„Impact ist die größte wirtschaftliche Chance unseres Jahrhunderts“

Als Teil von Better Ventures investiert Tina Dreimann seit einigen Jahren als Business Angel in Impact-Start-ups. Im Interview spricht sie über Unternehmen, die tatsächlich eine Wirkung haben und welche, die es nur vorgeben. 

Es gab eine Zeit, da hat Tina Dreimann sich während ihres Studiums um Schildkröten in Costa Rica gekümmert. Dann ging sie zur Unternehmensberatung Bain & Company. Erst danach ging es für sie in die Start-up-Welt. Heute ist sie Investorin und konzentriert sich auf Impact-Start-ups. Im Nachhinein hätten sie all Ihre bisherigen Stationen auf diese Rolle als Business Angel vorbereitet, sagt sie. 

Frau Dreimann, Sie haben 2019 gemeinsam mit Christoph Behn und Cedric Duvinage das Angel Netzwerk Better Ventures gegründet. Wie ist es dazu gekommen? 

Wir haben schon vor der Gründung zusammengearbeitet. Christoph kannte ich noch von meiner Zeit bei Bain und bin dann bei seinem Scale-up, der Kartenmacherei gelandet – dort übrigens als erste Führungskraft in Teilzeit. Da habe ich auch Cedric, unseren dritten Mitgründer, kennengelernt. Uns alle drei verbindet, dass wir uns schon lange für das Thema Impact interessieren, also für Geschäftsmodelle, die nicht nur renditegetrieben sind, sondern auch einen positiven Einfluss haben.

Zu Better Ventures gehören nun fast 50 Investorinnen und Investoren. Wie entscheidet sich, wer von Ihnen in welches Start-up investiert?

Das schöne an unserem Impact-Angel-Club ist, dass es immer eine Einzelentscheidung ist. Es ist auch auf Investorenseite wichtig, dass man die Themen unterstützt, für die man brennt. Nur dann wird man ein guter Angel. Aktuell bekommen wir schon über 100 Start-up-Bewerbungen pro Monat. Wir treffen die Vorauswahl und teilen dann ein bis zwei, manchmal auch etwas mehr, Investitionsmöglichkeiten in unserer Community. Die Angels, die dann Interesse haben, kommen mit in den Investment-Call. 

Welche Summen investieren Sie in der Regel? 

Wir sind Frühphasen-Investoren, sind also meistens in der ersten oder zweiten Runde aktiv. Von 250.000 bis fast schon eine Million Euro haben wir aus dem Club selber alles gestemmt. Der Durchschnitt dürfte wohl zwischen 350.000 und 500.000 Euro liegen. 

Sie setzen auf „Impact Only“ wie es auch auf Ihrer Webseite heißt. Sie wollen also mit Weltverbesserungen Geld verdienen, warum dieser Fokus?

Das ist meine wichtigste Message. Ich bin davon überzeugt, dass Impact die größte volks- und betriebswirtschaftliche Chance unseres Jahrhunderts ist. Wir haben mit den aktuellen Investments schon den Beweis erbracht, dass man Impact und Geldverdienen miteinander verknüpfen kann. Wir sind keine Philanthropen. Wir wollen damit Geld machen und nur so werden wir langfristig in dieser Welt leben können: Wenn wir Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit miteinander vereinbaren können. 

Für einen Investor, der auf Gewinn aus ist, klingt das trotzdem eher unattraktiv, oder?

Die Start-ups, in die wir investieren, wollen ja nicht auf Gewinn verzichten. Der Fehler in der Annahme ist, wenn man sich Investitionen in einem Koordinatensystem so vorstellt, dass auf der einen Achse die Möglichkeit dargestellt wird, die Welt zu verbessern und auf der anderen die Wahrscheinlichkeit, Rendite zu erwirtschaften. Genau das ist nicht der Fall: Beides gehört zusammen. 

Geben Sie doch einmal bitte ein Beispiel, für ein solches Start-up. 

Wir haben zum Beispiel in Everdrop investiert. Das Start-up entwickelt nachhaltige Haushaltsprodukte. Alle Produkte verzichten komplett auf Einwegplastik und unnötige Chemie. Everdrop ist erst 2019 gestartet, setzt aber schon zweistellige Millionen Euro um. Das Start-up trägt also dazu bei, dass weniger Plastikmüll in den Weltmeeren landet und weniger Chemikalien die Umwelt gefährden. 

Im Grunde sind doch viele Gründer davon überzeugt, dass sie das nächste große Ding haben, sie die Welt oder zumindest ihre Branche verbessern würden. Wie differenzieren Sie da beim Thema Impact? 

Impact haben Geschäftsmodelle dann, wenn sie eine direkte positive Wirkung auf unsere Gesellschaft oder unsere Welt haben. Das heißt mit jeder Umsatzsteigerung muss sich automatisch auch dieser positive Mehrwert messbar erhöhen. Was für uns daher kein Impact-Start-up wäre, ist ein SaaS-Start-up, das ausschließlich CO2-Emissionen für andere Unternehmen erfasst. Das ist sicherlich ein langfristig erfolgreiches Geschäftsmodell. Aber letzten Endes hilft es damit nur den Unternehmen, um sich mit CO2-Zertifikaten freizukaufen und eine bessere Bilanz vorzuweisen. 

Aber die Start-ups helfen doch Unternehmen, die Ursachen bei sich überhaupt zu finden. 

Ja, der erste Schritt ist die Transparenz. Aber dabei darf es nicht bleiben: Aus unserer Sicht liefert ein Unternehmen nur dann Impact, wenn es auch Hebel bereitstellt, wie Unternehmen ihren CO2-Ausstoß senken können.

Zum Thema Impact hat vermutlich jeder seine ganz eigenen Vorstellungen. Flixbus kann dafür sorgen, dass weniger Leute Auto fahren oder fliegen und so vielleicht auch weniger CO2 erzeugt wird. Ist Flixbus damit für Sie ein Impact-Start-up, das auch Rendite im Kopf hat? 

Wenn Flixbus irgendwann mal dafür sorgt, dass A. nur solche Busse eingesetzt werden, die keinen CO2 ausstoßen und B. dass weniger Menschen selbst Auto fahren, löst das Unternehmen viele Probleme auf einmal: Es ist gut für die Umwelt und es ist gut für unsere mentale Gesundheit, weil dann Menschen weniger einsam sind, sondern gemeinsam Bus fahren. Und spätestens dann wäre Flixbus ein Impact-Startup, ja.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Tina Dreimann arbeitete fünf Jahre lang bei der Unternehmensberatung Bain & Company, bevor es sie in die Start-up-Welt zog. Zuerst ging sie zu Friendscout24. Später stieg sie als Business und Agile Coach bei der Kartenmacherei ein. 2019 wurde sie Mitgründerin des Business-Angel-Netzwerks Better Ventures. 


Like it? Please spread the word:

FYI: English edition available

Hello my friend, have you been stranded on the German edition of Startbase? At least your browser tells us, that you do not speak German - so maybe you would like to switch to the English edition instead?

Go to English edition

FYI: Deutsche Edition verfügbar

Hallo mein Freund, du befindest dich auf der Englischen Edition der Startbase und laut deinem Browser sprichst du eigentlich auch Deutsch. Magst du die Sprache wechseln?

Deutsche Edition öffnen

Vielleicht auch interessant:

Ähnliche Beiträge