Warum Evergreen die Kunden von Rubarb und Vantik übernimmt

Das Leipziger Start-up ist  sich sicher, dass es mit seinem Geschäftsmodell erfolgreicher sein wird als die ehemaligen Konkurrenten.

Es ging diesen Monat Schlag auf Schlag beim digitalen Vermögensverwalter Evergreen. Erst übernahmen die Leipziger Anfang August die Kunden des insolventen Spar-ETF-Dienstleisters Rubarb – gerade einmal zwei Wochen später schlossen sie einen ähnlichen Deal mit dem ebenfalls insolventen Fintech Vantik ab. Innerhalb kurzer Zeit bekam Evergreen damit rund 60.000 potenzielle neue Kunden, 40.000 von Rubarb, 20.000 von Vantik. Natürlich werden nicht alle tatsächlich zu Evergreen wechseln. „Wir erwarten eine Conversion Rate von zehn bis 20 Prozent für existierende Depots“, sagt Evergreen-CEO Iven Kurz. Aktuell liege man in der Mitte dieser Spanne, sei also sehr zufrieden.

Es ist eine paradoxe Situation: Mehrere Fintechs meldeten in den vergangenen Monaten Insolvenz an, jüngst auch der Kryptoverwalter Nuri. Finanzierungsrunden und Neugründungen nehmen ab, das Klima scheint sich einzutrüben. Und Evergreen? Kauft kräftig zu. Aber wie vernünftig ist die Strategie der Leipziger, die Kunden gescheiterter Konkurrenten zu übernehmen? Und wie wirkt sich das auf Evergreens Geschäftsmodell aus?

Iven Kurz ist ein untypischer Fintech-Gründer. Im Gegensatz zu vielen anderen ist er seit 20 Jahren im Finanzgeschäft, arbeitete unter anderem für die Privatbankhäuser Metzler und Lampe als Vermögensberater. Aus der Zeit hat er auch die Inspiration für sein Geschäftsmodell gezogen. „Wir sehen uns primär als nachhaltigen Asset-Manager“, sagt er. „Die digitalen Angebote wie unser Robo Advisor sind Kanäle, über die wir Kunden zu diesem Angebot bringen.“ Einen weiteren Kanal eröffnet er nun mit der Kundenakquise von Rubarb und Vantik.

Eine Kooperation klappte leider nicht

Wobei Kurz nicht als Nutznießer des Unglückes anderer Unternehmer gelten will. „Wir sind erstmal ganz ergebnisoffen auf die Gründer und die Insolvenzverwalter zugegangen und haben unsere Hilfe angeboten“, sagt er. Eine Insolvenz führe ja nicht zwangsläufig zur Auflösung des Unternehmens. „Wir hätten uns auch vorstellen können, mit denen zu kooperieren.“ Diese Möglichkeit ergab sich aber nicht. So kam es dann in diesem Monat zu den Kundenübernahmen. „Das war dann auch im Sinne der Gründer, denen war es wichtig, dass ihre Kunden nicht unter der Insolvenz leiden.“

Evergreen verspricht den Kunden, die den Anbieter wechseln, die gleichen Konditionen wie bisher. Dadurch, dass das Fintech genau wie Rubarb und Vantik mit der DAB-Depotbank zusammenarbeitet, soll die Kundenübertragung auch relativ reibungslos funktionieren. „Am Ende wechselt nur der Intermediär“, sagt Kurz. Aber wie sinnvoll ist es, Konditionen von einem Unternehmen zu übernehmen, das Konkurs anmelden musste?

„Bei Vantik gab es kein Match zwischen den klassischen Sparplänen und der Sparkarte“, meint Kurz. Und bei Rubarb habe es einfach noch keine Monetarisierung gegeben. „Rubarb hat die Depotkosten übernommen und ETFs angeboten. Für die gibt es nur leider in der Regel keine Kickbacks“, sagt er.

Wie Evergreen Geld verdient

Dazu kommt die allgemein schwierige Lage im Geldanlage Markt. „Für mich ist das aktuell ein Déjà-vu, ich denke da an die Zeit des Neuen Marktes“, sagt Kurz. Damals hätten sich viele Menschen im Angesicht der Krise schnell von Aktien abgewendet. Er hofft aber auch auf eine Art Reinigung. „Vieles, was in den vergangenen Jahren unter „Aktienkultur“ lief, hatte mehr mit einem Casino zu tun als Vermögensaufbau“, sagt er. Der sei eben eher eine langweilige Kiste. Aber eine, an der Evergreen gut verdienen könnte.

Denn die Sachsen verfolgen einen grundsätzlich anderen Ansatz. Das Vantik-Kartengeschäft übernahm man nicht mit, es ging an Vivid Money. Und die Monetarisierungsprobleme bei Rubarb? „Haben wir mit unseren Produkten nicht“, ist sich Kurz sicher. Denn Evergreen vertreibt eigene Fonds, für die das Fintech wiederum Gebühr einbehält. Diese ist höher als die Depotgebühren bei der DAB-Bank, die Evergreen genauso wie Vantik und Rubarb übernimmt. „Dank dieses Spreads verdienen wir an jedem Kunden Geld“, erklärt Kurz.

Das ist auch gut so, denn es zeigt sich zunehmend, dass das Skalieren gerade bei Robo-Advisor-Angeboten gar nicht so einfach ist. In den USA gab es Anfang des Jahres bei Wealthfront und Personal Capital gleich zwei Exits, die hinter den Erwartungen zurückblieben. Ein Hauptgrund: Robo Advisor haben Schwierigkeiten, mithilfe von reinen Gebühren profitabel zu werden. Zu hohe Tarife können sie nicht verlangen, zu einfach sind teilweise die Strategien, die einfach nur diverse ETFs kombinieren. Auf Basis von Gebühren um 25 Basispunkte profitabel zu werden, ist aber schwierig, es braucht eine große Kundenbasis. Diesen Balanceakt schaffen wenige Anbieter. Auch, weil etablierte Namen ihnen relativ einfach Kunden abspenstig machen können. Die Großbank JP Morgan Chase etwa verwaltet mittlerweile mit seiner You-Invest-Plattform 55 Milliarden US-Dollar. Laut CEO gelang dies mehr oder weniger ohne jedwedes Marketing.

Der Plan von Evergreen, das Geld nicht über Gebühren, sondern über Fondsverwaltung zu verdienen, könnte da ein guter Ausweg aus dem Robo-Dilemma sein. Gerade weil das Marktumfeld in den nächsten Monaten und Jahren ungemütlicher werden könnte. 


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