„Wir wollen ein europäisches Spitzenzentrum werden“

Geht es nach Oliver Hanisch, soll in Heilbronn etwas ganz großes entstehen. Im Interview erklärt er, wie die Campus Founders dort ein Start-up-Ökosystem aufbauen wollen. 

Oliver Hanisch sitzt an einem große Konferenztisch, blickt in die Kamera an der Wand beschreibt sich selbst als jemanden, der Brücken baut. Fast 15 Jahre lang tat er das im Silicon Valley, vor allem für deutsche Start-ups. Seit 2019 ist er zurück in Deutschland und zwar in Heilbronn. Dort bastelt er mit an einem Campus für Gründer. Die Ambitionen sind groß: Es ist ein Projekt, das die gesamte Region nachhaltig verändern soll. 

Herr Hanisch, Sie waren nun fast 15 Jahre im Silicon Valley, haben dort unter anderem den erfolgreichen German Accelerator gestartet. Warum hatten Sie auf einmal keine Lust mehr auf die USA?

Oliver Hanisch: Dass ich keine Lust hatte, stimmt so nicht. Im Gegenteil: Eigentlich war es gar nicht mehr auf meiner Agenda, nach Deutschland zu kommen. 

Und jetzt sitzen Sie ausgerechnet in Heilbronn. Warum denn das? 

Wenn deutsche Start-ups bei uns im Silicon Valley zu Besuch waren, dann ist das für die Gründer zwar sehr inspirierend. Doch das Feuer bei denen aus der Entfernung aufrecht zu erhalten, ist sehr schwierig. Es gab immer mal wieder Möglichkeiten, nach Deutschland zurückzukommen, um etwa einen Accelerator aufzubauen. Aber ich wollte nichts machen, was vielleicht nur für zwei Jahre von einem Bundesland gefördert wird und dann schon wieder langsam verpufft. Dann erhielt ich die Einladung der Dieter Schwarz Stiftung, nach Heilbronn zu kommen. Wir wollen hier ein Entrepreneurship- und Innovationszentrum aufbauen. Es gibt hier eine Vision für die Stadt. Die gesamte Region will sich proaktiv weiterentwickeln - und das nicht aus der Not heraus, sondern aus der Position wirtschaftlicher Stärke. Die alteingesessenen Unternehmen arbeiten hier vorausschauend, das fand ich spannend.  

Wie genau sieht denn die Vision von Heilbronn aus, an der Sie mitwirken möchten?

Einfach nur mit Gründern zu arbeiten, reicht nicht. Hier wird in ganz vielen Ebenen von der Bildungsseite bis hin zu den vielen Hidden Champions der Region gearbeitet. Hinzu kommen Investoren und Business Angels, die sich engagieren. Heilbronn ist eine industrielle, produktionsorientierte Region mit viel Mittelstand, Maschinenbau und Automobilzulieferern. Viele dieser Industrien stehen aber vor einer unklaren Zukunft. Wohin geht es etwa mit den Zulieferern, wenn wir zukünftig viel mehr E-Autos haben? In Heilbronn haben sich dann alle gefragt: Was brauchen wir, damit es der Region weiterhin so gut geht? Die daraus entstandene Vision ist, aus der industriellen eine bildungs- und eine forschungsorientierte Region zu machen. Es wird in Bildungseinrichtungen investiert, in neue Hochschulen, es gibt auch eine Programmierschule. Die smarten Köpfe sollen künftig aus Heilbronn kommen.

Und da mischen Sie nun als Chef der Campus Founders mit. 

Wir wollen Leuten mit Ideen, die Lösungen für Probleme im Markt erkennen und die spannende Forschung machen, beim Gründen helfen und auf ihrer unternehmerischen Reise begleiten. Die Kommerzialisierung soll hier vor Ort bleiben. Aus Start-ups werden dann neue mittelständische Unternehmen, die die Region prägen.

Warum braucht es dazu jemanden mit Silicon-Valley-Erfahrung?

Vielleicht, um Denkweisen aufzubrechen. Silicon Valley ist mehr ein Mindset als ein Ort. In Deutschland denken viele noch immer viel zu verkopft. Es wird zu oft nach Gründen gesucht, warum etwas nicht funktionieren kann. Ich will dafür sorgen, dass wir viel pragmatischer an die Sache herangehen, dass wir chancenorientierter unterwegs sind – und groß denken! Im Silicon Valley ist auch alles viel weniger hierarchisch organisiert. Man begegnet sich mehr auf Augenhöhe, völlig egal, wo das Gegenüber herkommt.

Eine Zeit lang, wollte alles und jeder irgendwo ein zweites Silicon Valley aufbauen – heute winken bei sowas viele direkt ab. 

Das sehe ich auch so! Wir wollen hier auch kein zweites Silicon Valley aufbauen, es geht nur darum, die Vorteile von deren Denkweise zu übernehmen. Wir setzen ja auf die industrielle Stärke unserer Region mit dem Ziel mittelfristig auch für europäische Start-ups interessant zu sein. Im Vergleich zu den USA hat die deutsche Start-up-Landschaft übrigens auch ihre Vorteile: Mitarbeiter sind deutlich loyaler und alle handeln wertgetriebener. 

Neben dem Fokus auf B2B-Startups haben die Campus Founders den Learntech-Hub initiiert. Was hat es damit auf sich?

Der nun gestartete Learntech-Hub adressiert Themen, bei denen wir eine riesige Stärke haben. Das Ziel: Die kreativsten Köpfe Europas in einem einzigartigen Ökosystem rund um Bildung und Arbeit der Zukunft zu vereinen. Wer als Start-up irgendwas mit Edtech macht, ist bei uns richtig, allein schon wegen der Nähe zu elf Einrichtungen aus Bildung und Wissenschaft hier. Auf der anderen Seite suchen wir nach Start-ups, die Angebote zur Zukunft der Bildung und der Arbeitswelt von morgen haben. Denn das interessiert auch die Unternehmen in Heilbronn mehr, sie brauchen mehr Beschäftigte. Wir wollen für diese Themen ein europäisches Spitzenzentrum werden. 30 Start-ups sind zum Start bereits dabei. Die unterstützten wir jetzt direkt mit Zugang zu unserem Unternehmensnetzwerk, es gibt exklusive Veranstaltungen, Workshops und die Möglichkeit mit namhaften Investoren zu in Kontakt zu treten. Ende des Jahres wollen wir bereits 100 Start-ups in diesem Feld hier angesiedelt haben.

Zur Person: Oliver Hanisch hatte 2005 in München eine kleine Projektberatungs-Firma aufgezogen. Dann zog es ihn zum Medienunternehmen Red Herring ins Silicon Valley. 2010 begann er dort den German Accelerator mit aufzubauen. Nach knapp 15 Jahren zog es ihn nach Heilbronn zu den Campus Founders.


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