„Gute Start-ups werden weiter an ihr Kapital kommen“

Die Kurse von Tech-Unternehmen gehen in den Keller. Erste Gründer sorgen sich zudem um ihre geplanten Finanzierungsrunden. Von einer Krise ist die Start-up-Branche aber noch weit entfernt, sagt Andrew Parker im Interview. 

Seit August vergangenen Jahres ist Andrew Parker für die Silicon Valley Bank in Frankfurt. Das Geldhaus hat es sich zur Aufgabe gemacht, High-Tech-Unternehmen und Start-ups zu fördern und ist seit 2018 in Deutschland aktiv. Im Interview spricht Parker über das aktuelle Finanzierungsklima für Start-ups – und über das in seinen Augen wichtigste Kriterium für Investoren. 

Herr Parker, die ersten Gründer machen sich bereits Sorgen, ob für dieses Jahr geplante Finanzierungsrunden so stattfinden können, wie sie es sich erhoffen. Wie schätzen Sie die derzeitige Lage ein?

Mein Eindruck ist, dass sich Investoren, die in Start-ups in der Pre-Seed, Seed bis hin zur Series-B-Finanzierungsrunde einsteigen, nicht von der schlechten Stimmung auf den Märkten für Tech-Aktien beeindrucken lassen. Wenn sie nun investieren, haben sie ja kein Interesse, direkt einen Exit zu machen. Sie haben also genug Zeit, die aktuelle Phase auszusitzen. 

Wie sieht es bei Start-ups aus, für die es um eine Series C oder noch spätere Finanzierungsrunden geht?

Bei denen könnte die Lage bald eine andere sein. Investoren steigen ja eher mit dem Ziel eines Exits in wenigen Jahren ein. Die müssen eher darauf achten, wie sich die Aktienmärkte entwickeln. Mir ist aktuell aber noch kein Fall bekannt, in dem ein großes deutsche Start-up eine deutlich niedrigere Finanzierungsrunde abgeschlossen hat als geplant. Noch können größere Start-up es sich leisten, ihr Geld direkt in ihr Wachstum stecken – vorausgesetzt es ist ein nachhaltiges Wachstum. Wenn ein Start-up noch finanzielle Mittel hat, um 18 Monate durchzuhalten, braucht es sich keine großen Sorgen machen. 

Andrew Parker ist bei der Silicon Valley Bank in Frankfurt für das Relationship Banking zuständig. (Foto: Silicon Valley Bank)

Wir stehen gerade also nicht an einem großen Wendepunkt bei den Start-up-Investitionen? 

Es gibt weiterhin eine ganze Menge Geld im Markt.“

Ich glaube nicht, dass wir einen großen Abfall bei den Finanzierungsrunden sehen werden. Es gibt weiterhin eine ganze Menge Geld im Markt, das investiert werden will. Investoren haben weiterhin das große Verlangen, aussichtsreiche Start-ups zu finden. Sie schauen aber genauer hin, in welche Unternehmen sie ihr Geld stecken. Gute Start-ups werden weiter ohne Probleme an Kapital kommen. 

Aber die Summe der Finanzierungsgelder ist zuletzt schon deutlich zurückgegangen. Laut Daten von Dealroom haben Start-ups im zweiten Quartal bisher insgesamt 2,7 Milliarden US-Dollar bekommen, im zweiten Quartal des vergangenen Jahres waren es noch 4,5 Milliarden US-Dollar. Das werden sie bis Ende des Monats kaum noch aufholen.

Ja, die Zahlen für 2022 sehen deutlich anders aus als die Zahlen für 2021. Aber das muss man im Kontext sehen. 2021 war definitiv ein außergewöhnliches Jahr, übrigens auch mit starken Schwankungen von Quartal zu Quartal. Auch die Anzahl der neu entstandenen Unicorns war ungewöhnlich hoch. Ich glaube, wir erleben in 2022 einfach wieder ein ganz normales Jahr, zumindest auf dem Venture-Capital-Markt. 

Die Silicon Valley Bank ist in Deutschland 2018 gestartet. Welches Potenzial sehen Sie grundsätzlich in Deutschland für Start-ups?

Bevor ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich für die Silicon-Valley-Bank in England gearbeitet. Wenn ich diese beiden Länder vergleiche, hinkt das deutsche Start-up-Ökosystem noch etwas hinterher. Aber die Bedingungen hier sind gut. Ich sehe keinen Grund, warum Deutschland nicht zu Großbritannien aufschließen und hier genau so viel Geld in vielversprechende Start-ups fließen könnte. Es gibt bereits einige sehr erfolgreiche deutsche VCs, zudem beteiligen sich immer mehr europäische oder sogar US-amerikanische Geldgeber an deutschen Start-ups. 

Die Qualität des Gründer- und Managementteams bleibt entscheidend.“

Die Silicon Valley Bank setzt unter anderem auf Venture Debt. Sie vergeben also Kredite an Start-ups und hoffen, dass diese die möglichst nach der nächste Finanzierungsrunde tilgen können. So richtig beliebt ist diese Finanzierungsmethode in Deutschland bisher nicht, warum eigentlich? 

Die Silicon Valley Bank macht das in den USA jetzt schon seit gut 35 Jahren. Unternehmen im US-Markt und auch Investoren verstehen dort deutlich besser, wie Venture Debt funktioniert. In Großbritannien wird Venture Debt immer beliebter, dort sind wir nun seit gut 15 Jahren aktiv und vermitteln die Vorteile. Derartige Kredite lohnen sich für Gründer*innen immer dann, wenn sie nicht weitere Unternehmensanteile abgeben wollen. Ich denke, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis auch hier mehr Start-ups auf diese Finanzierungsform als Ergänzung zu einer klassischen Finanzierungsrunde setzen. Das Volumen an Venture-Debt-Finanzierungen steigt ja auch hierzulande kontinuierlich. 

Welche Kriterien sind für Sie entscheidend, wenn Sie in ein Start-up investieren? 

Das wichtigste Kriterium ist und bleibt für mich die Qualität des Gründungs- und Managementteams sowie der Geschäftsidee. Ist ein Start-up dort gut aufgestellt, wird es auch von globalen Krisen wie etwa einer Inflation oder auch der Auswirkungen durch den Krieg in der Ukraine nicht so stark aus der Bahn geworfen. Auch während der Wirtschaftskrise durch Corona hat das geholfen. 

Zur Person: 

Andrew Parker ist seit sechs Jahren bei der Silicon Valley Bank, zuerst in London und seit vergangenem Sommer in Frankfurt. Mit seinem Team widmet er sich der Bereitstellung von Finanzlösungen, einschließlich Fremdfinanzierung, für Technologieunternehmen in der Früh-, Wachstums- und Spätphase. 


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