„Fortbildungen für Lehrkräfte sind nicht zeitgemäß"

Ein Viertel aller deutschen Lehrkräfte nutzt die Dienste des Start-ups Fobizz. Im Interview erklärt Gründerin Diana Knodel, wie sie das geschafft hat – und warum der Markt so attraktiv ist. 

Diana Knodel hatte schon immer ein Herz für die Pädagogik. Studiert hat die heutige Gründerin einmal pädagogische Psychologie, tingelte dann durch verschiedene Stationen und gründete schließlich Fobizz. Anfangs noch ganz klein, hat sich die Zahl der Mitarbeiter in der Coronapandemie vervielfacht, der Umsatz ist mittlerweile siebenstellig. Dabei bietet das Start-up eigentlich nur an, was Lehrer von den Bundesländern umsonst bekommen würden: Fortbildungen. Woher kommt also der Erfolg? Knodel verrät es uns.

Frau Knodel, Sie bieten Fortbildungen für Lehrkräfte an. Gibt es das nicht längst?

Die Bundesländer bieten in der Tat Fortbildungen an. Die sind aber oft zeit- und ortsgebunden. Fortbildungen für Lehrkräfte sind deshalb oft nicht zeitgemäß. Wir haben uns hingegen auf ein asynchrones Modell konzentriert, was bedeutet: Die Lehrer können die Inhalte auf unserer Plattform jederzeit und überall abrufen, ob in der Freistunde oder samstags auf dem Sofa. Das macht Fobizz so attraktiv.

Sie haben eigenen Angaben zufolge 200.000 Nutzerinnen und Nutzer. Das wäre ein Viertel aller Lehrer in Deutschland. Wie viele nutzen die Plattform auch wirklich regelmäßig?

Alle, die bei uns angemeldet sind, haben zumindest eine Fortbildung gemacht. Natürlich nutzt das Portal niemand so häufig wie Whatsapp, sondern in der Regel zwei- bis dreimal im Jahr. Daneben gibt es natürlich „Power User”, die sich sehr oft weiterbilden und extrem engagiert sind.

Unser Ziel ist es, dass Lehrerinnen und Lehrer Fortbildungen nicht selbst zahlen müssen.

Diana Knodel, Fobizz

Wie haben Sie die Lehrer überhaupt dazu bewegt, sich bei Fobizz anzumelden?

Immerhin bieten Bundesländer selbst Fortbildungen an – und das anders als Fobizz umsonst. Wir haben vor einigen Jahren ganz klein angefangen, dafür mit einer sehr digital-affinen Zielgruppe: Informatiklehrkräften. Die haben das dann in die Schulen getragen. Mittlerweile sprechen wir mit ganz vielen Schulen und Bundesländern, welche die Fortbildungslizenzen für das gesamte Kollegium bei uns einkaufen. Daneben gibt es natürlich auch die Lehrkräfte, die sich selbst die Fortbildungen kaufen. Unser Ziel ist es aber, dass Lehrerinnen und Lehrer das nicht selbst zahlen müssen, sondern dass sie das über die Schulen oder eine Landeslizenz finanziert bekommen.

Wie teuer ist das?

Bei größeren Deals ist das immer Verhandlungssache. Bundesländer kriegen sicherlich einen gewissen Rabatt, weil sie entsprechend viele Lizenzen kaufen. Für den Einzelnen kostet eine Fortbildung in der Regel zwischen 20 und 50 Euro, je nachdem, wie aufwändig die Fortbildung auf der Seite ist.

Die Videos auf der Webseite produzieren sie nicht selbst, sondern lassen Lehrkräfte ran. Wie funktioniert das?

Wer bei uns eine Online-Fortbildung erstellen will, muss sich erstmal bei uns bewerben. Darin stellen die Lehrkräfte vor, was sie genau zeigen wollen, wie sie sich die Fortbildung vorstellen und welche Erfahrung sie haben. Im nächsten Schritt durchlaufen sie dann eine eigene Fortbildung, bei der es um technische Ausstattung und Anforderungen an eine gute Fobizz-Online-Fortbildung geht. Die Fortbildung soll beispielsweise interaktiv sein, nicht nur ein reines Video, sie soll kurz und knackig und trotzdem präzise sein.

Für die Lehrkräfte kann sich das monetär lohnen.

Diana Knodel, Fobizz

Klingt aufwändig. Die meisten Lehrer arbeiten zwar nicht den ganzen Tag. Aber so viel Zeit haben sie auch nicht.

Für die Lehrkräfte kann sich das monetär lohnen. Wir beteiligen sie an den Umsätzen mit ihren Fortbildungen und gerade die gut gefragten haben teilweise 30.000 bis 35.000 Ansichten. Das ist richtig viel. Wobei die meisten Lehrkräfte, die sich bei uns melden, das nicht wegen des Geldes tun, sondern weil sie sehr motiviert und engagiert sind und ihr Wissen mit anderen teilen wollen. Und durch unsere Reichweite bekommen sie mittlerweile auch ganz gute Sichtbarkeit als Expertin oder Experte auf einem bestimmten Gebiet. Gleichzeitig helfen wir denjenigen, die nicht so viele Klicks holen, mit Vorschlägen, wie sie es besser machen können. Denn die meisten Lehrer sind es gewohnt, Feedback zu geben und machen das auch gern. Wir bekommen also richtig viele Rückmeldungen zu jeder Online-Fortbildung, oft auch sehr ausführlich. Und falls mal etwas nicht so gut läuft, bekommen wir das schnell mit und können das korrigieren.

Wie sehr hat Ihnen die Pandemie geholfen, zu wachsen?

Extrem. Vor der Coronapandemie, die ja nun auch schon 2,5 Jahre dauert, waren wir vielleicht fünf oder sechs Leute. Dann mussten alle ins Home-Office und plötzlich wollten alle wissen: Wie kann ich mit iPads arbeiten? Wie organisiere ich Unterricht digital? Welche Tools gibt es zur Organisation für ganze Klassen? Das hat die Nachfrage stark getrieben und wir sind mittlerweile über 30 Leute und machen einen siebenstelligen Umsatz.

Bleibt von dem Geld auch etwas übrig?

Wir sind profitabel, investieren den Gewinn zurzeit aber vor allem in Wachstum und neue Produkte. Denn wir wollen noch mehr anbieten, aktuell nur für Lehrer, langfristig womöglich auch für andere Zielgruppen. Dann könnte auch ein VC interessant sein, bisher finanzieren wir uns aber aus eigener Tasche.

Welche anderen Branchen haben Sie im Blick?

Generell sind erstmal alle Branchen interessant, wir legen uns da nicht fest. Wir haben schon vor einiger Zeit versucht, eine Plattform auch für andere Branchen aufzusetzen. Wir hatten sogar schon alles gebaut und einige wenige Nutzer. Wir haben dann aber schnell gemerkt, dass wir nicht beides stemmen können und das Projekt in der Schublade verschwinden lassen. Vielleicht holen wir das in ein paar Jahren nochmal hervor.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Diana Knodel ist Mitgründerin von Fobizz. Sie hat einen Hintergrund in Informatik, Psychologie und Bildungsforschung, arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Produktmanagerin bei XING und Teamleiterin in der IT-Branche, bevor sie 2014 Camps und 2018 Fobizz gründete.


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