„Wir wollen 400 Millionen Menschen versorgen”

Kowry-Energy-Gründerin Ndiarka Mbodji erklärt, wie ihr Start-up aus tausenden Kilometern Entfernung Projekte im südlichen Afrika managt und welche Bedeutung lokale Partner dabei haben.

Wie lässt sich die Energieversorgung in Afrika verbessern, ohne auf Kohle, Gas und Atomkraft zu setzen? Das Berliner Start-up Kowry Energy glaubt, eine Lösung gefunden zu haben. Mithilfe europäischer Geldgeber und lokaler Energieversorger will es Strom aus erneuerbaren Energien vor Ort gewinnen und so rund 400 Millionen Menschen in mittelgroßen Städten versorgen. Gründerin Ndiarka Mbodji spricht im Interview über die Herausforderungen in den unterschiedlichen Ländern, die Schwierigkeiten der Finanzierung und welchen Beitrag Projekte wie ihre für den Klimaschutz leisten können.

Frau Mbodji, mit Kowry Energy wollen Sie Energieversorgungsprojekte in Subsahara-Afrika anschieben. Was kann ein Berliner Start-up da leisten, was große Energiekonzerne nicht können?

Eine ganze Menge. Wir zielen auf eine Lücke in der Energieversorgung vor Ort. Große Gemeinden in den Ländern südlich der Sahara sind oft an die örtlichen Stromnetze angeschlossen. Dann gibt es kleine Dörfer mit zehn bis 20 Leuten, die mithilfe von Solarpanelen versorgt werden können. Bisher außen vor bleiben aber oft mittelgroße Ortschaften von 3.000 bis 100.000 Menschen, für die beide Lösungen nicht gut sind. Die verlassen sich oft auf nicht viel mehr als ein paar Dieselgeneratoren. In solchen Gemeinschaften leben etwa 400 Millionen Menschen, denen wir durch unsere dezentralen Energielösungen den Zugang zu Energie ermöglichen.

Wieso werden die nicht einfach an die Netze angeschlossen?

Weil der Netzausbau teuer ist, viel teurer als dezentrale Lösungen vor Ort zu installieren. Die müssten dort aber in einer Größe installiert werden, für die bisher häufig die Finanzierungsmittel fehlen. Das wollen wir nun ändern. Mit unserem Geschäftsmodell bieten wir auch die Finanzierung der Anlagen an.

Was machen sie denn anders als andere Akteure in dem Markt?

Der Markt ist derzeit eher auf einzelne Projekten ausgerichtet, was zwei Nachteile mit sich bringt. Zum Einen wird es dadurch unmöglich bis 2030  den Menschen vor Ort universellen Zugang zu Energie zu bringen. Zum Anderen sind kleinere Projekte extrem schwierig zu finanzieren, weil die sogennante Ticketsize der traditionellen Geldgeber viel höher liegt. Wir bei Kowry Energy bündeln die verschiedenen Projekte. Aktuell haben wir rund 20 davon, die ein Investitionsvolumen von ca. 14 Millionen Euro haben.
Dieser Ansatz ermöglicht uns bessere Einkaufpreise für die Technologie zu erzielen und vor allem die Hürde der Finanzierung für Kunden zu beseitigen.

Wie koordinieren sie dann die Umsetzung dieser Projekte aus tausenden Kilometern Entfernung?

Wir setzen dabei auf lokale Partner, die die lokalen Gegebenheiten kennen. So umgehen wir eine ganze Reihe von Problemen, die ausländische Investoren in dieser Region sonst haben. Die beginnen schon damit, dass nicht für jeden Ort in Subsahara-Afrika dieselbe Lösung funktioniert. Wir reden hier von 48 verschiedenen Ländern! Da ist es sinnvoll, jeweils mit den lokalen Energieversorgern zu sprechen.

Kowry Energy setzt voll auf erneuerbare Energien, ein Feld, das in Subsahara-Afrika bisher oft zugunsten von zum Beispiel fossilen Brennstoffen vernachlässigt wurde. Haben Ihre Partner überhaupt Erfahrung mit diesen Technologien?

Da, wo sie das nicht haben, unterstützen wir sie. Wir kümmern uns nicht nur um die Finanzierung. Wir designen auch die Anlagen, übernehmen den ingenieurstechnischen Teil. Unsere Partner kümmern sich dann vor allem darum, dass zum Beispiel der Strom auch zuverlässig bei den Endkunden ankommt. Gerade da ist es wichtig, dass die Partner vor Ort verwurzelt sind. Denn dann ist sichergestellt, dass sie sich langfristig um die Versorgung bemühen und nicht abspringen, sobald das Projekt einmal realisiert ist.

Technisch sind solche Projekte wahrscheinlich anspruchsvoller als vergleichbare in Europa.

Die Anforderungen sind andere. Zum Beispiel müssen wir extremere Witterungsbedingungen berücksichtigen. Aber auch das Thema Wartung ist sehr wichtig. Oft stehen unsere Energysysteme eher abgelegen. Früher hätte alle zwei Wochen ein Techniker vorbeifahren müssen und überprüft, ob alles funktioniert. Dank moderner Technik können sie nun Probleme am Computer beobachten, analysieren und ggf. sogar beheben.. Das ist deutlich effizienter.

Und wie nimmt Kowry bei diesen Projekten Geld ein?

Wir bekommen Leasingraten für die Bereitstellung der Technologie, das ist gewissermaßen Asset-as-a-Service. Damit decken wir zunächst einmal unsere Kosten. Aber ganz ehrlich: Bei uns geht es um den Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft, bei der wir, unsere Kunden und der Endkunde vom Zugang Energie profitieren und wirtschaftlich erfolgriech sein können. Aber natürlich geht es auch noch um mehr als Geld.

Und zwar?

Ich bin der Überzeugung, dass es für die Bekämpfung des Klimawandels essentiell ist, die mehr als eine Milliarde Menschen in der Region Subsahara-Afrika mitzunehmen, sowohl die in unserer Zielgruppe als auch die in kleinen und großen Orten. Einerseits brauchen die Länder dort eine bessere Stromversorgung. Alleine schon, damit kleine und mittlere Unternehmen vor Ort sich entwickeln können. Wer ständig mit Stromausfällen zu kämpfen hat, der kann sich nicht um Wachstum kümmern. Andererseits müssen wir uns aber darum kümmern, dass sie diesen Strom nicht aus fossilen Energieträgern beziehen. Um dieses Dilemma aufzulösen, müssen wir die Finanzierung entsprechender Projekte vor Ort ermöglichen und diese nachhaltig umsetzen.

Die bisherigen 20 Projekte können da nur der Anfang sein. Wie geht es nun weiter?

Wir werden uns definitiv zeitnah darum bemühen, weitere Finanzierungen anzustoßen. Dazu haben wir uns jetzt zum Beispiel mit Rolls-Royce Power Systems einen strategischen Investor ins Haus geholt, der uns finanziellen Spielraum gibt und Vertrauen bei anderen Geldgebern weckt. Aber Schnellschüsse wollen wir vermeiden. An unserer ersten Projektrunde haben wir drei Jahre gearbeitet, bis wir nun dieses Jahr offiziell mit Kowry Energy an den Start gegangen sind.

Vielen Dank für das Gespräch.


zur Person: Ndiarka Mbodji ist Gründerin und CEO von Kowry Energy. Zuvor arbeitete sie 15 Jahre lang für die Rolls-Royce Group, zuletzt als Director Business Development Africa für die Sparte Power Systems. Außerdem arbeitete sie für die Automobilzulieferer Valeo und Faurecia. Mbodji hat Chemie und Qualitätsmanagement in Toulouse und Rouen studiert.


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