Zeitenwende für Start-ups: Was es jetzt in der Krise braucht

Die Devise für die Start-up-Szene muss sein: keine Panik. Mit den richtigen Qualitäten können Gründerinnen und Gründer auch jetzt Rockstar-Companies bauen. Besonders im B2B-Sektor gibt es Chancen für Start-ups.

Vor Kurzem wurden Start-ups noch mit Kapital überhäuft, eine Rekordrunde jagte die nächste (siehe auch „Deshalb schadet die Cashflut deutschen Startups“). Jetzt ist plötzlich alles anders: Berichte zu Massenentlassungen haben die Meldungen zum nächsten Einhorn abgelöst. Eben noch für den Börsengang gehypt, erleben bisher erfolgsverwöhnte Newcomer jetzt erstmals öffentlichen Druck, wenn ihr Kurs spektakulär in die Knie geht. Wie sich die Zeitenwende vom Boom zur drohenden Rezession konkret auf den Startup-Markt auswirkt – und warum jetzt die ganz große Chance für „Hidden Champions“ ist.

Grade noch mitten im Boom, aber die Partystimmung ist weg

Steigende Zinsen und Energiepreise, Nachwirkungen der Pandemie, Krieg und weltweit gestörte Lieferketten sind die Makro-Ursachen für den allgemeinen Stimmungsumschwung. Von Branchenveteranen schon lange vorhergesagt, aber vom Nachwuchs bisher als überflüssige Panikmache abgetan, ist die Sorge vor dem Abschwung nun auch im Mikro-Kosmos der Start-up-Szene sichtbar.

Dabei hatte sich die überschwängliche Stimmung im Wagniskapitalmarkt schon in den letzten Monaten merklich abgekühlt. Die von Akronym-Liebhabern vielzitierte FOMO (fear-of-missing-out) der Investoren ist der Angst, überhöhte Unternehmensbewertungen zu zahlen, gewichen. Für Gründer im Fundraising ist das schon jetzt konkret zu spüren. Selbst Start-ups bei denen Geldgeber grade noch Schlange standen, müssen nun deutlich härter um die passende Anschlussfinanzierung kämpfen.

Investoren sind bei Hype-Themen auf die Bremse getreten

Besonders in den letzten Jahren schien Momentum das einzige Investmentkriterium zu sein. Das bedeutete für Start-ups „Wachstum um jeden Preis“, ungeachtet des Risikos und der Burn Rate – also der Geschwindigkeit, mit der sie ihre liquiden Mittel verbrennen. Mit Kapital im Überfluss kein Problem, aber wenn die Finanzierung stockt, bedeutet das im besten Fall: Kosten senken im Marketing, im schlimmsten Fall: Entlassungen im Team.

Am härtesten trifft diese Zeitenwende jetzt die Hype-Themen, in denen bisher viel Wagniskapital versickert ist. Bei Quick Commerce, E-Scooter und Co. sind Investoren quasi wortwörtlich hart auf die Bremse getreten. Auch selbst der etablierte Fintech-Sektor schwächelt. Wie sich hier eine drohende Rezession auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Zeit für die „Hidden Champions“

Mit dem Boom groß geworden, hat die Plötzlichkeit des Stimmungsumschwungs besonders junge Gründer überrascht. Trotzdem gibt es keinen Grund zur Panik vor einem neuen Dotcom-Desaster. Das Ökosystem in Deutschland und Europa ist seitdem deutlich erwachsener geworden. Während die Silicon-Valley-Mentalität der USA erhöhte Risikobereitschaft bei Gründern belohnt, ist der Fokus auf Effizienz und langfristige Wertschöpfung in der Start-up- und Geldgeber-DNA in Deutschland seit jeher deutlich tiefer verwurzelt. Der Großteil der Start-ups ist zudem solide finanziert, hat den Verlockungen inmitten der Cash-Flut der letzten Jahre widerstanden und auch ohne großen Overhead skaliert.

Statt größtmöglichen Momentum zählt jetzt Spezialisierung, die Effizienz im Umgang mit den verfügbaren Mitteln und eine klare Strategie hin zur Profitabilität. Das ist die große Chance für die „Hidden Champions“, wie etwa das Team von Plantura, das sich auch ohne großen Medienrummel und mit nur geringen Marketingkosten ein im Wortsinn florierendes Unternehmen und eine loyale Kundenbasis aufgebaut hat.

Große Chancen grade für B2B-Newcomer

Schon rein strukturell meist eher die Underdogs der Branche, könnten jetzt aber besonders B2B-Start-ups auftrumpfen. Die sind zum einen sehr viel kostenbewusster bei Marketingausgaben, zum anderen eröffnet der Optimierungsdruck bei Unternehmen angesichts einer drohenden Rezession neue Chancen für innovative Geschäftsmodelle. Wenn etwa digitale Lösungen für transparente Lieferketten und effiziente Logistik gefragt sind, profitieren spezialisierte Newcomer wie Metalshub aus Düsseldorf, die Preistransparenz im Rohmetallhandel ermöglichen, oder die digitale Warehouse-as-a-Service-Lösung der Münchner Firma Everstox. Wie man im vermeintlich unsexy B2B-Bereich echte Rockstar-Firmen baut, haben die (nun-nicht-mehr-ganz-so-) Hidden Champions Celonis und Mambu vorgemacht.

Fazit: Egal ob B2C oder B2B, keine Panik vor der Krise! Mit klarem Fokus auf Profitabilität, dem gewissen Augenmaß beim Wachstum und Problemlöser-Qualitäten können Gründer auch jetzt echte Rockstar-Companies bauen.


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