Dieser Gründer löst das Impfpass-Problem von Millionen
Das Leipziger Start-up Apo Pharma Immun ist eines der wichtigsten in Corona-Deutschland: Es druckt die QR-Codes der EU-Impfnachweise auf Plastikkarten. Die Hälfte aller Apotheken arbeiten mit ihm. Nun muss es sich gegen Nachahmer wehren.
Tamim Al-Marie ist ein freundlicher Mensch, der gerne lacht und spricht, aber nie abschweift. Sätze wie „Da hatte ich wohl das richtige Gespür”, klingen bei ihm bescheiden. Dabei müsste er das gar nicht sein. Denn Tamim Al-Marie hat etwas geschafft, was nur wenigen Gründern gelingt: Er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, erkannte als einer der ersten die Gelegenheit – und hatte schon vor anderen ein Geschäftsmodell parat.
Gerade einmal sechs Monate hat er gebraucht, bis sein Unternehmen nach der Gründung profitabel wurde – und das bei gleichzeitigem Wachstum. Mit seinem Start-up erreichte er im November teilweise bis zu 100.000 Neukunden am Tag. Al-Marie ist der Mann hinter der Immunkarte. Wer sie nutzt, muss keinen gelben Impfausweis oder den QR-Code auf dem Smartphone vorzeigen. Das ist schon allein für all diejenigen praktisch, deren Handy-Akku ständig leer ist. Das sehen inzwischen auch die ersten Nachahmer so, gegen die Al-Marie teils gerichtlich vorzugehen versucht.
Zum ersten Mal am richtigen Ort, um später die Immunkarte zu entwickeln, war er 2017. Zum zweiten Mal fand damals die Vision.a statt, eine Digitalkonferenz für die Pharma- und Apothekenbranche. Die Bühne im Berliner Radialsystem war in rot-orangenes Licht getaucht. Der damalige Pharmaziestudent Al-Marie war einer der 300 Teilnehmer. Bei der Konferenz lernte er die Zukunftsvisionen der Industrie kennen. „Ich beschloss, dass ich Teil dieser Zukunft sein will – und nach dem Studium mein eigenes Start-up gründen möchte, um die Apothekenwelt digitaler zu machen“, sagt er. Wenig später arbeitete er als Werkstudent bei dem Leipziger Company Builder 2b Ahead Ventures.
Seinen Traum hat sich Al-Marie wenige Jahre später erfüllt. Im Januar 2021 erhielt er in Halle seine Approbation. Die Stadt ist für ihn Studien- und Heimatstadt, sein Vater kam einst von Syrien in die DDR. Gleich im Februar gründete er sein erstes Start-up, die Apo Pharma Immun GmbH. 2b Ahead Ventures steuerte Startkapital in Höhe von 34.000 Euro bei.
Dann ging alles ganz schnell. Binnen weniger Monate machte Al-Marie sein Unternehmen zu einem der wichtigsten in Corona-Deutschland. Apo Pharma Immun druckt die QR-Codes der offiziellen EU-Impfzertifikate auf sogenannte „Immunkarten“ aus Plastik. Kunden können sie direkt in der Apotheke bestellen. Über drei Millionen Stück sind bereits im Umlauf. 9,99 Euro kostet eine Karte. Wer geboostert wird und eine zweite benötigt, zahlt für diese nur noch 7,40 Euro.
Apo Pharma Immun war nach sechs Monaten profitabel
Die Nachfrage war zeitweise so hoch, dass Al-Maries Team mit sechs bis sieben Druckereien zusammenarbeiten musste. Die Wartezeit verlängerte sich von sieben Tagen auf Wochen. Damals arbeiteten zwischen acht und zehn Menschen in Teil- und Vollzeit für Al-Marie, heute sind es 20. Darunter sind ITler, Apotheker und Studenten.
„Zum Millionär bin ich noch nicht geworden, eine Jacht habe auch nicht“, sagt Al-Marie. Die Marge sie knapp berechnet. „An der Kartenproduktion hängt mehr dran, als man denkt. Allein das Marketing macht einen großen Teil der Kosten aus, die Apotheken erhalten rund 3,50 Euro pro Karte.“ Der Umsatz im vergangenen Jahr lag bei etwa 30 Millionen Euro, der Gewinn fiel dem Gründer zufolge deutlich geringer aus.
Inzwischen ist auch die Konkurrenz erwacht. Dass Apotheken sein Konzept nachbauen und eigene Lösungen drucken, findet Al-Marie völlig in Ordnung: „Ich sehe das eher als Bestätigung.“ Gegen markenrechtliche Verletzungen anderer Anbieter, die teils dubios seien, geht er jedoch vor: „Hier geht es vor allem darum, dass teilweise versucht wird, auf weniger seriösen Internetseiten Kunden zu täuschen“, sagt er. „Wenn man das Stichwort ,Immunkarte’ googelte, landete man schnell auf dubiosen anderen Websites, die angaben, unser Produkt zu vertreiben.“ Al-Marie hat daraufhin seine Anwälte kontaktiert. Sie hätten ihm gesagt, dass in einigen Fällen eventuell nicht einmal eine echte Firma dahinter stecken würde – und Kunden nach dem Kauf im Zweifelsfall nicht einmal ein Produkt erhalten würden. „Im Sinne unserer Kunden sind wir gegen diese unseriösen Seiten vorgegangen.“
Wie anerkannt ist die Immunkarte?
Doch wie seriös ist eigentlich die Immunkarte selbst? Wird sie überall anerkannt? Eine offizielle Antwort auf diese Frage zu bekommen, ist nicht einfach. Das Bundesgesundheitsministeriums (BMG) gibt keine Stellung zu Angeboten von Einzelanbietern ab. Eine Sprecherin verwies lediglich darauf, dass das „Vorzeigen eines Ausdrucks mit dem entsprechenden QR-Code“ möglich sei. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt auf Nachfrage lediglich bekannt, sich nicht zu Produkten zu äußern.
Die Bundespolizei wird da schon deutlicher: „Soweit die Immunkarte den gültigen QR-Code des digitalen EU-Impfzertifikates des Robert-Koch-Institutes (RKI) enthält und die Angaben der Immunkarte mit der Covpasscheck-App des RKI eingescannt und geprüft werden können, handelt es sich bei der Immunkarte um einen Impfnachweis im Sinne der Coronavirus-Einreiseverordnung“, teilt sie mit.
Damit gilt sie prinzipiell auch für die Einlasskontrollen in Gaststätten oder Hotels, wie eine Sprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Gespräch bestätigt: „Wichtig ist, dass der Code gescannt werden kann und gültig ist. Außerdem muss die Identität festgestellt werden.” Produkte wie die Immunkarte seien sinnvolle Ergänzungen zur Lösung auf Papier und Smartphone.
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