Exklusiv: Jimdo entlässt Mitarbeiter

Das Hamburger Start-up hat Teile seines Marketingteams am Montag vor die Tür gesetzt. Geschäftsführer Henze spricht von einer notwendigen Umstrukturierung. 

Nach einem Videogespräch war für einige Mitarbeiter des Hamburger Start-ups Jimdo alles vorbei. Das Marketing-Team sei nicht profitabel genug, soll Geschäftsführer und Gründer Matthias Henze ihnen dort verkündet haben, er selbst spricht gegenüber Startbase eher von nicht erfüllten Erwartungen. Anschließend erhielten sie ihr Kündigungsschreiben und eine Abwicklungsvereinbarung, mit strengen Verschwiegenheitsklauseln. 

Wer sie unterschreibt darf keine „nachteiligen oder unfreundlichen Äußerungen” in Bezug auf Jimdo tätigen, „insbesondere in der Presse oder in den sozialen Medien”, heißt es dort. Im Kündigungsschreiben steht als Grund lediglich: „Die Gründe für unsere Entscheidung haben wir dir im persönlichen Gespräch erläutert.“ Beide Verträge liegen Startbase vor. 

Das Vorzeige-Start-up habe die Mitarbeiter gnadenlos entlassen, sagt eine der gekündigten Personen, die ihren Namen lieber nicht in der Presse lesen möchte, gegenüber Startbase. „Die entlassenen Kollegen sind enttäuscht und fassungslos über die prompte Kündigung.“ Viele fühlen sich offenbar ungerecht behandelt. „Da Jimdo keinen Betriebsrat hat, wurde ohne die Berücksichtigung jeglicher sozialen und individuellen Situationen entschieden, wer gehen musste“, wirft einer der gekündigten dem Start-up vor.

Jimdo bietet unter anderem einen Baukasten für Webseiten oder einen professionellen Online-Shop an. Das Start-up fokussiert sich dabei vor allem auf Selbstständige, sieht sich als eine One-Stop-Shop-Lösung, hilft auch dabei Abmahnsichere Rechtstexte für Website und Onlineshop zu erstellen. „Für uns seid ihr Selbstständigen die wahren Helden unserer Wirtschaft“, wirbt es auf seiner Seite. Nach eigenen Angaben wurden in mehr als 190 Ländern bereits Internetauftritte mit dem Angebot von Jimdo erstellt und 32 Millionen Webseiten und Shops gebaut.

Wer mit Gründer und Geschäftsführer Matthias Henze selbst spricht, der bekommt zu aller erst das Bild von einem ordentlichen Wachstum im Bereich Personal vermittelt. „Vor der Pandemie haben wir rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, jetzt sind es 340“, sagt er. Immer weitere Produkte für Soloselbstständige seien in den vergangenen Jahren hinzugekommen.

Dabei hat das Start-up bereits eine große Kündigungswelle hinter sich. Im Herbst 2016 entließ Geschäftsführer Henze gleich mal ein Viertel seiner Belegschaft – und das, obwohl das Unternehmen auch damals nach Aussagen des Gründers in einem Interview mit Impulse ein erfolgreiches Geschäftsjahr hinter sich hatte. Als Grund gab er an, dass die Produktentwicklung zu langsam gewesen sei. 

In der Belegschaft herrscht angesichts der jüngsten Kündigungen offenbar schlechte Stimmung. Diejenigen, die geblieben sind, fragten sich nun, was da los sei und ob sie als Nächstes dran seien, heißt es zumindest aus Kreisen der Entlassenen. Zudem gibt es Gerüchte, dass das Start-up sein Marketing nun in die USA ausgliedern möchte. Jimdo solle sich ehrlich machen und sagen warum sie wirklich so viele Leute ohne Grund von heute auf morgen entlassen haben.

„Wir sind mit dem Marketing nicht dort, wo wir hinwollen. Das war der Grund für die Umstrukturierung“, sagt Henze gegenüber Startbase. Das Start-up habe deshalb unter 20 Beschäftigte aus der Marketingabteilung entlassen. Wie groß die Einheit nun noch ist, wie es mit ihr weitergeht – und ob mehr Marketing in die USA ausgegliedert werden soll, möchte er nicht kommentieren. „Uns war wichtig, den Leuten individuell die Gründe darzulegen“, sagt er. „Wir haben versucht, eine möglichst humane Art für die Kündigungen zu finden“, sagt Henze. In Remote sei so etwas aber immer schwierig. Genauer möchte Henze, der nach eigenen Aussagen auch an Gesprächen teilgenommen hat, aber nicht werden. Von „nicht profitabel genug“ will der Geschäftsführer in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Marketing sei ja meistens eine Voraus-Investition.

Dass eine Abteilung „nicht profitabel“ ist, sei ohnehin an sich erstmal kein Kündigungsgrund, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Vorsitzende des Ausschusses für Arbeitsrecht beim Deutschen Anwaltsverein. „Es kann aber die Motivation für eine unternehmerische Entscheidung sein, die den Beschäftigungsbedarf entfallen lässt und damit eine Kündigung begründen kann.“ Darunter könnte dann tatsächlich die Aufgabe der Marketingaktivitäten beziehungsweise deren Vergabe an externe Dienstleister fallen. Die Formulierungen zur Verschwiegenheit und die Auflage, keine schädigenden Äußerungen gegenüber der Presse zu tätigen, sofern die Abwicklungsvereinbarung unterschrieben wird, seien ebenfalls üblich. 


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