Die Apokalypse für Start-ups beginnt

Entlassungen, Downrunden, Angst: Für Start-ups beginnt gerade die härteste Zeit seit einem Jahrzehnt. Doch nicht alles daran ist schlecht.

Die ersten Einschläge kommen wie Meteoriten auf die Start-up-Szene niedergeprasselt. Am Anfang waren es noch kleine Brocken, wenn erste Start-ups ihre Büros schließen oder die Expansion dann doch still und heimlich absagen. Doch spätestens seit dem heutigen Tag ist klar: Hier beginnt gerade eine Apokalypse wie Start-ups sie seit über einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben. Eines ist schon jetzt klar: Das wird heftig.  

Gorillas trennt sich von hunderten Mitarbeitern, was einem Kahlschlag gleichkommt und am selben Tag wird klar: Das wertvollste Fintech Europas, Klarna, muss ebenfalls hunderte Stellen abbauen. Zehn Prozent aller Angestellten dürfen ihre Kartons mit Habseligkeiten füllen und müssen gehen. So etwas hat die Start-up-Szene seit Jahren nicht gesehen, immer nur ging es bergauf, jetzt folgt der jähe Absturz, der Kater nach der Party. 

Start-ups müssen sich auf harte Zeiten einstellen

Wenn selbst die Wachstumsgiganten mit ihren Milliardenbewertungen im Rücken radikal kürzen müssen: Wie schlimm wird es Start-ups bald gehen, die in letzter Zeit mehr stolperten als skalierten, die ein Plateau erreichten oder die womöglich gerade erste einen herben Rückschlag einstecken mussten? Start-ups müssen sich auf harte Zeiten einstellen – doch das Ganze hat auch etwas Gutes. 

Einen der wohl wichtigsten Gründe für die Massenentlassung bei Klarna beschreibt das Unternehmen laut dem Nachrichtensender CNBC selbst: „„Als wir im Herbst letzten Jahres unsere Geschäftspläne für 2022 aufstellten, war das eine ganz andere Welt als die, in der wir uns heute befinden", hieß es da. Die Gründe, mit denen der US-Nachrichtensender Gründer Sebastian Siemiatkowski zitiert: Krieg, Stimmungsumschwung bei den Verbrauchern, steiler Anstieg der Inflation, ein sehr volatiler Aktienmarkt und eine wahrscheinliche Rezession. Alles zusammen kommt nun zu einem womöglich perfekten Sturm zusammen, der mit heftigen Schäden über das deutsche Start-up-Land ziehen dürfte. 

Panik ist angesagt für Start-ups

Bereits vor einigen Tage berichtet das Portal FinanzSzene.de über Raisin DS, eigentlich immer eines der großen Fintechs in Deutschland. Nach der Fusion mit seinem ärgsten Konkurrenten erreichte es sogar Unicorn-Status. Doch damit ist es dem Bericht zufolge vorbei. Denn in Anbetracht der aktuellen Lage hat der erste Investor seinen Anteil bereits abgewertet – und damit Raisin DS den Unicorn-Status geklaut. Ähnliche Downrunden oder Downgrades dürfte es künftig bei vielen Start-ups geben. Auch über eine mögliche Downrunde von Klarna wurde bereits spekuliert. Die happige Schätzung: Das Start-up könnte bis zu einem Drittel an Wert einbüßen. Da darf man schonmal von Panik sprechen.

Zahlen untermalen den Horror schon jetzt. Allein die Höhe der Finanzierungen ist laut Auswertungen von Capital und Dealmonitor um 50 Prozent eingebrochen – und das in nur einem Quartal. Waren es im vierten Quartal 2021 noch 6,5 Milliarden Euro, die Investoren in deutsche Start-ups steckten, waren es im ersten Quartal dieses Jahres den Zahlen zufolge nur noch 3,2 Milliarden Euro. Aus der Geldflut, mit der Start-ups in den vergangenen Jahren kämpfen konnten und durften, dürfte nur noch ein kleines Bächlein werden, an dessen kühlem Finanzierungsnass sich die Herde an Einhörnern, Zebras und sonstigen Tierarten aus der Start-up-Welt treffen wird.

N26, Klarna & Co: Sind die Unicorns überbewertet?

Im Interview mit Startbase skizziert der Hamburger Unternehmer und Investor Fabian J. Fischer bereits, was aktuell auf dem Markt passiert: „Wir erleben derzeit, dass Liquidität aus dem Markt herausgezogen wird”, sagt der Chef der Digitalberatung Etribes. „ Sowohl Shareholder von Start-ups als auch mögliche neue Investoren halten sich aktuell zurück. Investoren, die gerade Anteile an sehr hoch bewerteten Firmen halten, versuchen diese weiterzuverkaufen und auch das geht aktuell nur mit erheblichen Einbußen.” Viele Start-ups, die aktuell hoch bewertet sind, dürften deshalb schon bald weniger wert sein. N26 beispielsweise ist für Fischer überbewertet, auch bei viele anderen Start-ups wird man sich fragen müssen: Sind sie die Bewertung noch wert, die sie gestern wert waren? Wer bei dieser Frage den Kopf schüttelt, dürfte wissen, was dann bedeutet. 

Die Krise könnte eine Chance sein

Langfristig dürfte all das erhebliche Auswirkungen auf die Szene haben. Berater Fischer sagt über die nächsten Wochen treffend: Sehr viel dummes Geld wird aus dem Markt verschwinden, sagt er gegenüber Startbase und betont, dass harte Kennzahlen wieder wichtiger werden dürften. Das hätte dann wiederum einen positiven Effekt. 

Nicht selten waren die Bewertungen in den vergangenen Monaten und Jahren als zunehmend astronomisch wahrgenommen worden, mehr als eine Unicorn-Bewertung schien völlig überzogen. Wenn bei Investoren nun das Geld knapp wird, wird das die Auslese schwieriger machen. Anstatt das Investoren um Start-ups kämpfen, dürften Start-ups sich bald schon wieder um Investoren bemühen müssen. Zückt eure Pitchdecks. 


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