Das Start-up-Ökosystem Baden-Württembergs ist eng mit den strukturellen Stärken des Bundeslands verknüpft: hoher industrieller Wertschöpfungsanteil, ausgeprägte Forschungs- und Entwicklungsintensität sowie eine traditionell starke Patentanmeldungsquote. 2024 entfielen 38,7 % aller in Deutschland eingereichten Patente auf Baden-Württemberg; umgerechnet sind das rund 137 Anmeldungen je 100 000 Einwohner und damit bundesweit Spitzenwert. Diese technologische Basis schafft ein gründungsfreundliches Klima in forschungs- und wissensintensiven Branchen.

Sektorielle Schwerpunkte liegen in Mobilität und Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Industrie 4.0, Künstlicher Intelligenz, Med- und Biotechnologie sowie GreenTech. Treiber des KI-Schwerpunkts ist insbesondere das Konsortium Cyber Valley in Stuttgart / Tübingen, das als größtes KI-Forschungscluster Europas gilt und über ein eigenes Start-up- und Investorennetzwerk verfügt. Durch die Nähe zu Weltmarktführern und „Hidden Champions“ des Mittelstands finden technologiegetriebene Start-ups früh Pilotkunden und Anwendungsszenarien – ein Merkmal, das Baden-Württemberg von stärker konsumorientierten Ökosystemen wie Berlin unterscheidet.

Das Land fördert Gründungen seit 2017 unter dem Dach Start-up BW. Die Initiative bündelt Finanzierungslinien (u. a. Start-up BW Venture), landesweite Wettbewerbe und zwölf regionale Ökosysteme, die von Universitäten, IHKs und Kommunen getragen werden. Ergänzt wird dies durch spezialisierte Programme wie das Academic Seed Accelerator Program (ASAP) für Studierende, die Gründermotor Meisterklasse für wachstumsreife Teams und branchenspezifische Acceleratoren (z. B. CyberLab IT in Karlsruhe). So entsteht ein kohärentes Qualifizierungs-, Mentoren- und Netzwerkangebot.

Eine zentrale Rolle als Vermittler zwischen etablierter Industrie und jungen Unternehmen spielt bwcon – Baden-Württemberg: Connected. Das seit 1997 bestehende Netzwerk zählt inzwischen über 600 Mitgliedsunternehmen und Forschungseinrichtungen und legt den Fokus auf IKT-getriebene Innovationen. Zahlreiche Corporate-Venture-Einheiten großer Konzerne (Bosch VC, Porsche Ventures, Daimler Truck) verstärken die Finanzierungsbasis; dennoch wird das Kapitalangebot jenseits der Series-A-Phase häufig als ausbaufähig bewertet, weshalb späteres Wachstum oft durch bundes- oder EU-weit agierende Fonds unterstützt wird.

Geografisch bilden Stuttgart und das Neckar-Tal das größte Gründungszentrum, gefolgt von den Universitäts- und Forschungsstädten Karlsruhe (KIT), Mannheim/Heidelberg (Lebenswissenschaften), Freiburg (Nachhaltigkeit) und Ulm (Mikrosystemtechnik). In nahezu allen Regionen existieren Technologie- und Gründerparks, die bezahlbare Labor- bzw. Werkstattflächen und Nähe zu Fraunhofer- und Max-Planck-Instituten bieten.

Kulturell prägt ein ingenieurwissenschaftliches, qualitätsorientiertes Mindset die Szene. Gründerinnen und Gründer profitieren von exzellent ausgebildeten Fachkräften und dualen Studiengängen, sehen sich aber vergleichsweise konservativen Finanzierungsentscheidungen, komplexen Regulierungsanforderungen und hohen Lebenshaltungskosten in den Ballungsräumen gegenüber. Gleichwohl bleibt Baden-Württemberg dank seiner Industrie-Verankerung, der hohen Innovationsdichte und eines zunehmend vernetzten Förder­gefüges eine der produktivsten und forschungsstärksten Start-up-Regionen Europas.