„Gute Anwälte müssen sich keine Sorgen um Legal Tech machen”

Alisha Andert, Gewinnerin des Digital Female Leader Awards in der Kategorie Legal, verrät, wie sie die Rechtsbranche reformieren will und welche Rolle Legal-Tech-Angebote dabei spielen.

Alisha Andert ist Volljuristin und zertifizierte Design-Thinking-Expertin:  zwei Welten, die bisher wenig Berührungspunkte hatten. Mit ihrer Firma This Is Legal Design, die sie gemeinsam mit Lina Krawietz und Joaquin Santhuber gegründet hat, will sie nun der Rechtsbranche helfen, kundenfreundlicher zu werden. Im Interview spricht sie über die Vorteile, die Design Thinking für Juristen haben kann und darüber, welche Rolle Legal Tech dabei spielt.

Frau Andert, mit This Is Legal Design wollen Sie Juristen Design Thinking näherbringen. Kann man diese Methode überhaupt auf den Rechtsbereich anwenden?

Da spricht in meinen Augen nichts gegen. Design Thinking heißt ja, Prozesse vom Anwender oder Kunden her zu denken. Und auch Juristen haben Kunden, nur heißen die Mandanten. Die eigene Dienstleistung auf die auszurichten, ist eigentlich logisch. Bisher passiert das aber eher selten.

Warum können Juristen mit dem Konzept nichts anfangen?“?

Vieles beginnt schon in der Ausbildung. Juristen haben wenig Berührungspunkte mit anderen Fächern, obwohl Fachgebiete wie Politik- und Gesellschaftswissenschaften eigentlich viel Überschneidung mit Jura haben. Dadurch fällt es Anwälten grundsätzlich schwer, über den eigenen Tellerrand zu schauen und sich an Methoden zu bedienen, die nicht direkt etwas mit ihrem Gebiet zu tun haben. Oft glauben sie nicht, dass sich ein Konzept wie Design Thinking auf die Juristerei übertragen lässt.

Wie wollen Sie das ändern?

Zunächst einmal durch eine Begriffsänderung. Wir sprechen nicht von „Design Thinking“, sondern von „Legal Design“. Dadurch können wir die Menschen, die wir beraten, besser davon überzeugen, dass hier ein Bezug zu ihrem Fachgebiet besteht. Und wir verdeutlichen ihnen, welche Vorteile es bringt, sich mehr auf ihre Mandanten einzulassen.

Welche sind das?

Vor allem eine veränderte Wahrnehmung. Nehmen sie zum Beispiel eine Rechtsabteilung im Unternehmen, deren Klienten die anderen Mitarbeiter sind. Oft nehmen die das Legalteam als Nein-Sager und Bremser wahr, eben weil die Prozesse oft so aufwendig und unzugänglich sind. Das kann im Extremfall dazu führen, dass sich Leute darum bemühen, Projekte möglichst ohne Beteiligung der Rechtsabteilung anzugehen, was natürlich gewisse rechtliche Risiken mit sich bringt. Wenn die aber kundenfreundlicher wird, dann können diese Differenzen abgebaut werden.

Und bei Kanzleien?

Da haben auch viele Menschen Probleme, etwa weil Juristen sich schwer damit tun, Fragen klar zu beantworten. Menschen wollen manchmal zum Beispiel einfach nur wissen, ob sie für einen bestimmten Sachverhalt nun Geld zahlen müssen. Aber viele Experten geben dann keine klare Antwort. Auch, weil wir von Anfang lernen, dass es immer um den Einzelfall geht. Was ja eigentlich richtig ist, aber für Laien manchmal schwer nachvollziehbar.

Sie sind auch Vorstandsvorsitzende des Legal Tech Verbandes Deutschland. Dort haben Sie mit dafür gesorgt, dass es für Angebote wie Flightright nun dank einer Gesetzesänderung mehr Rechtssicherheit gibt. Können diese Angebote auch dabei helfen, Rechtsberatung zugänglicher zu machen?

Auf jeden Fall, das geht Hand in Hand. Flightright, wenigermiete.de und andere sind sehr niedrigschwellige Angebote für Bürger, um Rechtshilfe zu bekommen. Attraktiv für sie ist vor allem, dass die nach dem „No Win, no Fee“-Modell funktionieren. Der Kunde muss also nur zahlen, wenn sein Fall erfolgreich war.

Gerade das empfanden viele Juristen oft als unfair, da sie solche Angebote nicht einfach machen dürfen.

Genau das haben wir durch das neue Legal-Tech-Gesetz jetzt geändert. Bis zu einem gewissen Grad können nun auch Kanzleien solche Angebote machen. Wir beim Legal-Tech-Verband sehen uns nämlich nicht als reine Interessenvertreter der Legal-Tech-Unternehmen. Wir wollen letztendlich, dass die Mandanten die bestmöglichen Angebote bekommen – von wem, ist dabei egal.

Erhöht so etwas auch die Akzeptanz von Legal-Tech-Anwendungen bei Anwälten?

Bestimmt. Aber ich bin sowieso der Meinung, dass gute Anwälte sich keine Sorgen wegen solcher Angebote machen müssen. Da geht es ja meistens um Routinearbeiten, die zum Beispiel an einen Algorithmus ausgelagert werden. Bei This Is Legal Design helfen wir unseren Kunden auch dabei, passende kleine Werkezuge zu nutzen. Am Ende entlastet so etwas Juristen auch.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Alisha Andert ist Mitgründerin der Beratungsagentur This Is Legal Design und Vorstandsvorsitzende des Legal Tech Verbandes Deutschland. Zuvor war sie Head of Legal Innovation bei den Start-ups Chevalier und Flightright. Andert hat ihr Jurastudium in Potsdam und Amsterdam absolviert und Design Thinking am Hasso Plattner Institut gelernt.


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