„Boni wollen wir uns nicht selbst in die Tasche stecken"

Sophie Gnest ist Co-Gründerin von „Pack & Satt”, einem Start-up, das den „Einpott” groß rausbringen will. Im Interview spricht sie über ihr Purpose-Unternehmen, warum sie den Gewinn nicht selbst vereinnahmen will – und warum Nachhaltigkeit immer auch Kompromisse fordert.

Die erste Idee für den Einpott kam Sophie Gnest und Ronja Harder schon vor drei Jahren. Beide wurmte es, dass Gerichte nur ein von zwei Kriterien erfüllten: Entweder sie sind schnell zubereitet – oder aber gesund. Beides zusammen ließ sich nicht so recht finden und so entstand die Idee zum Einpott und damit auch zum eigenen Start-up, das sie im Herbst 2020 gemeinsam mit Eva Maier gründeten. Der Einpott ist recht simpel erklärt: Es ist ein Joghurt-Pfandglas, in dem getrocknetes Gemüse und beispielsweise Haferflocken mit Gewürzen liegen. Schüttet der oder die Hungrige heißes Wasser darüber, verfärbt sich das Innere und wird zum schnellen Snack oder Mittagessen – vegan, Bio und ohne Zusatzstoffe. Aktuell versuchen die Gründerinnen per Crowdfunding ausreichend Geld für die erste Produktion zu sammeln.

Frau Gnest, hängt Ihnen der Einpott nach zahlreichen Proberunden mittlerweile schon zum Hals raus? 

Im Gegenteil. Gestern noch habe ich mich total gefreut, dass ich ältere Einpotts bei mir zu Hause gefunden habe. Damals war die Rezeptur noch anders, aber haltbar waren sie noch. Ich habe die direkt meinen Mitgründerinnen ins Büro mitgebracht. Bisher habe ich bestimmt 100 Stück verputzt. Aktuell müssen wir damit etwas haushalten, um immer genug Muster für Vertriebspartnerinnen und Vertriebspartner auf Vorrat zu haben.

Es gibt in jedem Supermarkt unzählige Fertigprodukte. Warum braucht es jetzt den Einpott? 

Genau diese Fertigprodukte waren immer unsere Qual. Wir feiern Fertigprodukte, weil sie so schnell gehen. Die meisten Produkte sind allerdings weder bio, noch vegan und zudem fällt extrem viel Verpackungsmüll an. Uns ist eine gesunde und umweltbewusste Ernährung sehr wichtig, auch wenn wir es selbst nicht immer hinkriegen, dass im Alltag auch umzusetzen. Wir ernähren uns vegan oder vegetarisch und versuchen nach Möglichkeit, Zusatzstoffe und unnötigen Verpackungsmüll zu umgehen. Genau für diese Bedürfnisse fehlte uns bisher immer etwas in den Supermarktregalen und deshalb haben wir einfach selbst was entwickelt. 

Was macht Sie so sicher, dass Menschen eine vegane Bio-Ernährung aus dem Glas wichtig ist? 

Wir sind selbst Überzeugungstäterinnen und peilen erst einmal Bio- und Unverpacktläden an. Die Menschen, die dort einkaufen, machen sich tendenziell bereits Gedanken zu diesem Thema und genau die wollen wir ansprechen. Später wollen wir eine Brücke schlagen und auch diejenigen abholen, die gerne Fertigprodukte essen und sich bisher noch nicht so sehr um gesundheitsbewusste Ernährung gekümmert haben.

Wir haben aber natürlich auch festgestellt, dass wir nicht jeden Aspekt der Nachhaltigkeit perfekt umsetzen können.

Sophie Gnest, Co-Gründerin Pack & Satt

Wie nachhaltig können Sie Ihr Produkt gestalten?
Wir nutzen das Pfandglas, um Einwegverpackungen einzusparen und zu verhindern, dass beim heißen Aufgießen Plastik ins Essen übergeht. Das Prinzip des Instantgerichts nutzen wir, um durch das fehlende Wasser Transportgewicht einzusparen und unsere Produkte einfach länger haltbar zu machen. Unsere veganen Bio-Zutaten haben eine bessere Ökobilanz als konventionelle und tierische Produkte. Außerdem verzichten wir auf Zucker und Zusatz- sowie Füllstoffe. Wir haben aber natürlich auch festgestellt, dass wir nicht jeden Aspekt der Nachhaltigkeit perfekt umsetzen können. Am Anfang wollten wir alle Zutaten ausschließlich regional beziehen. Bei den meisten Zutaten geht das in der Theorie, praktisch ist es aber zum einen erheblich teurer und zum anderen je nach Abnahmemenge auf dem Markt auch schlichtweg nicht verfügbar. Wir machen also ständig Kompromisse, wollen diese aber offen kommunizieren.

So sieht der Einpott von oben aus. (Foto: Pack & Satt)

So ein Joghurtglas ist nicht besonders groß. Werde ich davon satt? 

Besonders die Kartoffel- und Haferflocken machen satt. Je nach Sorte hat ein Glas etwa 300 Kilokalorien. Bezüglich der Menge haben wir uns sowohl an vergleichbaren Produkten orientiert, als auch unsere rund 200 Testerinnen und Tester entscheiden lassen, dass die Menge eine gute für die Mittagspause ist: Sie ist für die meisten sättigend aber ohne Fresskoma.

Das Glas soll ins Pfandsystem zurückgehen. Wie geht das? 

Viele Menschen wissen nicht, dass Joghurtgläser ganz normal im Pfandsystem sind. Das ist seit Jahren etabliert. Diese sogenannten MMP-Gläser können in allen Läden wieder abgegeben werden.

Sie versuchen aktuell über Crowdfunding an Geld für eine erste Produktion zu kommen. Über 14.000 von 24.000 Euro sind bisher beisammen, Sie mussten die Kampagne aber bereits verlängern. Wie sehr hat Sie enttäuscht, dass es nicht in der Regelzeit geklappt hat? 

Da schwingt natürlich ein wenig Enttäuschung mit. Aber wir haben viele Dinge gelernt. Wir haben beispielsweise in der Vorweihnachtszeit gestartet und hatten überhaupt nicht auf dem Schirm, wie gering die Reichweite in der Vorweihnachtszeit ist. Wir haben auch gelernt, dass wir unser Produkt noch besser erklären müssen, das verbessern wir gerade. Ich bin aber positiv gestimmt, dass wir es noch schaffen. Aktuell sind wir im Tal der Tränen. So nennt Startnext, die Plattform, über die die Kampagne läuft, diese Phase. Das heißt, man bekommt in der Regel am Anfang und am Ende viele Unterstützerinnen und Unterstützer – wir sind aber gerade mittendrin und da flacht der Zuspruch etwas ab.

Gesellschafterinnen und Gesellschaftern haben entweder ein Recht auf einen Stimmanteil oder aber einen Gewinnanteil. Beides geht nicht. Das ist in unserer Satzung festgeschrieben.

Sophie Gnest

Sie haben sich selbst als Purpose-Unternehmen gegründet. Was ist das? 

Das bedeutet, dass wir unser Unternehmen im Verantwortungseigentum gegründet haben – sich Pack & Satt also quasi selbst gehört. Gesellschafterinnen und Gesellschaftern haben entweder ein Recht auf einen Stimmanteil oder aber einen Gewinnanteil. Beides geht nicht. Das ist in unserer Satzung festgeschrieben. Die Purpose-Stiftung, mit der wir gemeinsam gegründet haben, hat einen Ein-Prozent-Anteil und ein Veto-Recht. Das soll dazu führen, dass wir uns nicht zu sehr von unserer Idee entfernen oder die Firma einfach so aus wirtschaftlichem Interesse verkauft werden kann und dann vielleicht nicht mehr so nachhaltig agiert wie bisher. Investoren können trotzdem am Gewinn beteiligt werden, bekommen dann allerdings kein Stimmrecht. 

Sie selbst würden die Gewinne laut Ihrer Kampagne am liebsten reinvestieren. Wollen Sie gar nicht selbst für ihre Arbeit bezahlt werden? 

Da wir nicht von Luft und Liebe leben können, werden wir uns selbstverständlich Gehälter auszahlen. Das reicht uns aber, Boni oder Ähnliches wollen wir uns nicht selbst in die Tasche stecken. Reine Gewinne wollen wir lieber in Projekte investieren, die sich für den Erhalt von nährstoffreichen Böden einsetzen. So wollen wir einen Teil wieder zurück in den Kreislauf geben und es ermöglichen, dass wir auch in Zukunft noch nachhaltige Rohstoffe ernten können – damit wir auch immer wieder neue Einpotts produzieren können.

Vielen Dank für das Gespräch. 

Zur Person: Sophie Gnest ist 31 Jahre alt, hat Kommunikationsdesign studiert und gemeinsam mit Ronja Harder und Eva Maier ihr Start-up gegründet.


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