den frühen Phasen der Unternehmensgründung zu wenig Kapital, zu wenig erfahrene Gründerinnen und Gründer, die nicht nur mit Geld, sondern auch mit ihren Erfahrungen und ihrem Netzwerk helfen. Genau hier wollen wir mit better ventures rein und einige Dinge auch anders machen. Nicht alles, was wir sehen, empfinden wir als gründerfreundlich.

Wie meinen Sie das, die Fonds seien nicht gründerfreundlich?

Man muss zwischen Angels, wie wir es mit better ventures sind, und institutionellen Investoren – wie VC-Fonds – differenzieren. Wir investieren unser eigenes Kapital und haben somit nur eine „Zielgruppe”: Die Gründerinnen und Gründer, an die wir glauben und die wir fördern. Fonds hingegen dienen ihren Investorinnen und Investoren, für die sie das Kapital zigfach vermehren sollen. Und da trifft man als VC sicherlich auch mal Entscheidungen, mit denen man eher Investorinnen und Investoren als Gründerinnen und Gründer befriedigt.

Mit better ventures wollen Sie nun Geld anlegen. Wie viel ist das so? 

Wir sind ein Angel Club und investieren jeweils niedrige und mittlere sechsstellige Summen. Damit fördern wir vor allem solche Gründerinnen und Gründer, die die Welt nachhaltiger gestalten und somit verbessern wollen. Wir sind überzeugt davon, dass diese Investitionen nicht nur die Welt besser machen, sondern auch einen riesigen Markt haben und die Menschen sehr bewusst konsumieren möchten. Insgesamt investieren wir im ersten Schritt eine hohe einstellige Millionensumme. Ich verstehe uns als Business Angel, der früh dabei ist, gern auch als erster Investor vor der Fundingrunde, der mit dem Pitchdeck hilft und dann andere Investoren dazu holt.

Sie wollen ihr Geld nun vor allen Dingen in nachhaltige Start-ups investieren. Ist das kein Risiko, das womöglich zu Lasten der Rendite geht?

Es ist immer ein Risiko, auszuscheren. Aber viele andere Wagniskapitalgeber haben verstanden, dass Nachhaltigkeit wichtig ist und machen auch erste Schritte. Holtzbrink Ventures beispielsweise ist, wie wir auch, bei Everdrop eingestiegen. Immer mehr Akteure erkennen, dass die Konsumenten nachhaltige Produkte wollen, es also Märkte für diese Start-ups gibt, und investieren auch gezielt dort. Ich bin optimistisch, dass das noch mehr werden. 

Experten streiten sich schon seit Jahren über eine Definition von Nachhaltigkeit. Wie suchen Sie also Ihre Investitionen aus? 

Wir suchen weltverbessernde Ideen. Dazu gehören natürlich solche, die für weniger Co2-Emissionen und weniger Plastik sorgen, aber das Thema ist noch vielschichtiger. Für mich sind auch Geschäftsmodelle nachhaltig, die der Gesellschaft nutzen, beispielsweise neue Produkte, damit Eltern sich besser um ihre Kinder kümmern können. Da gibt es eine ganze Menge an Potenzial, das wollen wir ausnutzen. Dabei zählt das „Was“ ebenso wie das „Wie“. 

Wie meinen Sie das? 

Es ist natürlich wichtig, was für ein Produkt ein Unternehmen herstellt, aber genauso wichtig ist, wie es hergestellt wird. Wenn ich viel Plastik spare und dabei die Gleichberechtigung von Frauen und Männern völlig außen vor lasse: Ist es denn dann nachhaltig? Wir versuchen, beide Dimensionen zu berücksichtigen bei Investmententscheidungen. 

Sie haben in Everdrop investiert. Warum?

Das Produkt und das Team haben gestimmt. Das Start-up produziert ja einen Tab, den man in eine Wasserflasche schmeißt, der das Wasser zu Reinigungsmittel macht, und damit zum einen viel Plastik spart und zum anderen verhindert, dass Wasser quer über den Globus transportiert werden muss, wie es sonst in Reinigungsflaschen der Fall wäre. Die Idee ist klasse und wir konnten dem Team glauben, dass sie es ernst meinen, dass es nicht nur eine Marketinggeschichte für Konsumenten und Investoren ist. Das finden wir persönlich ganz wichtig. 

Wie haben Sie das getestet? 

Wir reden mit den Menschen, laden sie ein, sprechen viel. Und wir machen tatsächlich Persönlichkeitstests, um zu schauen, mit wem wir es zu tun haben. So haben wir mehr Faktoren, die uns bei einer Investmententscheidung helfen. 

Wie stellen Sie vor einem Investment sicher, ob das wirklich nachhaltig ist? 

Das ist eine operativ total große Herausforderung und keinesfalls trivial. Man muss extrem viele Faktoren mit einbeziehen, von der Produktion über die Lieferkette bis hin zum Verkauf. Am Ende ist die Frage: Hatte das nun wirklich einen positiven Effekt? Das sehen wir erst in ein paar Jahren. 

Wenn es das Start-up in dieser Form dann noch gibt. 

Genau. Ein Problem, dass es geben könnte, ist, dass neue Investoren viel Geld mitbringen und den Fokus aber vielleicht nicht auf Nachhaltigkeit lenken. Das wollen wir vermeiden und Gründer aktiv dazu bewegen, mit uns zu sprechen, damit wir auch Partner mit mehr Geld und ähnlichen Zielen ins Boot holen können. Bei Everdrop sehe ich das Problem auch nicht, weil die ihre Community  nicht vor den Kopf stoßen wollen. Wie das enden kann, hat man ja bei Oatly gesehen. Da war ja nur ein US-Investor drin und der hatte grob etwas mit Trump zu und schon hatte die Firma einen Shitstorm. Die junge Generation achtet auf so etwas. 

Wie halten Sie nach, ob Ihr Investment dann wirklich nachhaltig war? 

Ich glaube, zu einhundert Prozent geht das nicht. Das Team bei Everdrop zählt Flaschen, die sie eingespart haben, klar: Aber ist das ohne Fehler? Wahrscheinlich nicht. Ich glaube aber, es gibt da kein Schwarz oder Weiß, sondern nur irgendwas dazwischen und entsprechend ist auch eine Investmententscheidung nicht immer ganz nachhaltig oder gar nicht. Wir investieren primär in Menschen und ihre Werte. Und wenn die richtigen Menschen mit den richtigen Werten Geld bekommen, dann kann es so falsch nicht sein. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

zur Person: Christoph Behn (41) ist Gründer und CEO von better ventures. Zuvor war er knapp zehn Jahre lang als Gründer und CEO von Kartenmacherei aktiv. Ohne Fremdkapital gelang es seinem Team und ihm, das Unternehmen konstant profitabel zu halten und zu einer Firma mit nahezu 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr und über 250 Mitarbeitern zu formen. Behn war, bevor er unternehmerisch aktiv wurde, mehrere Jahre als Berater bei Bain & Company tätig.


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