Tinder für Firmenkredite

Als CFO eines Mittelständlers hat Martin Hipp sich selbst lange damit herumgeschlagen, passende Finanzierungsangebote einzuholen. 2019 hat er die Seiten gewechselt. Mit Finmatch will er Banken und Unternehmen nun schneller zusammenbringen.

Zuletzt sah es so aus, als wäre der Hype um digitale Kreditvermittler etwas abgeklungen. Der aus Großbritannien kommende und lange gefeierte Vermittler Funding Circle etwa sank über die vergangenen zwei Jahre stark in seinem Wert. Schon vor der Coronakrise, im März 2020, kündigte das Unternehmen mehr als 100 Mitarbeitern in Deutschland. Das US-Vorbild Lending Club entließ im April gleich 460 Mitarbeiter und damit gut ein Drittel seiner Belegschaft.  Sind digitale Finanzierungsplattformen also vielleicht doch nicht der große Wurf?

In Deutschland startet derzeit Finmatch um Mitgründer Martin Hipp durch, verkündet neue Standortöffnungen und ein wachsendes Geschäft. Im Gegensatz zu den Vorbildern aus Großbritannien und den USA, die Kredite der Unternehmen auch an Privatpersonen vermitteln, setzt Gründer Martin Hipp auf Unternehmensfinanzierungen durch Banken. Eine Finanzierung gibt es bei ihm nur für Unternehmen, die mindestens einen Jahresumsatz von fünf Millionen Euro machen und mehr als 500.000 Euro benötigen. Geld kommt von Banken, nicht von Privatanlegern.

Hipps Konzept zahlt sich scheinbar aus. Erst 2019 in Stuttgart gegründet, hat das Fintech inzwischen Standorte in Düsseldorf, Frankfurt und seit Anfang Februar auch in Koblenz. „Wir eröffnen bald weiter Standorte“, sagt Hipp, ein dickes Headset auf dem Kopf, vor seinem Computer sitzend. Städte wie Hamburg, Berlin oder München stehen als nächstes auf seiner Liste. 

Mittelständler holen sich nur selten Vergleichsangebote für Kredite

Auch die Zahlen sehen auf den ersten Blick gut aus. Für Finmatch war 2020 das erste Geschäftsjahr mit Fokus auf dem Vertrieb und noch geht es steil bergauf. Im vergangenen Jahr konnte das Team um Martin Hipp 350 Millionen Euro vor allem an Krediten vermitteln. 2019 lag sie noch im zweistelligen Millionenbereich. 

Hipp ist sich sicher, dass das große Wachstum an der Fokussierung auf den Mittelstand liegt. Denn gerade der hat in seinen Augen große Probleme, vernünftige Finanzierungsangebote zu erhalten. Er selbst hat sich lange damit rumgeschlagen. Knapp 14 Jahre lang arbeitete er für den Mittelständler Manz, ein Hightech-Maschinenbauunternehmen, sechs Jahre davon war er CFO. „Viele Firmenchefs beschäftigen sich immer nur mit dem Thema Finanzierung, wenn sie auch eine brauchen“, sagt er. „Dann holen sie sich in aller Regel ein Angebot von ihrer Hausbank.“ Nur bis sie einmal herausgefunden haben, welche Dokumente sie dafür brauchen und bis sie ein Angebot von ihrer Bank erhalten, dauert es Hipp zufolge zu lange. Zumal die Unternehmen damit immer noch nicht andere Angebote vergleichen können.

Ich sehe da noch viel Potential für uns.

Finmatch-CEO Martin Hipp

Streng genommen ist Finmatch aber nicht das erste deutsche Fintech, das um den Mittelstand buhlt. An der bisher vermittelten Kreditsumme gemessen gibt die Plattform Compeon den Ton an. 400 Millionen Euro hat das Start-up aus Düsseldorf offenbar im Jahr 2020 an Krediten vermittelt. Seit seinem Marktstart im Jahre 2013 beläuft sich damit die insgesamt vermittelte Summe auf 1,4 Milliarden Euro. Auch Creditshelf nennt sich „Partner für den Mittelstand“ – hat einem Bericht zufolge im Jahr 2020 Kredite in Höhe von 98,9 Millionen Euro vermittelt.

Die Vermittlung läuft bei Finmatch wie bei einer Dating-App

Die Komplexität in den Griff zu bekommen und die langwierigen Prozesse zu beschleunigen, das sind die beiden Punkte, bei denen Hipp sich sicher ist, Banken und Unternehmen einen Mehrwert liefern zu können. Finmatch verspricht Unternehmen, innerhalb von zehn Tagen verbindliche Finanzierungsangebote vorzulegen, wenn sie alle geforderten Unterlagen einreichen. Die Banken in Hipps Netzwerk haben wiederum den Vorteil, dass sie alle benötigten Informationen über das Unternehmen direkt bekommen und sich nur entscheiden müssen, ob sie ein Angebot abgeben wollen. Im Anschluss spielt Finmatch die Angebote an das Unternehmen zurück. Die Firma kann sich dann entscheiden, mit welcher Bank sie sich austauschen möchte. Die Vermittlung funktioniert also ähnlich zu einer Dating-App. Geld bekommt das Fintech dabei nach eigenen Angaben nur im Falle einer erfolgreichen Vermittlung von der Bank. 

Das sei ein „geiler“ Markt, sagt Hipp mit Blick auf die Größe. Im vergangenen Jahr flossen seinen Angaben zufolge 1.800 Milliarden Euro an Unternehmensfinanzierungen innerhalb Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Finmatch mit seinen 350 Millionen ist angesichts dieses Volumen noch mikroskopisch klein. Hipp sieht es naturgemäß aus einer anderen Perspektive, die Summe sei angesichts der so kurzen Zeit eine beachtliche Leistung: „Ich sehe da noch viel Potential für uns.“


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