Diese drei Gründer, frisch von der Uni, wollen den Einzelhandel revolutionieren.

Die Kölner Hendrik Lallensack, Mirco Meyer und Michael Müller haben mit baoo eine „Go to Store-App“ entwickelt, die in Echtzeit die Verfügbarkeit von Produkten in nahegelegenen Shops anzeigt. Eine Produktsuchmaschine, die so viel mehr sein will. Wie genau das funktioniert, mit welchen Hürden sie zu Beginn kämpfen mussten und ob die Gründer selber Offline-oder Onlineshopper sind, das erfahrt ihr im Gespräch mit Hendrik Lallensack.

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen Euer Start-up zu gründen?

Die Idee für baoo kam uns tatsächlich in der Uni. Wir alle drei haben an der RFH in Köln Retail Management mit Schwerpunkt Omni Channel studiert. Und eines Tages in einer Vorlesung hat ein Professor den Satz verlauten lassen: Er glaubt, dass das Internet in Zukunft viel lokaler & regionaler ist. 
Mein Mitgründer Mirco hat sich diesen Satz notiert und der hat ihn auch nicht mehr losgelassen.

Und wie es der Zufall so will, saßen wir abends zu dritt zusammen und haben auf diesem Satz rumgedacht. Für uns war dann eigentlich klar: Wenn das Internet in Zukunft lokaler sein muss, dann wird der stationäre Handel dabei eine sehr große Rolle spielen. Und dafür muss es eine Plattform geben, die das stationäre Einkaufen gezielter, effektiver und einfacher macht. Und vor allem viel digitaler als wir es heute kennen. 
So entstand dann die Idee für baoo und wir haben angefangen die Idee aufzuschreiben und ein Konzept zu entwickelt.

Euer Team besteht dann sozusagen aus Eurer Uniclique?

Kann man so sagen. Wir haben alle drei zusammen studiert, allerdings kannten wir uns auch bereits schon vor unserem Retail Management Studium, denn wir haben vorher alle ein duales BWL Studium gemacht und kommen aus dem Einzelhandel, daher war die Verbindung schon immer gegeben. 

Wie ist das denn so direkt nach der Uni zu gründen, welches waren Eure größten Challenges zu Beginn?

Die größte Challenge war generell erstmal damit klar zu kommen Unternehmer zu sein und sich selbst zu strukturieren und Aufgaben zu zuteilen. In diese Rolle mussten wir erstmal reinwachsen. Das haben wir aber relativ schnell gut hinbekommen.
Eine weitere große Challenge war dann vor allem, sich das richtige Netzwerk aufzubauen und Gehör zu verschaffen. 

Wie habt ihr das gemacht?

Zunächst mal waren wir ja bei dem Kölner Accelerator Startplatz. Da wurden wir grundlegend fit gemacht in den Themen Gründung, Finanzierung und auch MVP Testings. Was uns aber am meisten geholfen hat, um ein Netzwerk aufzubauen, war der Gewinn des Wissenschaftspreises der EHI Stiftung. Hier haben wir in der Kategorie „Bestes Start-up für Innovation in der Handels- und Konsumgüterindustrie“ den Preis gewinnen können. Wir wurden damals von unserem Dozenten vorgeschlagen und in der Jury des Preises saßen auch bekannte Gesichter wie z.B. Tina Müller von Douglas oder Christoph Werner von dm, die uns ins Finale gewählt haben. So konnten wir uns ein erstes Netzwerk aufbauen. Das hat uns sehr geholfen.

Und wie genau funktioniert Eure Geschäftsidee?

Mit baoo haben wir sozusagen eine Produktsuchmaschine mit Echtzeit-Verfügbarkeitscheck gebaut. Das heißt aktuell sucht man in der Freitextsuche nach Produkten, Kategorien oder Marken, die man gerne hätte und braucht. Baoo zeigt dann direkt an, wo und ob die Produkte verfügbar sind und das in deiner Nähe. 
Also so wie man das klassischerweise aus dem Onlineshopping kennt, scrollt man durch die Produkte und sucht sich das aus was einem gefällt. Und zu dem Produkt findet man dann direkt das nächste Geschäft in der Nähe, das es jetzt verfügbar hat. Somit ist dann im Endeffekt der Weg zum Händler vorgegeben, man hat allerdings auch noch die Möglichkeit ein anderes Geschäft zu wählen, in dem das Produkt vielleicht auch günstiger ist.

Woher wisst ihr denn was wie wo verfügbar ist?

Um den Echtzeit-Verfügbarkeitscheck zu gewährleisten arbeiten wir sehr eng mit unseren Handelspartnern zusammen und vernetzen das System intelligent. Wir erhalten also die Daten aus dem Warenwirtschaftssystem unserer Handelspartner und können dadurch die Echtzeit garantieren, da wir durch die Verknüpfung jederzeit über die aktuellen Bestände Bescheid wissen. Allerdings ist natürlich ein digitales Warenwirtschaftssystem im Handelsbetrieb eine Grundvoraussetzung um an baoo angebunden zu werden.

Und mit wie vielen Partnern arbeitet ihr derzeit zusammen?  

Anfang des Jahres haben wir unser großes Leuchtturmprojekt mit dm gestartet, das haben wir dann auch deutschlandweit ausgerollt. Dort hatten wir dann eine sehr hohe Nachfrage nach Corona-Schnelltest, als die anfangs erstmals in den Handel kamen. Damit konnten wir mit unserer App auch einen guten Use-Case bieten.

Generell laufen wir derzeit aber noch im Softlaunch, vorerst nur in Köln. Wir sind gerade aber dabei im Hintergrund weitere Partner anzubinden. Da sind große Handelsketten aus dem Bereich Baumarkt, Consumer Electronic, Kosmetik und auch Lebensmittel dabei, die auch durchaus bekannt sind.

Inwiefern grenzt ihr Euch zu anderen Suchmaschinen ab? Was macht Euch besser als Google?

Mit der baoo App werden alle nahegelegenen Geschäft angezeigt, in denen das gesuchte Produkt verfügbar ist. Foto: baoo

Im Endeffekt ist baoo viel mehr als nur eine Suchmaschine. Baoo soll der ideale Einkaufskanal für jegliche Situationen sein. Das beginnt natürlich zunächst mal mit der Produktsuche. Zu Beginn steht da das Grundbedürfnis des Kunden, dass er ein spezielles Produkt braucht und sucht. Aktuell denken wir als Verbraucher da noch in den Regionen: In welchen Laden muss ich gehen, um mir dieses Produkt zu kaufen?
Wir bei baoo drehen den Spieß um: Bei uns startet die Suche generell mit dem Produkt.

Was aber das viel Bedeutendere als das Produkt ist ist, dass wir im Hintergrund Services wie Click& Collect, Click& ReserveShip from Store anbinden. Das funktioniert dann zum Beispiel so, dass ich mir ein Produkt vorreserviere, das ich mir auf dem Heimweg dann abholen kann. Oder ein anderes Beispiel: Man sitzt im Park und hat Lust auf eine Runde Basketball, mit baoo lässt man sich dann einen Basketball aus einem Sportgeschäft in der Nähe liefern.
Am Ende steckt da also viel mehr dahinter: Wir wollten eine Plattform sein, die für jede Situation, egal was man braucht, das perfekte Einkaufserlebnis liefert und das einfach und effektiv. Insofern grenzen wir uns von reinen Suchmaschinen ab.

Ihr greift also den Kunden bei seinem ersten Bedürfnis ab und liefert ihm direkt was er möchte auf schnellstem Weg. Aber wie ist das, wenn die Kunden erstmal in dem Laden sind? Kaufen sie dort auch andere Produkte als die, die sie gesucht haben? Gibt es hier vielleicht einen Spill-over Effekt für die Partner?

Diesen Bereich konnte wir leider noch nicht untersuchen, da uns hier noch Daten fehlen. Aber was wir auf jeden Fall bewirken ist, dass wir mit baoo Kunden in Geschäfte bringen, in denen sie bestimmte Produkte vielleicht gar nicht vermutet hätten. Ein klassisches Beispiel ist hier: Ich werfe abends den Grill an und merke auf einmal ist meine Gasflasche leer, ich brauche eine neue. Da würde ich zunächst daran denken: Wo ist hier die nächste Tankstelle in der Nähe, in der ich eine Gasflasche kaufen kann? Ich finde diese vielleicht aber auch im Baumarkt um die Ecke, wo ich sie gar nicht vermutet hätte. Und so schaffen wir es mit baoo, dass Kunden in die Partnergeschäfte kommen, die sonst gar nicht auf die Idee gekommen wären und so werden dann neue Kunden für das jeweilige Geschäft gewonnen.

Euer Produkt ist ja speziell auf den stationären Einzelhandel ausgerichtet. Kritiker würden sagen: Der stationäre Einzelhandel ist bereits tot. Wie seht ihr das? Funktioniert der stationäre Einzelhandel überhaupt noch, gerade jetzt nach Corona?

Ich denke schon, dass der Einzelhandel weiterhin bestehen bleibt und auch weiterhin Erfolg haben wird. Allerdings nur, wenn man die Vorteile und Services dem Kunden richtig an die Hand gibt, vor allem digital an die Hand gibt. 

Die Digitalisierung hat sich gerade auch durch die Pandemie nochmals beschleunigt und vor allem auch das digitale Shoppingverhalten. Die Konsumenten sind noch anspruchsvoller und wollen mehr Service in digitaler Form, mehr Zugriff auf Informationen. 

Ich sehe da auch große Potentiale und Chancen für den Handel sofern dieser offen ist für digitale Innovationen. Der Schlüssel zum Erfolg für Einzelhändler und vor allem auch zum Überleben für Einzelhändler, ist definitiv die Offenheit gegenüber digitalen Innnovationen und Transformationen. Wer sich davor verschließt, der hat vermutlich schon aufgegeben. 

Und wie sieht das bei Euch selber aus? Seid ihr eher Online Shopper oder geht Ihr gerne in die Innenstadt?

Ich persönlich greife sehr gerne auf den Handel zurück, vor allem wenn es darum geht etwas jetzt sofort zu kaufen. Dann nutze ich den Handel vor Ort, weil es einfach schneller geht. Aber es kommt natürlich stark auf die Situation an. Wir sind da sehr hybrid unterwegs. Wenn es besser passt kaufen wir offline, wenn nicht dann online. Und das Onlineshopping wollen wir mit baoo auch keinem nehmen. Unser Ziel ist es viel mehr die Vorteile des Onlineshoppings mit denen des Offlineshoppings zu verknüpfen.

Und last but not least: Euer Tipp an andere Gründer?
„Holt euch so viel Feedback wie möglich.“

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Hendrik Lallensack lernte ursprünglich Einzelhandelskaufmann und studierte im Anschluss Retail Management an der Rheinischen Fachhochschule Köln. Gemeinsam mit seinen Kommilitonen Mirco Meyer und Michael Müller gründete er dann im November 2020 baoo. Seitdem sind die drei dabei ihre App weiter zu entwickeln und ein Produkt zu schaffen, das deutschlandweit genutzt werden kann. Im März diesen Jahres räumten sie dann auch den Wissenschaftspreis in der Kategorie „Bestes Startup“ der EHI Stiftung ab


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