Richtig wagen will gelernt sein

Die meisten großen Parteien versprechen vor der Bundestagswahl, den Mangel an Wagniskapital in Deutschland zu bekämpfen. Das klingt erst einmal begrüßenswert. Doch ob die Situation für Start-ups in der nächsten Legislaturperiode tatsächlich besser wird, hängt an der praktischen Umsetzung.

Die Unternehmensberatung PwC hatte es schon Ende vergangenen Jahres festgestellt: Sobald es an große Finanzierungsrunden geht, fehlt in Deutschland Wagniskapital. Dass 2021 so viele Start-ups hierzulande den Einhorn-Status erreichten wie nie zuvor, war nur deshalb möglich, weil viel Geld aus dem Ausland floss, etwa aus den Vereinigten Staaten. Für das hiesige Start-up-Ökosystem ist das ein Problem. Wenn Gründer und Investoren den Exit wagen, ob nun über die Börse oder einen Verkauf, dann landet das Geld nämlich nicht mehr im deutschen Kreislauf, sondern wandert nach Übersee.

Es ist deswegen ermutigend, dass zumindest Union, SPD, Grüne und FDP in ihren Programmen angesichts der Bundestagswahl das Problem benennen. Die vier Parteien  wollen mehr Venture Capital für Gründer zur Verfügung stellen. Zu den vorgestellten Modellen zählt ein Ausbau des bereits existierenden „Zukunftsfonds“, mehr Kompetenzen für die Förderbank KfW und die Schaffung eines Sekundärmarktes für Start-up-Investments. Je nach Parteipräferenz sollen außerdem Gründungen in Zukunftsbranchen wie KI und Quantentechnik oder im Nachhaltigkeitsbereich gefördert werden.

All diese Lösungen können – richtig umgesetzt – die Finanzierungslücke zumindest ein wenig schließen. Nur: Gerade, wenn es ums Geldverteilen geht, glänzte der Staat in den vergangenen Monaten nicht mit Effizienz. Man erinnere sich nur an das Desaster rund um die sogenannten „Novemberhilfen“, die manch ein Unternehmer selbst im Februar noch nicht erhalten hatte. Eine gewisse Skepsis gegenüber staatlicher VC-Spritzen ist deshalb angebracht.

Deutlich vielversprechender ist die Idee, mit staatlichen Anreizen und angepassten Vorschriften institutionelle Geldgeber und andere private Investoren als Wagniskapitalgeber zu aktivieren. Versicherungen und Pensionsfonds etwa haben Unsummen an Anlagevermögen, dass dabei helfen könnten, auch große Finanzierungsrunden in Deutschland zu stemmen. Wenn mithilfe staatlicher Initialzündungen dieser Stein ins Rollen gebracht werden könnte, wäre den deutschen Gründern schon sehr geholfen. Es bleibt zu hoffen, dass die zukünftigen Koalitionsparteien die Vorteile dieser Lösung erkennen und nicht wie so viele ihrer Vorgänger der Illusion erliegen, der Staat sei der bessere Unternehmer.


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