Ein Kaufhaus im Kaufhaus

Nur wenige Monate nach ihrer Gründung konnte die Stryze Group 100 Millionen US-Dollar einsammeln. Und das mit einem sehr simplen Geschäftsmodell.

100 Millionen US-Dollar sammelt ein Start-up nicht ohne Weiteres ein. Schon gar nicht eins, das erst seit einigen Monaten existiert. Doch der Berliner Stryze Group ist genau das Ende 2020 gelungen.

Das Geld kommt von VC Upper90 und von Alstin Capital, einem VC-Fonds aus dem Firmenuniversum Carsten Maschmeyers. Beide Kapitalgeber sind Schwergewichte der Szene. Sie investieren so viel Geld, obwohl das Geschäftsmodell von Stryze eigentlich nicht neu ist. Was genau macht das Unternehmen also, dass es solche Summen einsammeln kann?

Erklären kann das Sebastian Funke. Der 40-Jährige ist CEO der Stryze Group und ein Veteran der deutschen Start-up-Szene. Bereits 2006 hatte er das Gaming-Start-up Smyt gegründet, seit etwa zehn Jahren ist er als Company Builder im Handelsbereich aktiv. 2017 gründete er Manuco, eine Firma, die auf Amazon mit Eigenmarken handelt und so etwas wie die Keimzelle der Stryze Group ist. „Wir haben mit Manuco bereits vor zwei Jahren kleinere Amazonhändler übernommen“, erklärt Funke. Mit der Stryze Group will er dieses Geschäft nun auf ein neues Level heben.

Der Ansatz des Unternehmens ist simpel: Funke und sein Team analysieren, welche Händler sich auf Amazon ein gutes Listing erarbeitet haben. Dabei konzentriert sich die Stryze Group überwiegend auf Verkäufer von Alltagsgegenständen, zum Beispiel Kaffeekapseln, Yogamatten oder Scheren. „Von Hypethemen halten wir uns allerdings fern, auch Fashion und Elektronik sind für uns nicht interessant“, schränkt Funke ein. Stryze baut zwar auch selbst Marken auf, etwa die Kaffeekapselmarke Gourmesso, die erste Marke, die Funke und seine Mitstreiter starteten, wie er erzählt. Aber manchmal sei es einfacher, eine erfolgreiche Firma zu übernehmen. „Die Listings, die sich diese Firmen erarbeitet haben, die kann man gar nicht kurzfristig selbst erreichen“, sagt er. 18-24 Monate würde so etwas dauern. Die Stryze Group tritt deshalb an die Händler heran, bietet Manpower, Kapital, Knowhow. „Wir können zum Beispiel bei der Internationalisierung des Geschäfts helfen“, so Funke.

Stryze ist dabei nicht unbedingt auf Amazon fokussiert, allerdings ist der Marktplatz des amerikanischen Onlinehandelsgiganten der wichtigste Kanal. 200 Milliarden US-Dollar wurden 2019 über Amazon von Dritthändlern umgesetzt, ein riesiges Potenzial. Doch auch Facebook und Instagram werden als Shoppingplattformen relevanter, wobei dort eine andere Herangehensweise nötig sei, so Sebastian Funke: „Bei Amazon können sie mit Pull-Marketing arbeiten, in den sozialen Netzwerken geht es um Push-Marketing.“ Hinter den Begriffen verbirgt sich ein simpler Gedanke: Wer auf Amazon nach etwas sucht – zum Beispiel Kaffeekapseln – der will diese auch kaufen, entscheidet sich also nicht mehr grundsätzlich für oder gegen den Erwerb, sondern nur noch für eine Marke. Wer hier bei Amazon gut platziert ist, der profitiert. Bei Facebook, Instagram und Co. hingegen sind die Nutzer nicht unbedingt auf Shoppingtour, wer sie hier mit seinen Produkten anspricht, kann nicht unbedingt mit einem Kauf rechnen, egal wie gut er sich platziert. Er muss die Konsumenten erst puschen. Marketingfachleute sprechen von niedrigen „Conversion Rates“.

Das Geschäftsmodell von Stryze ist nicht neu, US-amerikanische Konkurrenten betreiben es schon länger. In Deutschland kam es aber lange nicht an, auch weil Kapital fehlte. „Wir mussten mit Manuco all unsere Übernahmen aus dem Cashflow finanzieren“, erinnert sich Funke. Banken und andere Kapitalgeber hätten sich zurückgehalten, teilweise vielleicht einfach das Geschäftsmodell nicht verstanden. Seit Kurzem seien aber Risikokapitalgeber auf den Trend aufmerksam geworden. „Auch deswegen haben wir die Stryze Group gegründet, um diese VCs und Fremdkapitalgeber anzusprechen“, sagt Funke.

Mit dem nun eingenommenen Geld setzt Stryze voll auf Wachstum. Bis Jahresende sollen aus aktuell 25 Marken unter dem Dach der Gruppe über 100 werden, die Mitarbeiterzahl von 60 auf 120 steigen. „Dafür werden wir mittelfristig auch nochmal Kapital brauchen“, so Funke. Er ist optìmistisch, dass weitere Geldgeber einsteigen werden. „Wir sind seit jeher profitabel, bei uns wird kein Geld verbrannt“, sagt er. 


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